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Hl. Corona - bitte für uns

Bild: Wikimedia, gemeinfrei

Crisis Magazine ist eine der renommiertesten und anspruchsvollsten Publikationen katholischer Laien in den USA. Chefredakteur Michael W. Davis hat sich mit der aufkommenden Verehrung der neu entdeckten Hl. Corona beschäftigt und setzt Skeptikern und Spöttern eine wahrhaft katholische Position entgegen. Eine Position, die er mit überraschenden Bildern des übernatürlichen Lebens der Heiligen verbindet, wie sie heute kein Theologe zu entwickeln wagen würde - die dafür aber den Geruch erd- und himmelverbundener katholischer Wahrheit verströmen.

Und ganz nebenbei zeigt er, wie der, der seine Hoffnung auf Gott und seine Heiligen setzt, auch in der Krise nicht verzweifeln muß, sondern dem Schrecken in dieser Welt ein Lächeln aus der jenseitigen entgegensetzen kann. Wir haben den gestern erschienenen Artikel für unsere Leser vollständig übersetzt.

Es beginnt ein langes ZitatAnscheinend gibt es nur zwei Sorten Leute, die einem Nationalen Notstand etwas abgewinnen können: Wichtigtuer und Spielverderber. Beide sehen ihren Lebenszweck darin, zu zeigen, daß sie schlauer sind als die armen Landeier nebenan.

Seit Mitte März berichteten katholische Webseiten über ein bemerkenswertes Zusammentreffen: Da gibt es doch tatsächliche eine hl. Corona, und sie ist anscheinend auch noch Patronin gegen Epidemien. Sprunghaft breitete sich Ihre Verehrung aus, und plötzlich war das Internet voller neuer Gebete und Litaneien, die die hl. Corona anflehten, der COVID-19-Epidemie ein Ende zu setzen.

Aber Ende des Monats verkündeten die „Faktenchecker“ von Snopes (ja, diese bekannten Experten für das römische Martyrologium), daß die hl. Corona in Wirklichkeit gar nicht Patronin gegen Epidemien wäre. Sie beriefen sich dabei auf eine Catherine M. Moor, Assistenzprofessorin am Boston College – also jemand, der entschieden klüger ist als unsereins – die darauf hingewiesen habe, daß es „neben den Heiligen, die wirklich gelebt haben, noch viel mehr gibt, die einfach irgendwann einmal im Lauf der Jahrhunderte als reine Erfindungen in Legenden aufgetaucht sind. Webseiten über Heilige sind dafür berüchtigt, daß sie legendäres Material weiterverbreiten“.

Das trifft dann auch auf die Legenda Aurea – daher der Name – zu, die unsere HauHier geht es weiterptquelle für das Leben so beliebter Heiliger wie des Hl. Christophorus und des hl. Georg ist. Was für ein Glück, daß von Jesuiten geleitete Lehranstalten wie das Boston College längst darüber hinaus sind, sich auf die Legenda, die Bibel oder andere Texte zweifelhafter Historizität stützen zu wollen.

Professor Mooney erklärt dann noch weiter, daß „die hl. Corona nicht als Patronin gegen Seuchen bekannt ist, wenigstens nicht bis sie jetzt jemand, (aber wer wohl?) als solche bezeichnet hat. Diese Zuschreibung ist ihr wohl gegeben worden sein, weil ihr Name „Corona“ - das heißt „Krone“ - eine Verbindung zum Corona-Virus nahelegt.“

Der Bericht auf Snopes setzte eine Flut von Schlaumeiern in Bewegung, die seitdem alle Kraft daran setzen, die aufkommende Verehrung der hl. Corona abzuwürgen.

Um ehrlich zu sein: Sie haben ja recht. Es gibt keine historischen Hinweise darauf, daß die hl. Corona gegen Pest und Seuchen angerufen worden wäre. In der Tradition gilt sie als Patronin von Spielern und Glücksrittern. Und in ihrem irdischen Leben trug sie höchstwahrscheinlich den Namen Stephanie. Aber wen soll das kümmern? Glauben diese Spaßbremsen denn im Ernst, daß Corona unsere Bitten abweisen wird, weil sie keine offiziell beauftragte Anti-Seuchen-Heilige ist?

