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Keine Chance für eine Reform der Reform

Bei einem Treffen mit dem Klerus seiner Diözese am 19. Februar sprach Papst Franziskus nach Berichten von Teilnehmern mehrere Fragen an, die bei allen auf großes Interesse stoßen dürften, die an der überlieferten Lehre und Liturgie der Kirche festhalten wollen. Das Motu Proprio Summorum Pontificum von Papst Benedikt von 2007 bezeichnete er dabei als mutige Geste des damaligen Papstes, der ein Mann der Communio gewesen sei, gegenüber Lefebvrianern und Traditionalisten sowie denen, die die Liturgie nach den alten Riten feiern wollten. Dennoch werde die Liturgie, wie sie Papst Paul VI. 1970 für die Kirche eingeführt habe, immer die ordentliche Form für die katholische Kirche bleiben.

Eine deutliche Absage erteilte er allen Priestern und Bischöfen, die von einer „Reform der Reform“ sprächen, das sei verfehlt. Insbesondere kritisierte er Bischöfe, die traditionsorientierte Seminaristen akzeptierten, die in anderen Diözesen abgelehnt worden seien. Diese würden dann auch geweiht, aber später würde sich herausstellen, daß sie große psychologische und moralische Probleme hätten. Damit würde der Kirche eine schwere Hypothek auferlegt. Man könne nicht aus Angst vor Priestermangel auf eine sorgfältige Auswahl der Kandidaten verzichten, unter denen sich in manchen Fällen unausgeglichene Personen befänden, was sich dann in deren Liturgien äußere. In drei Diözesen außerhalb Italiens, so Franziskus abschließend zu diesem Thema, habe er deshalb bei den Bischöfen eingreifen müssen. 

Joseph Shaw, Vorsitzender der „Latin Mass Society“ von England und Wales, schreibt dazu auf seinem Blog LMS Chairman

Es beginnt ein langes ZitatDie heutige Situation ist dadurch gekennzeichnet, daß die überlieferte Messe, der Vetus Ordo oder wie man ihn auch immer bezeichnen will, offiziell zulässig ist. Sie wird nicht verschwinden. Das Interesse dafür ist das einer Minderheit und das wird auch für die absehbare Zukunft so bleiben, aber die Feier im alten Ritus stellt kein prinzipielles Problem mehr dar - nicht mehr als die Zelebrationen im Byzantinischen Ritus oder – um das einmal anzusprechen – die erstaunlichen Liturgien des Neokatechumenats von offizieller Seite als Problem wahrgenommen werden.

Die Bemühungen derer, die sich für eine Reform der Reform einsetzen, können dagegen aus offizieller Sicht sehr wohl ein Problem darstellen.Das ist auch keine Neuigkeit. Viele Bischöfe und Rektoren von Seminaren haben während der vergangenen Jahrzehnte in aller Deutlichkeit klar gemacht, daß Dinge wie die Verwendung der lateinischen Sprache, deie Ablehnung von Messdienerinnen und die Zelebration ad orientem offiziell abgelehnt werden. Die Argumentation, daß das alles nach dem reformierten Missales Pauls VI. zulässige Optionen sind, sieht zwar theoretisch gut aus, haben aber praktisch keine große Bedeutung. Der sel. Papst Paul VI. machte es 1969 ganz deutlich, daß – unabhängig vom liturgischn Recht oder den Dokumenten das 2. Varticanums – der Gebrauch der lateinischen Sprache oder des gregorianischen Chorals kein wesentlicher Bestandteil der Neuen Messe sein würden:

Nicht mehr das Latein, sondern die Umgangssprache wird die Hauptsprache der Messe sein. … Wir werden einen großen Teil des großartigen und unvergleichlichen künstlerischen und spirituellen Erbes der Gregorianik aufgeben.

Als er späterzum Trost für die Lateinfreunde davon sprach, die lateinische Sprache werde nicht verschwinden, bezog sich das auf die außerliturgische Verwendung des Latein.

Die „Reform der Reform“ stand immer im Widerspruch zu dem, was Bischöfe und Seminar-Rektoren unter der vom 2. Vatikanum und der Reform geforderten ‚Orientierung‘ verstanden: Dem ‚Geist des Konzils‘. Es ist leicht, sich über dieses Verständnis lustig zu machen, aber wenn man sich durch die offiziellen Dokumente hindurcharbeitet, kann man darin unter all den anscheinenden Widersprüchen in den Texten doch eine sozusagen offizielle, wenn auch nicht unfehlbare, Interpretation der Reform und des Konzils ausfindig machen. Sie rechtfertigt sicher nicht die Beliebigkeit liturgischer Missbräuche, aber sie begünstigt auch keinesfalls die ‚Reform der Reform‘. Die oben zitierte Ansprache Papst Pauls V. gibt dafür ein Beispiel; andere finden sich etwa in der Institutio Generalis zum Missale in Abschnitt 307 über die Altarkerzen oder in Abschnitt 13 über den Gebrauch der Volkssprache.

