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Ὁ θεός, ἤλθοσαν ἔθνη

O Gott, die Heiden sind über uns! - Klagelied auf den Fall von Byzanz

Am 29. Mai 1453 – also vor 567 Jahren – wurde Konstantinopel, die Hauptstadt des freilich weitgehend nur noch als Fiktion bestehenden Oströmischen Reiches, vom osmanischen Sultan Mehmed II. erobert. Damit fanden Jahrhunderte der Belagerungen und Abwehrkämpfe ihr unrühmliches Ende. Der Sturz der Stadt, die in vielem nur noch einem Haupt ohne Rumpf geglichen hatte, war durch Unfähigkeit und Dekadenz der Führungsschicht seit langem vorgezeichnet und wurde schließlich durch gekaufte Verräter beschleunigt. Mehmed II – postum als 'Fatih' (der Eroberer) angesprochen – wurde Namensgeber der auf den Trümmern der Apostelkirche errichteten großen Fatih-Moschee. Auch eine der 62 Berliner Moscheen ist nach ihm benannt. Insgesammt gibt es in Deutschland derzeit 52 Eroberer-Moscheen.

Die Melodie schrieb der den Massakern entkommene ehemalige Hofmusiker Manuel Chrysaphes († 1463) im Exila auf Kreta. Als Textvorlage wählte er (mit einigen Auslassungen und gesanggemäßen Verdoppelungen) die Verse 1-9 von Psalm 78 auf den Fall Jerusalems. Wir zitieren sie hier nach der Übersetzung des deutschen Dreifaltigkeitsklosters Buchhagen aus der Septuaginta:

O Gott, die Heiden dringen in Dein Erbe
sie verunreinigen den Tempel, Dein Heiligtum /
und machen Jerusalem zu einer Scheune im Felde +
    Sie füttern die Krähen mit dem Fleisch Deiner Diener /
    die Leiber der Heiligen werfen sie den wilden Tieren vor +
Wie Wasser vergießen sie ihr Blut rings um Jerusalem /
und niemand ist da, der sie begrübe +
    Unsere Nachbarn spotten über uns /    
Klatsch und Getuschel zieht die Runde +
Herr, wie lange noch willst Du zürnen bis zum Äußersten /
Wie lange noch soll Dein Grimm wie Feuer brennen? +
    Schütte Deinen Zorn über die Völker aus,
    die Dich nicht kennen /
    über die Königreiche,
    die Deinen Namen nicht ehren +
[Denn sie haben Jakob verschlungen /
und seine Stätte verwüstet + ]
    Gedenke nicht unserer alten Sünden /
    eile, daß Deine Barmherzigkeit uns noch erreiche /

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