Zum Fest der Dreifaltigkeit
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- 11. Juni 2022
Schon wieder ein Hochfest, schon wieder ein Schmalzl. Das läßt sich in diesem Jahr nicht vermeiden. Die stets problematische bildliche Darstellung der Trinität im Zentralbild erscheint auf den ersten Blick sehr konventionell, auf den zweiten Blick wird sichtbar, daß Schmalzl sich der Probleme sehr wohl bewußt ist und sie im Rahmen des mit den Mitteln des Holzschnitts Möglichen auch berücksichtigt.
Der Vater und der Sohn gleichen einander buchstäblich von Kopf bis Fuß als Spiegelbilder: "consubstantialem Patri". Nur die Merkmale des Alters sind verschiedenie, Falten und Bart; Die Wundmale des Auferstandenen. Minimale Abweichungen in Gewand und Gürtel der Personen nutzen den engen Spielraum, den die Präfationen zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit bietet, voll aus: „In personis proprieatas, et in essentia unitas, et in majestate adoretur aequalitas“.
Dementsprechend sind die Nimben und die Kronen exakt die Gleichen - auch für den im Bild der Taube dargestellten Geist, dessen in der Kunst soweit wir sehen nur sehr selten dargestellte Krone aus leicht nachvollziehbaren Gründen über der ihn ganz umgebenden Mandorla platziert ist. Die Nimben aller drei Personen sind mit dem Zeichen des Erlöserkreuzes markiert - nicht völlig exzeptionell, aber doch zumindest für die Kunst des Westens eher ungewöhnlich. Jedoch in voller Übereinstimmung mit dem Kommuniongebet des Priesters: Domine Jesu Christe, Filii Dei vivi, que ex voluntate Patris, cooperante Spirito Sancto, per mortem tuam mundum vivificasti. (Herr Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes; dem Willen des Vaters gehorsam hast Du unter Mitwirkung des Heiligen Geistes durch Deinen Tod der Welt das Leben geschenkt.)
Die Welt selbst, die in einer durchaus geozentrischen Weise die Mitte der Darstellung bildet, steht ganz in der Hand und der Herrschaft des Vaters und des Sohnes und wird erfüllt und erhalten von der Macht des Heiligen Geistes.
Quasi als Ausgleich für die taubengemäß geringere Größe der Darstellung hat die Geisttaube ihre eigene Mandorla, die sie in der Wahrnehmung „auf Augenhöhe“ mit den Gestalten der beiden anderen Personen bringt. Die sieben Geistesflammen der Mandorla des Geistes wiederholen sich auf der großen Mandorla, die die ganze Szene umgibt. Ob sie für die sieben Gaben des Geistes oder die 7 Sakramente der Kirche stehen, kann hier unentschieden bleiben.
Die große Mandorla bildet hier wenn man so will der Ersatz für den Thron Gottes, die Ezechiel in seiner Vision (Ezechiel 1,4) so großartig geschildert hat und dessen Beschreibung wir die Kenntnis vom auch hier in der Umschrift zitierten unaufhörlichen Lobgesang der himmlischen Heerscharen verdanken: Sanctus, Sanctus, Sanctus Dominus Deus Sabaoth.
Von den vier Cherubim, die bei Ezechiel den Thron Jahwes tragen, sind hier nur die sechsflügligen Engelsköpfe geblieben, die den Sitz von Vater und Sohn halten oder selbst bilden. Als Cherubim sind sie – ganz dem Zeitgeist des ausgehenden 19. Jh. entsprechend – von der eher niedlichen Sorte, kein Vergleich mit den gewaltigen Elementargeistern, die bei Ezechiel oder auch in den Psalmen z.B. 18, 99) immer wieder als Träger des Thronwagens Gottes, der Merkaba, angesprochen werden. Außerdem gibt es hier nur noch zwei solcher auf Putto-Format reduzierten Cherubim, je einer auf beiden Seiten des selbst nicht dargestellten Thronsitzes. Erst bei genauem Hinsehen entdeckt man einen wie auf einem Suchbild versteckten dritten in der Mitte – oder das, was von ihm noch auf’s Bild passte. Sollte Schmalzl sich hier gar darin versucht haben, einen Schimmer von Hummor in der göttlichen Glorie darzustellen – oder unterwirft er sich nur den Grenzen des kleinen Formates? Es hätte schon schlimmere Häresien gegeben.