Vermutlich bezieht sich Papst Franziskus mit seiner Zurechtweisung der Priester, die zu einer ‚Reform der Reform‘ tendieren, auf diese ‚Orientierung‘.Warum könnte die Inanspruchnahme der zulässigen liturgischen Optionen entgegen der ‚Orientierung‘ des Konzils ein Problem für die Kirche darstellen? Ich kann nicht für Papst Franziskus sprechen, aber es gibt einige offensichtliche Gründe.

Als erstes: Dieses Vorgehen wirkt spaltend. Heute ist die Liturgie ganz allgemein eine Ursache von Spaltungen in Gemeinden und religiösen Gemeinschaften, aber es ist unbestreitbar, daß ein Priester, der die Ordentliche Form in Richtung der ‚Reform der Reform‘ hinbiegen will mit erheblichen Widerständen rechnen muß, also mit noch mehr Spaltung als sonst. Das ist ein Griff ins Hornissennest. In vielen Fällen würde es weniger Aufregung und dazu noch leichter handhabbare Aufregung verursachen, wenn ein Priester eine Messe im Vetus Ordo zu einem neuen Zeitpunkt ansetzen würde, als wenn er eine berfeits bestehende Messe nach dem Novus Ordo auf Latein und ad orientem feiern würde.

Zweitens funktioniert der Novus Ordo, wenn man ihn im traditionellen Stil mit allem Drum und Dran zelebriert, einfach nicht so, wie beabsichtigt. Viele Katholiken, die die Nase von liturgischen Missbräuchen und der fehlenden Ehrfurcht voll haben, versammeln sich um ‚schön zelebrierte‘ Messen im Novus Ordo – aber das ist nicht das, was die Reformer wollten, und diese Messen bringen einige Probleme sowohl hinsichtlich ihrer Funktionsweise als auch der Teilnahme der Gemeinde. Ich habe mich dazu schon früher geäußert. Jeder weiß, daß es nicht so einfach ist, das Erbe der Kirchenmusik für den Novus Ordo nutzbar zu machen, weil es die Abschnitte der Stille, für die diese Musik zum großen Teil geschrieben war, nicht mehr gibt. Ich habe auch schon früher darauf hingewiesen, daß die Verwendung des Canon Romanus innerhalb des Novus Ordo problematisch ist, weil dieser Text niemals dazu gedacht war, laut vorgetragen zu werden und er dazu zu lang und zu kompliziert ist.

In Sachen ‚Partizipation‘: Man kann die Gemeinde nicht erst in eine Modus kontemplativer Teilnahme versetzen und dann auffordern, aufzustehen und sich die Hände zu schütteln oder von Herzen eine ‚eucharistische Akklamation‘ anzustimmen.

Das Paradoxe an meiner Position besteht darin, daß ich – aus meiner individuellen Sicht – all diese Initiativen zu einer Reform der Reform durchaus begrüße: Latein, Gregorianik, Zelebration ad orientem. Aber man kann das nicht aus individueller Sicht betrachten. Man muß diese Elemente als Teil einer lebendigen und kohärenten liturgischen Tradition begreifen, sie brauchen einen liturgischen Kontext, der ihnen Sinn verleiht und in dem sie funktionieren.

Ich sehe mich nicht als Verteidiger der Forma Ordinaria – das kann ich berufeneren überlassen. Aber ich sehe, was seine Schöpfer erreichen wollten. Was ich ausdrücken möchte und was in den Positionspapieren der FIUV oft genug gesagt wird, ist, daß man nicht dadurch zu einer perfekten Liturgie kommt, daß man die außerordentliche Form hernimmt und ein paar Teile Bugnini daruntermischt. Die andere Seite dazu ist, daß man die Ordentliche Form auch nicht dadurch auf die Schnelle verändern kann, daß man ein paar Elemente der außerordentlichen Form dazu gibt. Die außerordentliche Form hat ihre eigene Weise der Teilnahme, ihre eigene Struktur, ihren eigenen Geist. Ein Kompromiss verursacht da nur Chaos.

Und zwar nicht ganz das Chaos, das der hl. Vater uns in seinen Gemeinden anrichten sehen möchte.

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