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Zum Fest des Kostbaren Blutes

Bild: Wikimedia CommonsNach den liturgischen Büchern von 1962 wird am 1. Juli das Fest des kostbaren Blutes Christi gefeiert. Die Verehrung des kostbaren Blutes hat in der Kirche eine lange Tradition, aber als gesamtkirchliches Fest wurde es erst 1849 von Papst Pius IX. eingeführt. Zunächst für den ersten Sonntag im Juli, später im Zug der Bestrebungen, den eigenen Rang der Sonntage gegenüber anderen Festen zu stärken, auf den 1. Juli verlegt. Unter Pius XI. wurde es zum Hochfest „duplex primae Classis “ erhoben und behielt diesen höchsten Rang auch nach der Veränderung der Terminologie in den 50er Jahren. Mit dem Missale von 1969 wurde es ersatzlos gestrichen – die Reformer empfanden es als eine „überflüssige Verdoppelung“ von Festgedanken, die sie bereits mit dem Karfreitag, Fronleichnam und dem Herz-Jesu-Fest ausreichend berücksichtigt sahen.

Rein dogmatisch gesehen ist das sicher nicht falsch – sieht man einmal von der merkwürdigen Vorstellung ab, im Bezirk von Wahrheit und Ehrfurcht „Wiederholungen“ vermeiden zu wollen. Und das Herz-Jesu-Fest, das ebenfalls im 19. Jahrhundert gesamtkirchlich eingeführt wurde, ist schließlich auch nach den Reformen des 20. Jahrhunderts als Hochfest erhalten geblieben. Zu den Lieblingsfesten der zeitgemäßen Kirche zählt es freilich – anders als im 19. Jahrhundert – nicht gerade: Es steht unter Kitsch-Verdacht. Und genau dieser Verdacht dürfte auch dafür verantwortlich gewesen sein, das Fest des kostbaren Blutes als entbehrliche Verdoppelung zu empfinden und aus dem Kalender zu streichen.

Dabei ist einzuräumen, daß es in Sachen Frömmigkeit und Spiritualität – anders als hinsichtlich der Lehre – durchaus Konjunkturen und vielleicht sogar Moden geben mag, in denen bestimmte zeittypische Denkweisen nicht nur in der Volksfrömmigkeit, sondern auch im offiziellen Kult der Kirche starke Wirkung entfalten – oder unter anderen Zeitumständen dann wieder zurücktreten. In den konkreten Fällen des Heilgsten Herzens Jesu und des Kostbaren Blutes – hinzuzunehmen wäre noch das Fest Fronleichnam, dessen Stellenwert in den vergangenen Jahren ebenfalls bedeutend reduziert worden ist – drängt sich jedoch ein weitergehender Verdacht auf: In diesen Festen bzw. in ihrem Zentralgedanken geht es um das Mysterium des wahren Gottes, der sich uns als wahrer Mensch gezeigt hat und durch sein heiliges und zugleich durchaus körperliches Leiden die Welt erlöst hat.

Es geht um den Skandal der Inkarnation. In Zeiten eines lebendigen Bewußtseins für metaphysische Wirklichkeit mag dieser Skandal deshalb schwer erträglich gewesen zu sein, weil er das Göttliche zu sehr ins niedrige und letztlich nur scheinbare Irdische herabzuziehen schien. Heute scheint es viele eher zu beunruhigen, daß das Heiligstes Herz und das Kostbarste Blut Jesu mit ihrer erlösenden Kraft das Selbstbild von Menschen stören, die ihre Erlösung aus eigener Kraft betreiben wollen.

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