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St. Cyril und der Novus Ordo

Bild: Palamède, Wikimedia, aus Basilique de Fouirvière in LyonDie Liturgie des Novus Ordo gehört zwar nicht mehr zur römischen Ritenfamilie  – aber sie ist eine von allen Päpsten der römischen Kirche seit Paul VI. zelebrierte und propagierte Liturgie. Das hat Gewicht. Daher wollen wir ihr bei allen Defekten und Fehlstellen nicht absprechen, daß sie gültig und würdig gefeiert werden und unter bestimmten Umständen auch zur Erbauung der Mitfeiernden beitragen kann. Nämlich dann, wenn der in dieser Liturgie verkörperte Typus einer vermeintlichen „Spiritualität des 20. Jahrhunderts“ mit der Spiritualität der Mitfeiernden korrespondiert – was selten genug vorkommt, ohne dabei den Raum des Katholischen zu verlassen und es daher umso absurder erscheinen läßt, daß die Bergoglianer ausgerechnet diesen randständigen Ritus für allgemeinverbindlich und alleine zulässig erklären wollen.

Ein bemerkenswertes Beispiel für die „Defekte und Fehlstellen“ des Novus Ordo bietet das Ordinarium zum am 9. Februar begangenen Fest des Kirchenlehrers Cyril von Alexandria, dessen Analyse sich ein Artikel auf Rorate Cæli in der vergangenen Woche gewidmet hat. Beim Vergleich der Orationen fällt auf, daß gegenüber sechs Orationen im Ritus authenticus der Ritus modernus nur in einer einzigen Oration (der Kollekte) ausdrücklich Bezug auf den Heiligen nimmt. Drei anderen fehlen ganz, zwei weitere sind aus dem Commune der Bischöfe und Kirchenlehrer entnommen, also ohne persönlichen Bezug zum Tagesheiligen. Das ist schon einmal quantitativ ein schwaches Bild – warum das nicht ohne Bedeutung ist, wird am Schluß unseres Beitrags ausgeführt. Für einen qualitativen Vergleich kann unter den genannten Umständen daher nur die Kollekte in Frage kommen – und dieser Vergleich ist höchst aufschlußreich.

Hier geht es weiterDie beiden Gebete stimmen zwar darin überein, daß sie Cyril als „unbesiegten Vorkämpfer der Lehre von der Gottesmutterschaft der heiligen Jungfrau Maria“ ansprechen. Schließlich hat Cyril auf dem Konzil von Ephesus eine wesentliche Rolle dabei gespielt, das Verständnis von Maria als „Theotokos“ (Gottesgebärerin) und damit auch von der gott-menschlichen Natur Christi herauszuarbeiten. Doch dann wird ein bemerkenswerter Unterschied sichtbar: Während die überlieferte Oration anschließend – durch die Vermittlung Cyrils – sowohl um die Fürsprache Christi als auch um die seiner Mutter bittet, bleibt die Anrufung des Heiligen im Novus Ordo gänzlich unerwähnt, und die Anrufung der Gottesmutter wird durch einen allgemeinen Hinweis auf die Inkarnation ersetzt. Das ist zwar nicht falsch – nimmt aber den Fokus vom eigentlichen Verdienst der von Cyril auf dem Konzil herbeigeführten Klarstellung: Daß Maria nicht nur die menschliche Mutter des Jesus von Nazareth ist, sondern den Gottessohn, die präexistierende zweite Person der heiligsten Dreifaltigkeit selbst zur Welt gebracht hat.

Genau dieser der modernen Theologie ebenso wie den Nestorianern von Ephesus schwer erträgliche Gesichtspunkt wird auch in den übrigen überlieferten Orationen zum Tage unter verschiedenen Aspekten immer wieder angesprochen. Es ist also wohl kein Zufall, daß die „Reformer“ diese Orationen verworfen und durch die allgemeinen und hinsichtlich der Gottesmutterschaft „unanstößigen“ Gebete aus dem Commune ersetzt haben.

Das, wie man wohl sagen muß, Heimtückische an dieser Art von Veränderungen liegt an ihrer für den ganz normalen Gottesdienstteilnehmer anzunehmenden Unauffälligkeit: Wer fest im überlieferten Glauben verwurzelt ist, zählt natürlich nicht mit, wie oft die wahre Gottesmutterschaft Mariens und die Fürsprache des Heiligen erwähnt werden – das ist für ihn im Hintergrund stets präsent. Aber wer diese überlieferte Lehre nicht oder nur unzureichend kennt, wie das beim miserablen Stand der kaputt-reformierten Katechese wohl für eine Mehrheit anzunehmen ist, wird auch nicht durch die Gebete des Propriums darauf gestoßen, über diese Dinge nachzudenken. Zwar glaubt er, die in der Volkssprache vorgetragenen Gebete zu verstehen – aber sie sprechen gar nicht mehr oder nur noch in Schwundstufe von dem, was die Kirche glaubt und auch im Ritus authenticus stets gebetet hat. Immer nur ein eintöniges „Friede, Freundschaft, Eierkuchen“ des ökumenisch und noch darüber hinaus Unanstößigen.

Ob und wie solche Defekte der „Reformliturgie“ gegebenenfalls durch eine „Reform der Reform“ zu heilen wären, verdiente eine eigene Untersuchung. Da diese Frage derzeit jedoch nicht aktuell ist, wollen wir hier lieber noch einmal auf den oben angesprochenen Punkt der „Quantität“ zurückkommen. Die Frage spielt deshalb eine Rolle, weil der an hervorragender Stelle an der Zerstörung des überlieferten römischen Ritus beteiligte Behördenleiter Arthur Roche vorletztes Jahr zu behaupten beliebte, das Missale Pauls VI. sei „das reichhaltigste Missale, das die Kirche jemals hervorgebracht hat“. Das Beispiel derOrationen am Fest des hl. Cyril, das sich durch viele ähnlich gelagerte Beispiele von anderen Festtagen untermauern ließe, belegt, daß das nicht wahr ist. Weiß Roche es nicht besser – was für seine Position eine Schande wäre – oder sagt er bewußt die Unwahrheit, wie so viele Verbreiter der Illusion vom neuen Frühling? Wir fürchten: Seine Eminenz lügen, daß die Kardinalssoutane grün anläuft. 

Wer genau hinschaut, kann es sehen.

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