Wer kennt schon Max Schmalzl?
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- 11. März 2022
Der Name sagt nur ein paar Spezialisten etwas – aber seine Bilder kennen wohl alle, die der katholischen Tradition anhängen. Der Redemptoristenbruder Max ( 1850 – 1930) war Maler und Zeichner im Spätstil der Nazarener-Schule. Der gelernte Dekorationsmaler entwarf die Innenausstattung bzw. Ausmalung mehrerer Kirchen, zeichnete eine große Zahl von Buchillustrationen – und ist der Urheber von mehr als 80 Holzschnitten, die im Lauf eines halben Jahrhunderts zur Illustration der Messbücher des Verlages Pustet verwandt wurden. Die typischen Pustet-Missale, der Jahrzehnte zwischen 1885 und 1940 könnte man auch als „Schmalzl“-Missale bezeichnen – aber das hört sich nicht nur einigermaßen komisch an, es wäre auch ganz und gar nicht im Sinne des Künstlers, dessen Leben exemplarisch dafür ist, wie eine fromme Seele des 19. Jahrhunderts in der Welt, aber trotz aller Anlagen für eine „Karriere“ nicht von der Welt, ihren Weg zum ewigen Heil suchte und ganz sicher auch gefunden hat.
Eine Biographie wäre hier fehl am Platz – zumal es eine ordentliche kurze Lebensbeschreibung auf der Website des Museums Vilsburg und eine etwas ausführlichere in einer vor 15 Jahren erschienen Dissertation zum Werk Schmalzls geboten wird, die man sich als PDF (mit illustriertem Werkverzeichnis!) bei der Uni Regensburg herunterladen kann. Und in Papierform gibt es auch noch eine 150-seitige Biographie, die der Redemptoristenpater Leonhard Eckl nach dem Tod seines Mitbruders zusammensgetellt hat, erschienen 1930 – wo auch sonst – bei Friedrich Pustet Regensburg. Deren Umschlag entnehmen wir das oben gezeigte Selbstporträt Schmalzls.
Daher dazu nur soviel: Die Eltern Schmalzl betrieben in Falkenstein im Bayrischen Wald einen Krämerladen und eine Nebenerwerbs-Landwirtschaft. Max war das jüngste von zehn überlebenden Geschwistern, drei weitere waren als Säugling oder Kleinkind verstorben. Die Familie war nicht wirklich arm, aber nur der Älteste konnte studieren, die anderen mußten früh einen Beruf erlernen. Vieles war knapp im Hause – aber Frömmigkeit gab es reichlich und wurde nicht als Einschränkung und Zwang, sondern als Lebensraum wahrgenommen. Der älteste Bruder (unter den 10 Kindern war nur ein Mädchen), den man studieren lassen konnte, war Priester bei den Redemptoristen geworden, und seinem Einfluß ist es zu verdanken, daß Max, der schon seit längerem eine Ordensberufung verspürt hatte, nach einer Ausbildung im Baugewerbe und als Dekorationsmaler und nach ersten Anfängen „freiberuflicher“ künstlerischer Tätigkeit mit 21 Jahren diesem Orden beitrat – bewußt und gewollt als Laienbruder.
Laienbruder war im 19. Jahrhundert allgemein ein schwerer Weg, zu dem man geboren oder sehr entschlossen sein mußte. Die damaligen Redemptoristen waren schon insgesamt „harte Knochen“ – deren anspruchsvolle und jeder pastoralen Sensibilitäten ermangelnde Volksmissionen sich vielleicht gerade deshalb großer Beliebtheit im frommen Volk erfreuten. Die Laienbrüder waren im Orden ganz entschieden „zweiter Klasse“, denen wenig Eigenes zugestanden und viel Gehorsam abverlangt wurde. Das mußte auch Schmalz erfahren, als er einmal bei einem Ausmalungsprojekt von dem seitens der Oberen abgesegneten Vorgehen abwich und zur Strafe von dem Auftrag abberufen und zur Putzkolonne im Heimatkloster versetzt wurde. Er hatte diesen Weg jedoch aus freien Stücken als seinen Weg zur Heiligung und zur Verbreitung der Schönheit des Glaubens gewählt, und blieb ihm ein Leben lang treu. Als sich ihm später, als er schon einen gewissen Namen erworben (und dem Orden zweifellos auch ordentliche Honorare eingebracht) hatte, die Gelegenheit bot, einen von seinen Oberen angeordneten Studienaufenthalt in Rom auf Jahre oder vielleicht sogar auf Dauer zu verlängern, bat er darum, ihn wieder ins Heimatkloster Gars (das mit der Putzkolonne) zurückzurufen.
