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Die Kirche braucht die Nonnen

Bild: http://www.notredameschool.org/mission-statement/history/Bis in die 70er Jahre hinein wurde das katholische Schulwesen in den Vereinigten Staaten vielerorts von Schulschwestern verschiedener Ordensgemeinschaften getragen. Die nach dem Konzil vorangetriebene Selbstsäkularisierung hat die meisten noch nominell katholischen Schulen ihres Charakters weitgehend entkleidet. Der Rückgang der Ordensberufungen hat dazu geführt, daß Schulschwestern heute nur noch in wenigen Diözesen eine Rolle spielen - ein Beispiel etwa hier. Die Autorin Susan Claire Potts hat für die amerikanische Zeitschrift The Remnant ein hoch emotionales Plädoyer für die Rückkehr von Nonnen an die Schulen veröffentlicht, das wir hier mit geringfügigen Kürzungen bei us-spezifischen Details übersetzen.

Liebe Schwestern - kommt zurück!

Zehn Jahre bevor ich katholisch wurde, als ich noch ein kleines Mädchen war, hatte ich doch schon genug Glaubenssinn um zu wissen, daß man sonntags zur Kirche gehen sollte. Meine Eltern waren davon nicht begeistert, sie hielten es nicht für nötig, und dann waren da ja auch so viele Kinder, und Mama hatte keinen Hut... Aber ich war entschlossen, in die Kirche zu gehen. Unsere Kirche war nur etwa eine Meile entfernt, das war zu packen.

Ich überredete meine jüngere Schwester mitzugehen und hörte mir geduldig ihre Beschwerden an, während wir so von einem Hügel auf den nächsten stiegen und ich sie dann über die Brücke des Schurkenbaches zog – von der sie überzeugt war, daß sie zusammenbrechen müsste und ihr Leben dort noch vor dem achten Geburtstag sein Ende fände. Aber wir schafften es, Sonntag für Sonntag, und auf halbem Wege legten wir immer eine Pause bei dem kleinen Laden an der Michigan Avenue ein, um uns Dropse und Karamell-Bonbons zu holen.

Der Laden lag direkt gegenüber der Herz-Jesu-Kirche, wo ich später in die Katholische Kirche aufgenommen werden und wo mir mein lieber Vinzenz vor der Messe eines schönen Märzsonntags einen Zettel zustecken würde, ob ich nicht seine Königin sein wollte und mir einen Diamantring auf den Finger schob. Das war die Kirche, in der wir dann vor 45 Jahren heirateten, mit den Familien und den Freunden – und mit meiner ganzen Klasse aus dem 4. Schuljahr.

Aber das wußte ich damals alles noch nicht. Alles, was ich wußte, war, daß die Herz-Jesu-Kirche die eindrucksvollste, geheimnisvollste und schönste Kirche war, die ich je gesehen hatte. Sie hatte Spitzbögen und zweiflüglige Türen und bunte Glasfenster und erhob sich hoch über die geschäftige Straße wie eine römische Matrone – und zu ihrem Eingang führte eine Treppe von vielleicht 12 Stufen.

Als wir aus dem Laden kamen und warteten, bis die Ampel grün wurde, beobachteten wir die Leute, die aus allen Richtungen auf die Kirche zugingen. Die Glocken läuteten, und immer mehr Leute kamen. Ich wäre gerne mit ihnen gegangen, aber das ging natürlich nicht. So etwas konnte man sich nicht aussuchen, und wir waren eben pflichtgemäß Episkopalkirchler.

Dann kam grün – aber meine Schwester regte sich nicht.Sie starrte unverwandt auf die andere Straßenseite. Komm mit, sagte ich, aber sie blieb einfach stehen. Ich habe mich umgedreht um zu sehen, was es da besonderes gab – und dann sah ich sie. Ich weiß nicht mehr, wie viele, sechs oder acht, sie gingen in Zweierreihe auf die Kirche zu, die Hände in den riesigen Ärmeln verborgen. Sie schienen über den Bürgersteig zu schweben – berührten ihre Füße überhaupt den Boden? Meine Schwester stand da wie festgenagelt, und dann scheute sie mich an und fragte: Warum haben wir keine blauen Engel in unserer Kirche?