Einen starken Hinweis darauf, daß die Mandorla hier den himmlischen Thron der Einheit der trinitarischen Gottheit symbolisiert, geben die in den inneren Eckmedaillons dargestellten „vier lebendigen Wesen“, die bei Ezechiel als cherubische Thronträger beschrieben sind und die auch in der Offenbarung des Johannes (Offb 4, 6-8) den Thron des Allerhöchsten umgeben. Die vier Darstellungen des Gesichtes eines Menschen, eines Löwen, eines Stieres und eines Adlers haben sich später zu Symbolen für die vier Evangelisten entwickelt, dürfen jedoch hier und anderswo nicht mit diesen verwechselt werden: Die Tetramorphe („Viergestaltigen“) vom Thron Gottes sind gewaltige Himmelsgeister, die jeder einzelne alle vier Gestalten aufweisen – je nachdem, aus welcher Richtung man sie betrachtet. Ihr Rang als höchste Boten und Ausführer des Willens Gottes wird durch die drei Flügelpaare zum Ausdruck gebracht – die Evangelisten haben wenn überhaupt meistens nur eines und weisen sich dadurch aus, daß sie das von ihnen geschriebene Buch tragen. Hier sind zweifellos die „vier lebendigen Wesen“, die Thronträger gemeint, die seit Beginn der Zeit ihren Dienst am Thron der Allerhöchsten Einheit in der Dreifaltigkeit verrichten.
Den Gedanken von der Einheit in der Dreifaltigkeit drücken auch die beiden typologischen Seitenelemente aus. Links weniger typologisch als symbolisch die Dreiheit Gottes, die bereits ganz am Anfang der Torah in der Darstellung des Schöpfungsaktes im ersten Abschnitt des Buches Genesis ausgesprochen ist. Im ganzen zitiert: „Am Anfang machte Gott den Himmel und die Erde. Die Erde aber war unsichtbar und ohne Gestalt und Finsternis lag über der Tiefe, und Gotteshauch wehte über dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde…“ (Gen 1, 1-3). Und gerade so ist es hier dargestellt: Die Hand des Schöpfergottes oben und die allerdings als Urflut gezeichnete Gestaltlosigkeit unten, und darüber das Wort Gottes von Alpha bis Omega und der Geist Gottes. Auch hier bemerkenswerter Weise mit dem Kreuzeszeichen im Nimbus: Die Erlösung gehört von allem Anfang an mit zum Schöpfungsplan, der neben dem Guten auch die Freiheit zur Abwendung von der Quelle des Lebens enthielt.
Links, jetzt wieder typologisch im engeren Sinne, die Begegnung Abrahams mit den „Drei Männern von Mamre“, die sichtbar als drei vor ihm stehen und doch nach der grammatischen Sprechweise als Einer von ihm angesprochen werden und als Einer zu ihm sprechen. Die vier äußeren Eckmedallions enthalten vier Namen Gottes. Oben rechts das für die Juden später mit einem Sprech-Tabu belegte und schwer übersetzbare „Jahwe/Jehova“, oben links die Übersetzung der Vulgata „Ich bin, der Ich bin“. Unten rechts aus der Prophezeiung des Jesajas (7, 14) der Name „Emanuel“ als Verheißung des Messias und unten links das zur Umschreibung des verbotenen Namens genutzte „Adonai“. Auf die unausschöpfbare Probematik der Gottesnamen kann hiar auch nicht andeutungsweise eingegangen werden, nur eine Auffälligkeit des Bildes zum Sonntag Trinitatis erscheint erwähnenswert: Wie immer man auch die hier gebotenen Namen den Personen der Dreifaltigkeit zuordnen möchte – keiner davon deutet auf den Heiligen Geist.