Snopes&Co müssen eine merkwürdige Vorstellung davon haben, wie Bittgebete funktionieren. Sie glauben wohl, daß es bei den christlichen Heiligen zugeht wir in der griechischen Götterwelt, wo allen Gottheiten eine ganz bestimmte Aufgabe in der riesigen himmlischen Bürokratie zugewiesen war und alle sehr darauf bedacht waren, ihren Zuständigkeitsbereich zu wahren. Ein Athener würde genausowenig zu Hestia für den Sieg im Kriege beten wie ein Amerikaner sich für die Arbeitslosenunterstützung an die Kraftfahrzeugzulassungsstelle wenden würde. Und ein Spartaner, der Ares Opfer für eine gute Ernte darbrächte, ginge wohl zweitausend Jahre später zur Sozialbehörde, um sich seinen Führerschein erneuern zu lassen.

Ich frage mich, was die Verächter der hl. Corona sich denken – soweit sie überhaupt denken – was die hl. Corona denn tut, wenn sie eine Bitte um Beendigung des COVID-19-Ausbruchs erhält. Sie stellen sich das wohl so vor, daß sie an ihrem Schreibtisch im dritten Untergeschoss des Paradieses sitzt, wo die ganzen weniger bedeutenden Heiligen ihre Verschläge haben, und nun quillt ihr Posteingang über von Anfragen, etwas gegen die bleiche Hand der Seuche zu unternehmen. Sie wendet sich an den hl. Eligius, Patron der Tankwarte, und jammert: „Das ist hier doch gar nicht die richtige Abteilung. Ich habe die ganze letzte Woche schon Emails an Sebastian und Rochus im Büro für die Ansteckenden Krankheiten weitergeleitet und ihnen gesagt: Ich bin doch nicht eure Sekretärin! Der Chef muss eine Dienstanweisung oder so was herausgeben – ich komme mit der Weiterleitung der Anfragen kaum nach. Und dabei haben sie bei Disney gerade Schwierigkeiten mit dem Drehbuch für National Treasure 3 und einer der Autoren hat mich um Hilfe gebeten. Das könnte mein großer Durchbruch werden. Ich habe einfach nicht die Zeit, mich um diese Kranken zu kümmern!“

Mit Verlaub, liebe protestantische Freunde – darin besteht einer der großen Unterschiede zwischen der Heiligenverehrung und dem heidnischen Götterkult von ehedem. Die Heiden betrachteten ihre Götter eher als eine Art von Mafiosi, die Bestechungsgelder in Form von Brandopfern als Schutzgeld verlangten. Für uns sind die Heiligen einfach gute Freunde. Wir können uns immer an sie wenden, an jeden von ihnen, zu jeder Zeit und mit jedem Bedürfnis, und können sicher sein, daß sie tun, was sie tun können.

Klar können wir uns auch vorstellen, daß sie gewisse Spezialitäten haben. Mein Kumpel Tom hilft mir bei der Steuer, weil er Buchhalter ist, und von Roger kriege ich frisches Gemüse, denn der ist Farmer. Aber wenn ich Hilfe beim Umzug oder bei der Vorbereitung der Geburtstagsparty für meine Frau brauche, kann ich mich darauf verlassen, daß beide mitmachen. Wofür hat man denn Freunde?

Es stimmt schon, daß der Heilige Stuhl des öfteren auch bestimmte Patronate vergibt. Die hl. Clara von Assisi ist die offizielle Patronin des Fernsehens, weil sie Visionen des hl. Messopfers hatte, als sie einmal bettlägrig war. Das ist sehr hilfreich für diejenigen von uns, die neuerdings an der Sonntagsmesse als Livestream auf Youtube teilnehmen. Wir können die hl. Clara bitten, unsere Gedanken und Gebete über die Entfernung hinweg auf das zu richten, was der Priester am Altar tut. Das wäre also ein Beispiel dafür, wie Rom durchaus hilfreicher Weise einen bestimmten Heiligen für eine bestimmte Aufgabe empfiehlt.

In der Kirchengeschichte war es jedoch meistens so, daß die Gläubigen selbst solche Aufgaben zuteilten. Das waren sozusagen Patronate durch Proklamation. So hatte der hl. Thomas Morus in den vier Jahrhunderten zwischen seinem Tod und der Heiligsprechung eine große Gefolgschaft unter Rechtsanwälten und Staatsmännern erworben. Sie warteten nicht ab, bis der Vatikan die Verehrung dieses großen Märtyrers zuließe, denn eine solche Zulassung war nicht erforderlich. Katholiken sehen die Heiligen nicht als Bürokraten, sondern als Freunde. In welcher Lage wir uns auch befinden und womit auch immer wir uns herumschlagen – sie wollen uns helfen, soweit das in ihrer Kraft steht.