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Ich gabe keine Antwort - was hätte ich sagen sollen? Sie sahen wirklich wie Engel aus. Wir wußten nichts von Nonnen, Priestern und Ordensleuten. Wir wußten nicht, daß diese Engel Schwestern des unbefleckten Herzens Mariä waren, die sich für immer Gott geweiht hatten; auserwählte Bräute Christi. Von all dem wußten wir nichts, wir wußten nur, daß es etwas Einzigartiges um sie war, etwas nahezu Übernatürliches. Wir konnten es spüren.

Die beiden kleinen Mädchen erspürten eine vergessene Wahrheit: Nonnen sind ganz besondere Frauen. Sie leben einen Status über dem unsrigen. Das wollen viele Leute nicht wahrhaben – daß einige Dinge und einige Leute einen höheren Rang haben als andere. Katholiken wußten das früher besser – aber das ist lange vorbei. Eine religiöse Unabhängigkeitserklärung hat ihre Wahrnehmung verflacht und ihre Erkenntnis vernebelt. Sie wollen glauben, daß alles gleich ist, daß alle Menschen gleich geschaffen sind und für immer gleich bleiben. Es gibt nichts, was besser wäre als etwas anderes.

Liberté, fraternité, egalité – das allgemeine Dogma der modernen Zeit. Jetzt ist alles viel einfacher.

Selbst in der Sphäre des Spirituellen, im Reich Gottes, sehen sie keine Unterschiede, keine Vornehmheit, keine Hierarchie. Einfach hereinspaziert – das ist alles. Der Himmel ist ein Platz der Chancengleichheit – alle empfangen den gleichen Lohn. Der Märtyrer steht nicht höher als der Ehebrecher, der auf dem Totenbett bereut. Was soll all das Bemühen, was soll das Opfer, aus welchem Grund sollte man sich von den Freuden der Welt abwenden?

Das ist natürlich total daneben.

Früher haben uns die Nonnen an diesen Grund erinnert, und ohne sie verdorrt die katholische Kultur und stirbt ab. Aber wir schaffen es nicht alleine, die Familie allein ist nicht genug. So wie die Mutter zuhause das Herz der Familie ist, der Mittelpunkt von Frömmigkeit und Opferbereitschaft, so nimmt die Ordensschwester diesen Platz auf der höheren Ebene des religiösen Lebens ein. Sie hat sich auf den Weg zum Himmel gemacht, und wir sehen ihre Hingabe, ihre Ernsthaftigkeit und ihre Ehre.

Sie erinnert uns täglich daran, daß das Leben eine Reise, eine Pilgerschaft ist. Wir wollen einen Wettkampf gewinnen – und da dürfen wir nicht im Kreis herum laufen. Sie verkörpert Anmut und Schönheit und Bescheidenheit. Sie erinnert die Welt an Reinheit und Demut. Ohne sie sind wir ärmer.

Wo sind die blauen Engel geblieben?

Die moderne Gesellschaft ist eingeebnet. Alles ist säkular, dröge und horizontal. Unsere Arbeit, unsere Unterhaltung, unsere Einkäufe, unsere Autos, unsere Düsenflugzeuge und unsere Fertiggerichte halten uns unten auf der Erde. Das ist Babylon, und wir können in der Dunkelheit den Heiligen Berg nicht mehr sehen. Zuhause kämpfen wir noch darum, unsere katholische Tradition zu bewahren, aber draußen sind wir von der katholischen Zivilisation abgeschnitten und kommen damit nur noch in der hl. Messe oder bei den wenigen frommen Anlässen, die man uns noch zugesteht, in Berührung.

Was ist geschehen?

Die Nonnen haben sich verändert, das ist geschehen. Sie waren ein Grundgestein der christlichen Zivilisation. Sie haben die katholische Kultur überliefert. Sie erzählten uns die Geschichten und sangen die Lieder. Disziplin lag ihnen im Blut, und sie lehrten uns Gehorsam, Beharrlichkeit und Vortrefflichkeit. Sie ließen uns durch den Schleier auf die andere Welt schauen.

Und was haben wir heute? Aufgegebene Konvente und geschlossene Schulen. Die wenigen, die es noch gibt, haben kaum noch Schüler und verlangen hohes Schulgeld. Die Kinder werden in die staatlichen Schulen getrieben oder zuhause erzogen, die Gesellschaft ist gespalten.

