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Tradition - Ausweg und Hoffnung

Bild: Public DomainDie Weigerung der zuständigen römischen Behörde, den bisherigen Leiter der kirchlichen „philosophisch-theologischen Hochschule“ St. Georgen Wucherpfennig im Amt zu bestätigen, hat die Zunft der Theologieprofessor*innen – und die großenteils aus ihren Reihen stammenden Bischöfe – in Aufruhr versetzt. Folgt man der Häufigkeit, mit der das Thema auf „katholisch.de“ in den letzten 14 Tagen behandelt wurde, könnte man meinen, die Kirche in Deutschland hätte keine größeren Probleme – und in gewisser Weise ist das ja auch so: Die zahllosen staatlich besoldeten Hochschulpositionen für – nominell – katholische Theolog*innen gehören mit zur Verfügungsmasse, aus der die neukatholische Fraktion der Kirche in Deutschland ihre Unterstützer und Zujubler alimentiert und potentielle Störenfriede ruhig stellt. Peinlich, peinlich, daß der intime Kenner der Szene Benjamin Leven die inzüchtigen Zitier- und Berufungskartelle nun öffentlich zur Sprache gebracht hat; wenig „hilfreich“, daß die Akademafia nun den Kölner Kardinal Woelki attakiert, weil er vor drei Jahren deren Pläne für die Besetzung des Bonner Dogmatik-Lehrstuhls vereitelt hatte.

Der Lärm lenkt die Aufmerksamkeit weit über besagte Kartelle hinaus auf einen Sachverhalt, der der Zunft in der Tat überaus peinlich sein muss: Auf ihre empirisch belegbare weitestgehende Erfolg- und Nutzlosigkeit. All die nicht nur vom Lehramt, sondern auch von jedem Geist der Glaubensverbreitung abgekoppelten Veranstaltungen, Publikationen, Kongresse und Forschungsprojekt im Bereich der Lehrerausbildung – für die Katz. Wo nicht schon an der „Hoch“schule, so spätestens im eigentlichen Schulbetrieb: Jugendliche, die 10 oder 13 Jahre lang mit oftmals zwei Wochenstunden den Unterricht „akademisch ausgebildeter“ Religionslehrer genossen haben, verlassen heute die Schule in der überwiegenden Mehrzahl von jeder religiösen Bildung unbeleckt und auch „religionskundlich“ bestenfalls auf der Stufe von Klippschülern. Soviel zum Ertrag der üppig dotierten Theologie an den staatlichen Hochschulen.

Größtenteils für die Katz sind aber auch die vorgeblichen Bemühungen um eine wissenschaftliche Priesterausbildung an den zumeist von Jesuiten getragenen kirchlichen philosophisch-theologischen Hochschulen, die zum Teil durch trickreiche Querverbindungen und -subventionen mit den staatlichen Universitäten verbunden sind. Hier geht es weiter Wir haben uns jetzt nicht die Mühe gemacht, allein die Zahl der mit einem Professorentitel geschmückten Vollzeitstellen an deutschen Hochschulen im Sektor Priesterausbildung zu ermitteln – wir wagen die Vermutung, daß diese Zahl deutlich über der Zahl der Priesterweihen in den deutschen Diözesen liegt, und das waren in den letzten Jahren durchschnittlich so 60-70 pro Jahr. https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/auch-2018-gibt-es-nur-wenige-priesterweihen, https://fowid.de/meldung/priesterweihen-deutschland-1962-2015

Das ist nach jeder betriebswirtschaftlichen Rechnung ein miserabler „return on investment“. Die Theologen an den staatlichen ebenso wie an den kirchlichen Hochschulen müssen daher zu Recht – und die meisten wohlverdient – befürchten, daß ihre Lehrstühle, Institute und Fakultäten in Frage gestellt werden. Kein Wunder, daß sie – wie z.B. an der Humboldtuniversität in Berlin, Fluchtbewegungen unter das Dach einer Fakultät der abrahamitischen Religionen einleiten. (https://www.tagesspiegel.de/wissen/religion-die-katholische-theologie-wechselt-an-die-humboldt-universitaet/20081704.html, https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/fortschritt-fur-katholisches-institut-an-humboldt-uni)

Aber es kommt ja noch schlimmer: Das Durchschnittsalter der gegenwärtig knapp 14000 Priester im deutschen Diözesandienst nähert sich rapide der gesetzlichen Altergrenze von 65 Jahren. Gut, Seelsorger gehen regulär erst mit 75 in Rente und bleiben, wo die Gesundheit es zuläßt, auch danach noch aktiv – aber in 10 Jahren droht auch quantitativ der Sturz in den Abgrund. Daß die Zahl der halbwegs regelmäßigen Gottesdienstbesucher – in Deutschland werden dazu alle gezählt, die etwa 10 mal im Jahr zur Kirche gehen – im gleichen Ausmaß sinkt, ist da nur ein geringer Trost.

Für die Amtswalter des Neokatholizismus vor allem dann nicht, wenn sie zur Kenntnis nehmen müssen, daß die voller Mißtrauen beäugten „Vor-Konziliaristen“ - also die ganz normalenm Katholiken ohne „Alt-“ oder „Neo-“ - von diesem Rückgang und dem drohenden Absturz offenbar in keiner Weise bedroht sind. Die in der Tradition von einigen gehegten großen Hoffnungen auf rasantes Wachstum nach dem Erlass von Summorum-Pontificum haben sich zwar so nicht bestätigt – aber es gibt ein Wachstum, wenn auch in einzelnen Ländern ziemlich unterschiedlich. Dieses Wachstum betrifft sowohl die Zahl der Gottesdienstbesucher, als auch die Zahl der Gemeinden und vor allem die Zahl der Priester. In Deutschland wächst die Zahl der Berufungen für die Gemeinschaften der Tradition zwar nach wie vor nur langsam – in Frankreich wurden in diesem Jahr aber bereits über 20% der insgesamt etwa 100 Neupriester für die Gemeinschaften der überlieferten Liturgie (einschließlich FSSPX) geweiht. Insgesamt und weltweit gesehen hat „die Tradition“, wenn man sie denn einmal so zusammenfassen darf, bei der Zahl der Weihen bereits die (heutige) Größenordnung ehemals starker katholischer Länder wie Frankreich oder Deutschland erreicht. Die einen steigen ab, die anderen auf.

Das ist kein Wunder, und der Trend wird sich in den kommenden Jahren verstärken. Diese Entwicklung hat viele Gründe und Ursachen – eine davon führt an den ersten Teil unserer Ausführungen hier zurück: Zur Emanzipation der Universitätstheologie von Lehramt und Tradition der Kirche, wie sie in den aktuellen Querelen so deutlich zu Tage tritt. Welcher katholische junge Mann, der entgegen aller Einflüsterungen des Zeitgeists, aller Fehlunterrichutng durch Religionslehrer, allen Widerstandes seitens der Familie zu einer Berufung gekommen ist, wird das Risiko auf sich nehmen, einen nach Selbstauskunft kirchen- und glaubensfernen Ausbildungsgang einzuschlagen, wenn er weiß, wo er die authentische Lehre Christi und der Apostel studieren kann. Oder sein Gehorsamsgelübde in die Hände eines Bischofs abzulegen, von dem er – römische Berufung hin oder her – nicht sicher sein kann, daß er wirklich katholisch ist? Oder ob auch dessen Nachfolger noch katholisch sein wird?

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