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Messbesuch als Gewissensprüfung

Auf katholisches.info läuft zur Zeit im Anschluss an einen Artikel von C. V. Oldendorf (wieder einmal) eine Diskussion, ob und unter welchen Umständen man als traditionstreuer Katholik eine Messe im Novus Ordo besuchen dürefe oder müsse, um seiner Sonntagspflicht nachzukommen, wenn die Teilnahme an einer Messe im überlieferten Ritus nicht möglich ist. Damit verbunden wird erneut die Frage nach der „Gültiggkeit" der Zelebration im „reformierten" Ritus aufgeworfen.

Diese Art der Diskussion erscheint einigermaßen abwegig. Wer die Gültigkeit der Zelebration im Ritus Pauls VI. generell in Zweifel ziehen oder die Teinahme an einer solchen Liturgie für generell unzulässig halten wollte, kündigt damit in einem zentralen Punkt die Gemeinschaft mit sämtlichen Päpsten nach Paul VI. auf, die bekanntlich ausschließlich die Bücher des Novus Ordo verwandt haben – wenn auch teilweise mit abenteuerlichen und nach keinem Rituale zu rechtfertigenden Begleiterscheinungen. Papst Benedikt XVI. hat das unterstrichen, indem er in seinem Begleitschreiben zu Summorum Pontificum klarstellte, daß sich nur die Priester auf dieses päpstliche Gesetz berufen können, die in Gemeinschaft mit dem Papst stehen und „die Zelebration nach den neuen liturgischen Büchern im Prinzip nicht ausschließen."

Dabei ist bisher wenig beachtet worden, daß dieser Satz nach dem ganzen Argumentationszusammenhang auch umgekehrt gelten muß: Wer die hl. Liturgie nach welchem Ritus oder Messbuch auch immer in der Gemeinschaft mit der Kirche feiern will, die in Christus durch die Zeit hindurch mit sich selbst identisch ist, kann die Zelebration nach den älteren Büchern im Prinzip nicht ausschließen.

Er mag – teilweise im eklatanten Widerspruch zu jeder Empirie - behaupten, diese Zelebration sei „pastoral unangebracht" oder „den Menschen der Gegenwart nicht mehr zu vermitteln". Er mag sich an der lateinischen Sprache stören oder in kostbaren Geräten und Gewändern statt eines Abglanzes der Liturgie im himmlischen Jerusalem Verschwendung von Gütern sehen, die man besser an die Armen verteilte. Behaupten und faktisch durchsetzen, daß diese Liturgie keinen Platz in der Kirche der Gegenwart habe, kann er nicht, ohne sich von der Gemeinschaft mit all den Päpsten vor 1970 abzuschneiden. Er kann auch nicht, wie das (als einer unter vielen) der Theologe und Priester Arnold Angenendt bei mehreren Gelegenheiten getan hat, den Canon Romanus, das Kernstück der überlieferten und weiterbestehende Element der „reformierten" Liturgie, als mit der gültigen Theologie der Kirche „unvereinbar" ablehnen, ohne ins Schisma zu geraten.

Nicht ohne Grund hat sich Papst Benedikt – wenn auch nicht mit lehramtlicher oder gesetzgeberischer Autorität – mehr fach dafür ausgesprochen, daß die Priester sich bei ihren Messfeiern nicht auf die Verwendung eines, nämlich des Zweiten Hochgebets, beschränken sollen, sondern je nach Anlaß unter den vier generell zulässigen auswählen und dabei auch dem ersten, dem (allerdings 1970 ebenfalls leicht modifizierten) Römischen Kanon, den gebührenden Platz einräumen. Praktisch hat das, zumindest in Deutschland, kaum Resonanz gefunden. Viele, wenn nicht die meisten Priester, wählen für ihre „Eucharistiefeier" eine Form, die entweder den Bruch mit der zweitausendjährigen Liturgie und Lehre der Kirche mehr oder weniger aggressiv behauptet oder sich einem solchen Fehl-Verständnis nicht mit der gebotenen Klarheit entgegenstellt. Das heißt, sie wenden sich gegen die von allen Päpsten seit 1970 zuumindest in Worten hochgehaltene Lehre, daß einen solchen Bruch in Bezug auf die Lehre vom Messopfer keinesfalls gegeben habe.

Damit stellt sich dann allerdings die am Anfang aufgeworfene Frage nach der Teilnahme an der Messfeier nach dem Novus Ordo in veränderter Weise aufs Neue. Zwar ist es unmöglich, sie in allgemeiner Form zu beantworten, wie das einige Diskussionsteilnehmer auf katholisches.info versuchen – in der einen oder der anderen Richtung. Aber es liegt auf der Hand, daß eine Eucharistiefeier, die klar erkennbar im Bruch mit der Lehre und Tradition der Kirche veranstaltet wird, für theologisch und liturgisch informierte Katholiken eine Gewissensprüfung darstellen kann, der sie sich nicht gewachsen fühlen. Ob sie auch in einem solchen Fall der Sonntagspflicht unterliegen, ist wohl nur im Einzelfall zu klären. Das bringt hohe Anforderungen an die Schulung uns Prüfung des Gewissens jedes Betroffenen mit sich.

Eine schwere Belastung des Gewissens sollten die hier aufgeworfenen Fragen auch für die Bischöfe bedeuten, die es zu verantworten haben, daß in ihrem Verantwortungsbereich Liturgiefeiern stattfinden, die nicht wenigen Gläubigen solche Gewissensfragen auferlegen.

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