Das geschah nicht zufällig und auch nicht aus freier Entscheidung. Die Schwestern wurden auf neuen Kurs gebracht, oft gegen ihren Willen. Ihre Oberen schoben und stießen sie hinaus in die Welt und ergingen sich in Teilhardianischen Träumen vom Fortschritt der Menschheit. Der Punkt Omega lag nur noch einen Schritt voraus, die große Transformation lockte. Einige waren durchaus froh darüber. Sie stürzten sich in die Freiheit, gaben ihre Konvente und ihre Regeln auf und vertauschten ihren schönen Habit mit Hosenanzügen und schlechten Frisuren.

Andere erkannten, daß ihre Berufung angegriffen wurde. Viele gingen fort. Einige versuchten sich anzupassen und soviel von ihrem früheren Leben beizubehalten, wie unter den neuen Umständen möglich, verdrängten ihre Erinnerung an den früheren geistlichen Lebensstil und versuchten, ihre Trauer zu beherrschen. Ihr Lied ist verstummt. (…)

Wie viele Schwestern waren gezwungen, das aufzugeben, was sie geliebt haben. Wie viele Tränen sind vergossen worden? Wieviel Todesängste erlitten, als die Axt an den Baum gelegt wurde? Jesus hatte sie zu sich und zu einem Leben in Heiligkeit berufen – und nun wurden sie in eine andere Welt hineingezwungen. Ist es ein Wunder, daß so viele weggegangen sind – und so wenige dazu gekommen?

Ich denke an die aktiven Orden, die, die die Leute sehen können. Der Verlust der Schulschwestern hat die katholische Welt ins Herz getroffen. Auch wenn Eltern, Lehrer und hier und da auch noch eine paar Nonnen sich noch so tapfer abmühen – es ist nicht mehr das selbe. Die katholische Schule, nach der Familie der andere große Ort katholischer Bildung und Erziehung ist geschwächt. Die Tradition wird in den Staub getreten. Und ohne die Nonnen, die durch Vorgabe und Vorbild auf den Weg zum Höheren verweisen, wird es keine Wiederherstellung geben. So, wie die Priester das Zeichen Christi in der Welt sind, sind die Nonnen das Zeichen Mariens. Sie sind das sichtbare Herz der Kirche, das Zeichen der Hingabe und das Zeichen der Liebe. Wir brauchen sie.

Und wir brauchen sie in vollem Habit in den Schulen.

Nun könnte man fragen: „Warum kommt es denn darauf an?  Es geht doch um die inneren Werte an, die Vollkommenheit, die Tugenden und die Stärken des Individuums.“ Schon, antworte ich darauf – aber diese Dinge sind für uns andere nicht ohne weiteres erkennbar.

Ich kenne einige Nonnen, ich habe Hochachtung vor ihnen. Es sind liebenswürdige Frauen, hingebungsvoll und fromm, aber es ist nicht das Selbe. Selbst wenn sie zu einem Orden gehören, erscheint ihre Hingabe als individuelle Haltung. Ihre Mietwohnung, das Auto und der Laptop rufen in unseren Herzen nicht das gleiche Echo hervor wie ehedem Hauben und Schleier.

Wenn sie zurückkämen, würde das die ganze Kultur nach vorne bringen. Erstaunliche Dinge würden sich ereignen, die Welt würde ein Stück besser. Kultivierter, mit mehr Achtung vor dem Ideal der Weiblichkeit. Man bedenke nur: Schwestern in der Lehre. Schwestern, die in klösterlicher Gemeinschaft leben. Schwestern, die das Offizium singen. Jede von ihnen, die sich bis an die Grenze ihrer Fähigkeiten um das Reich Gottes bemüht und die verschlafenen Schüler mit Schubsen, Locken und Schmeicheln auf den Weg zu etwas Höherem, etwas Besserem, etwas Dauernden und Wahrem zu bringen versucht.

Wir alle hätten etwas, das wir bewundern und dem wir nacheifern könnten. Etwas, das die Flamme der Heiligkeit und das Verlangen zur Suche nach der Vollkommenheit entzünden könnte. Etwas, das die Menschen daran erinnert, daß der Himmel tatsächlich auf der Erde beginnen kann.

Lieber Gott, bring sie zurück. Bring die Blauen Engel zurück.

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