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Heile, was verwundet ist

Bild: Dnalor_01 auf Wikimedia, CC-BY-SADer Hl. Geist ist, wenn man das so sagen darf, der „Große Unbekannte“ des offenbarten Glaubens an den einen Gott in drei Personen. Das Alte Testament bietet lebhafte Gleichnis-Bilder von der Person Gottes des Vaters, des Schöpfers und Gesetzgebers. Sie sind, vielleicht gerade wegen ihrer herrscherlichen Anschaulichkeit, nicht geschützt gegen Mißdeutungen und Mißverständnisse – aber sie vermitteln doch ein Verständnis, das – Juden und Christen gemeinsam – die Gläubigen befähigt, sich als Geschöpfe Gottes zu begreifen und zu verstehen, daß ihr Leben nur in der Zuordnung auf Ihn hin seinen Sinn hat.

Der Sohn, durch den alles geschaffen ist und der uns im Wort des Neuen Testaments als Mensch entgegentritt, ist uns, sollte uns von seinem Menschsein her vertraut sein wie ein Bruder, in dem wir das Gesicht des Vaters erkennen. Diese Erkenntnis selbst und die Fähigkeit, danach zu handeln, ist das Werk des Hl. Geistes. In Ihm hat alles, was ist, seinen Bestand, aber es gibt in der Überlieferung kein Buch, das sein Wirken in menschlicher Erzählung nahe bringt, und keine Bilder außer dem der Taube bei der Taufe Jesu im Jordan und den Feuerzungen am 50. Tag nach der Auferstehung. Andere Sinnbilder des Göttlichen wie das der Wolke, die sich über dem Zelt des Bundes lagert, oder von dem „Wasser aus dem Heilsbrunnen“, von dem bei Jesaja mehrfach die Rede ist, entziehen sich eindeutiger Zuordnung zu einer der drei Personen. Mehr noch als der Vater, bei dem das „Keines Mernschen Auge hat ihn je gesehen“ zu den grundlegenden Attributen zählt, bleibt der Heilige Geist unsichtbar. Das macht sein Wirken einerseits schwerer begreiflich und bietet auf der anderen Seite vielfältige Möglichkeiten – oder sollte man besser sagen „Versuchungen“ – sich ein Bild von der Dritten Person ganz nach eigenem Wunsch und Willen zu machen.

Prominentester historischer Vertretung dieser Tendenz ist sicher Joachim von Fiore, der im 12 Jahrhundert das Anbrechen eines neuen Zeitalters des heiligen Geistes ankündigte, in dem unter Anleitung des Geistes schon auf Erden das himmliche Jerusalem zugänglich sein werde. Was bei Joachim noch hochfliegende Spekulation war, im Kern aber doch kirchlich blieb, wurde von Schülern und Nachahmern vergröbert weiterentwickelt und führte zur Entstehung chiliastischer Sekten, die teilweise als häretisch verurteilt wurden. Trotzdem ist die Grundströmung nie mehr ganz aus der Kirche verschwunden und ist heute noch in pfingstlerischen und charismatischen Gruppierungen lebendig. Größtenteils in Gruppen aus der Tradition der Reformation, zunehmend jedoch auch mit katholischem Hintergrund. Sie lösen das, was sie als Wirken des heiligen Geistes bezeichnen, aus der Lehre und Tradition der Kirche und berufen sich auf unmittelbare Eingießung des Geistes, um mehr oder weniger abenteuerliche Privatlehren zu begründen.

Doch der Hl. Geist ist kein Geist der Überraschungen, der neues bringt, das vorher unbekannt oder unerschließbar gewesen wäre. Er ist der Geist der Erneuerung, der das bekräftigt und mit neuer Kraft erfüllt, was offenbart ist und was wir ohne diese Kraft nicht zu bewahren imstande wären. In den Worten des Katechismus: Der Geist macht die Menschen bereit und kommt ihnen mit seiner Gnade zuvor, um sie zu Christus zu ziehen, er offenbart ihnen den auferstandenen Herrn, erinnert sie an sein Wort und erschließt ihrem Geist den Sinn seines Todes und seiner Auferstehung.

Oder in den Versen von Stephen, Erzbischof von Canterbury im frühen 13. Jh.:

Ohne Dein lebendig Wehn 
Nichts im Menschen kann bestehn,
Nichts ohn’ Fehl und Makel sein.

Wasche, was beflecket ist, 
Heile, was verwundet ist, 
Tränke, was da dürre steht.

Beuge, was verhärtet ist, 
Wärme, was erkaltet ist, 
Lenke, was da irregeht.

Den vollständigen Hymnus Veni Sancte Spiritus in Latein und Deutsch bietet das Hamnarium, dazu auch das Veni Creator Spiritus des Rabanus Maurus.

Frohe Pfingsttage allen unseren Lesern!

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