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Veterum Sapientia

Der Papst am Fenster seiner WohnungAm 22. Februar 1962, wenige Monate vor dem Beginn des 2. Vatikanischen Konzils heute vor 50 Jahren, veröffentlichte Papst Johannes XXIII. in feierlichr Form die Apostolische Konstitution Veterum Sapientia, über die "Weisheit der Alten". In diesem mit Gesetzeskraft versehenen Dokument unterstrich der Papst die Bedeutung der Kenntnis der klassischen Sprachen und der in ihnen verfassten Werke für Studium und Überlieferung des Glaubens und forderte die Bischöfe auf, sich der bereits damals einsetzenden Geringschätzung der Sprache der lateinischen Kirche entgegenzustellen:

Die lateinische Sprache ist aus sich heraus sehr geeignet zur Förderung jedweder Zivilisation unter allen Völkern, denn sie gibt nicht Anlass zu Neid, den einzelnen Völkern erweist sie sich als gleichwertig, begünstigt niemanden, schliesslich ist sie bei allen willkommen und beliebt. Man darf auch dies nicht aus dem Blick verlieren: Der lateinischen Sprache wohnt eine edle Gestalt und Eigentümlichkeit inne, da sie einen prägnanten, reichen, rhythmischen, würdevollen Stil hat (Vgl. Pius XI., Epist. Ap. Officiorum omnium, 1. Aug. 1922, in: AAS, XIV [1922] 452-453), was auf einzigartige Weise zur Klarheit und Erhabenheit beiträgt. (...)


Denn die Kirche soll nicht nur eine universale Sprache, sondern auch eine unveränderliche handhaben. Denn wenn die Wahrheiten der katholischen Kirche sogar aus einigen oder vielen veränderlichen modernen Sprachen übersetzt würden, von denen keine an Bedeutung die anderen überragen würde, dann folgte tatsächlich daraus zweierlei: einerseits wären wegen der ihnen eigenen Vielfalt nicht allen deren Bedeutung klar und deutlich genug, andererseits gäbe es keine allgemeine und feste Norm, nach der die Bedeutung der anderen Sprachen beurteilt werden müssten. Ja, in der Tat muss die lateinische Sprache - schon längst vor der Vielfalt gewahrt, die normalerweise der tägliche Sprachgebruch eines Volkes in den Inhalt der Wörter hineinträgt - gewiss als fest und unveränderlich angesehen werden, während die neuen Inhalte bestimmter lateinischer Wörter, die der Fortschritt, die Auslegung und die Verteidigung der christlichen Lehre forderten, schon lange Zeit einen festen und unveränderlichen Bestand darstellen.

In acht Punkten legte der Papst daraufhin Maßnahmen fest, um Studium und Kenntnis des Lateinischen wieder in den ihnen gebührenden Rang zu setzen. Zusammengefasst:

  1. Die Bischöfe sollten die Lateinausbildung in den Priesterseminaren sicherstellen und
  2. dafür sorgen, daß jede gegen den Gebrauch des Lateinischen gerichtete Propaganda unterbleibe.
  3. Niemand dürfe zu den philosophischen und theologischen Studien zugelassen werden, der nicht vorher eine solide Ausbildung in den alten Sprachen habe - auch nicht „Spätberufene“.
  4. In der Gestaltung von Studienordnungen und Stundenplänen sei der Vorrang des Lateinunterrichts zu berücksichtigen.
  5. Der Unterricht in den theologischen Hauptfächern sei entsprechend dem geltenden Recht auf Latein durchzuführen.
  6. Ein neu zu errichtendes „Akademisches Institut für die Lateinische Sprache“ solle sicherstellen, daß auch für moderne Gegenstände ein verläßliches lateinisches Vokabular erarbeitet werde.
  7. Die griechische Sprache sei an den Seminaren ebenso zu pflegen wie die lateinische.
  8. Die Umsetzung dieser Vorschriften sei von allen Bischöfen sicherzustellen, die zwar in Einzelheiten besondere Regelungen entsprechend den jeweiligen Voraussetzungen treffen könnten - jedoch ihren wesentlichen Inhalt nicht abändern dürften.

Eine vollständige deutsche Übersetzung von „Veterum Sapientia“, der wir auch die beiden oben zitierten Abschnitte aus der Einleitung entnommen haben, bietet  Gero P. Weishaupt auf seiner Website.

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