Und so kann es gar keinen Zweifel daran geben, daß sich im Himmel etwas ganz anderes abgespielt hat als oben geschildert. Wir können uns vorstellen, daß die populären Fürsprecher stets heftig damit beschäftigt sind, um die bei ihnen einlaufenden Bitten zu bearbeiten. Der hl. Christopherus saust zwisschen Vätern hin und her, die sich auf eine längere Reise vorbereiten. Der hl. Antonius kümmert sich um überlastete Mütter, die die Autoschlüssel verlegt haben. Und in all diesem Getriebe sitzt die liebe hl. Corona auf ihrem kleinen Thron. Ab und zu erreicht sie die Fürbitte einer italienische Oma, die um Hilfe wegen der Spielschulden ihres Sohnes bittet, aber meistens verlaufen ihre Tage ohne größere Ereignisse.

Doch plötzlich erhebt sich lautes Geschrei von der Erde. Der Himmel erzittert, und beinahe wäre dem hl. Petrus sein großes Buch vom Stehpult gefallen. Die hl. Corona nimmt das zunächst kaum zur Kenntnis und denkt, daß sich nun der hl. Michael mit seinem Flammenschwert in die Schlacht stürzt oder der hl. Brendan mit dem großen Rettungsring in die See springt. Doch dann sieht sie, daß der Hl. Antonius und der hl Christopherus, auch Michael und Brendan, plötzlich in ihrem Lauf innehalten und sich alle zu ihr umwenden und sie ansehen.

Die hl. Corona schaut um sich. Und dann nimmt sie wahr, daß Hunderttausend Stimmen ihren Namen rufen. Verwundert blickt sie auf zu unserem Herrn – der lächelt: „Sie rufen nach Dir, Corona“. So steht sie denn auf von ihrem Thron, rückt ihre Ehrenkrone zurecht und macht sich an die Arbeit.

Wenn die hl. Corona vorher keine Seuchenheilige war – jetzt ist sie es. Ihre Verehrung gründet sich auf etwas, das leider in der modernen Kirche sehr selten geworden ist: Auf den spontanen Ruf der Gläubigen um übernatürliche Hilfe. Den hl. Thomas Morus zu bitten, daß man ein besserer Rechtsanwalt wird, oder vom hl. Antonius Hilfe bei der Suche nach den Autoschlüsseln zu erhoffen, geht schon in Ordnung. Doch es hat etwas wunderbar Mittelalterliches an sich, wenn die Leidende Kirche plötzlich laut zum Himmel schreit und um sein direktes Eingreifen in der Welt bittet – nicht nur für unser je einzelnes Leben, sondern in den ganzen Lauf der menschlichen Geschichte.

Diese Art des Glaubens erschließt sich uns allzuoft nur, wenn wir uns in der allergrößten Not befinden. Wir sind da wie die Israeliten, die in Frieden und Wohlstand ihre falschen Götzen verehrten und sich erst in Hungersnot und Krieg wieder dem einen wahren Gott zuwandten. Und wie wir wissen hat Er stets auf ihr Flehen geantwortet – obwohl er wußte, daß sie sich wieder von Ihm abwenden würden, sobald sie bekommen hatten, was sie verlangten.

So ist es auch mit der hl. Corona. In den Herzen derer die sich nun in ihrer Not an sie wenden, wirkt eine wunderbare gläubige Einfalt. Sie erweisen ihr die Ehre, und sie wird ihre Gebete beantworten. (Wir können nur hoffen, daß wir dann, wenn die Pandemie vorüber ist, etwas mehr Dankbarkeit zeigen als seinerzeit die Israeliten.)

Jetzt aber sollten die, die an der Macht der Heiligen Gottes zweifeln und den Gläubigen vorschreiben wollen, was sie in der Zeit der Not zu beten haben und was nicht, an die Warnung des Psalmisten denken:

Weicht zurück von mir, all ihr Frevler,
Denn der Herr hat mein lautes Weinen gehört.
Gehört hat der Herr mein Flehen,
Der Herr nimmt mein Beten an.
In Schmach und Schrecken geraten all meine Feinde,
Sie müssen weichen und werden plötzlich zuschanden.

Hl. Corona, bitte für uns

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Hier noch einmal der Link zum Originalartikel von Michael W. Davis.

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