Von dort aus war er zwar im Rahmen seiner Arbeit – unter anderem war er lange hoch geschätzter „Illustrationsberater“ bei Pustet – immer wieder viel unterwegs, auch im europäischen Ausland - aber er lebte stets im quasi mönchischen Gehorsam. Er machte wenig eigenen Pläne, er tat, was man ihm auftrug oder gestattete. Vielleicht bietet sich die Gelegenheit, einmal auf die Disziplin der damaligen Redemptoristen (die heutigen sind nur noch ein Schatten dieser Vergangenheit) zurückzukommen und auf den festen Rahmen im Glauben, den diese Disziplin Ordensleuten wir Bruder Max (und zahllosen Gläubigen) geboten hat.
Zum Abschluß hier noch einen kurzen Überblick über die wesentlichen Tätigkeitsfelder von Frater Max Schmalzl C.Ss.R. nach der Zusammenstellung in der bereits genannten Dissertation der Kunsthistorikerin Monika Schwarzenberger-Wurster:
- Illustrationen zu der von Pustet in den Jahren in den Jahren 1877 – 81 herausgegebenen zweibändigen Ausgabe der Visionsberichte der Anna Katharina Emmerick. Faktisch eine bildhafte Umsetzung wesentlicher Szenen aus dem alten und vor allem dem neuen Testament.
- Die Illustrationen für die liturgischen Bücher von Pustet - neben dem Missale auch das Breviarium Romanum der entsprechenden Zeit
- Farbige Illustrationen für den „Regensburger Marienkalender“ der Jahre 1889 – 1914
- Andachtsbilder als Chromo-Lithographie, Radierung oder Farbholzschnitte Tafelbilder, hauptsächlich für Kirchenausstattungen – etwa die Seitenaltäre der Klosterkirche Gars oder mehrere Kreuzwegstationen
- Diverse Skizzen und Studien größtenteils für Kirchenausmalungen
- Ausgeführte und erhaltene Kirchenausmalungen; insbesondere die Kirche Maria Hilf in Cham. Deren Besuch ist jedem, der es ermöglichen kann, sehr zu empfehlen: Es ist, als träte man mitten in die ganzseitigen Abbildungen in einem farbig ausgeführten „Pustet-Missale“. Ein Hauch von Monreale im 19. Jahrhundert.
Dem bescheidenen Bruder Max mag es recht sein, daß um seine Person kein Aufhebens gemacht wird. Für die Katholiken von heute, denen im Zeichen des Synodalen Irrwegs immer mehr die Kirche entfremdet wird, in der sie den Weg zum Heil finden wollen und können, kann sein Leben und Werk trotz einiger Zeitbedingtheiten Hilfe und Stütze sein. Man sollte öfter von ihm und seiner Kunst sprechen. Weitere Beiträge zu Schmalzls Illustrationen in Brevier und Missale sind geplant.
Eine Randbemerkung:
Auf der Website des Klosters Gars, Hauptsitzes der Redemptoristen in Deutschland, in dem Schmalzl den größten Teil seines Lebens verbracht hat, ist von Bruder Max mit keinem Wort die Rede. Soweit nach den wenigen dort gezeigten Bildern der Klosterkirche zu erkennen ist, sind die großen Tafelbilder Schmalzls von den Nebenaltären verschwunden. Zur Geschichte der Kirchenausstattung heißt es auf der Website einigermaßen lakonisch:
Endlich (um 1750) also war die Kirche festlich ausgestattet, aber - 150 Jahre später hat dies nicht mehr gefallen: Altarbilder der Seitenaltäre werden durch Werke des 19. Jahrhunderts ersetzt, Gewölbeteile und Heiligenfiguren übermalt. Glücklicherweise konnte in späteren Restaurierungen der ursprüngliche Zustand annähernd wieder hergestellt werden.
Bei einem Photo des heute anscheinend als Veranstaltungsraum genutzten früheren Kapitelsaals mit Fresken Schmalzls gibt es keinerlei Hinweis auf Kunst und Künstler. Es ist, als schäme sich die (stark überalterte) Gemeinschaft ihres Bruders von vor 100 Jahren, dessen fromme Kunst zweifellos noch viele Beter in ihrer Andacht inspirieren wird, wenn der letzte Redemptorist auch in Gars das Licht ausgemacht hat.