Bereichsnavigation Themen:

Die Heilung des Aussätzigen

Bild: Bibelillustration des 18. Jh.Die dritte Fastenwoche bietet ein bemerkenswertes Programm von Lesungen aus dem Alten Testament, die – mit einer Ausnahme vielleicht am Mittwoch – alle um das Thema kreisen: Wem gewährt Gott seine Gnade und Rettung – und wer hat sie verwirkt, so daß er vergebens darauf hoffen muß. An den meisten Tagen stützt auch das Evangelium den Gedanken der Lesung – oder eher ist umgekehrt: Erst im Wort und Geist des Evangeliums wird das, was die Propheten gesagt haben, in seinem ganzen Umfang verständlich. Wir wollen versuchen, dem hier an jedem Tag der Woche etwas näher zu kommen.

Der Montag bringt die Perikope aus dem 4. Buch der Könige (5, 1-15) von der Heilung des Naaman, General des Königs von Syrien. Dieser Naaman war vom Aussatz befallen – was ihn anders als bei den Israeliten nicht daran hinderte, ein hohes Amt zu bekleiden, aber doch empfindlich beeinträchtigte. Im Haushalt des Naaman gab es eine jüdische Sklavin, die von den Wundertaten der Propheten Israels berichtete, so daß Naaman beschloss, schwer beladen mit Silber und Gold nach Israel zu reisen. Das war der erste Irrtum des Naaman – als ob man Gottes Gnade mit Geld kaufen könnte. In Israel angekommen wandte er sich an den König – offenbar in der Meinung, der König, den er wohl nach syrisch/heidnischer Vorstellung als Gottkönig ansah, sei für solche Heilungen zuständig. Das war der zweite Irrtum des Naaman. König Joram fasst das Ansinnen Naamans nachgerade als Beleidigung auf, denn sein Amtsverständnis ist ein ganz anderes: „Bin ich denn Gott? Kann ich töten und wieder lebendig machen?“

Letztlich gelangt Naaman zum Propheten Elisäus, und der läßt ihm ausrichten: „Bade dich siebenmal im Jordan, dann wird Dein Leib wieder gesund.“ Hier geht es weiterDas wiederum erzürnt den Naaman, der offenbar einen Heilungszauber mit großem Hokuspokus, Feuerwerk und Donnerschlag erwartet hatte, und wütend macht er sich auf den Heimweg: „Sind etwa die Flüsse meiner Heimat nicht besser als alle Wasser Israels?“ Das war der dritte Irrtum Naamans. Doch seine Begleiter – vielleicht waren auch das jüdische Sklaven – reden ihm gut zu: „Vater! Hätte der Prophet etwas Schwieriges von Dir verlangt, du hättest es gewiß tun müssen. Wieviel mehr nun, da er dir eine leichte Aufgabe gestellt hat“. Der mächtige Feldherr hört auf den Rat seiner Diener, badet siebenmal im Jordan – und ist geheilt. Dankbar kehrt er zu Elisäus zurück und bekennt: „Wahrlich, es gibt keinen anderen Gott auf der ganzen Erde außer in Israel.“

Mit diesem Vers 11 endet die Perikope des Tages, aber im Buch der Könige geht die Geschichte noch weiter: Naaman will Elisäus die mitgebrachten Geschenke überreichen, doch der lehnt standhaft ab. Schließlich erbittet sich Naaman seinerseits ein Geschenk: Er will Erde aus Israel mitnehmen, um daraus in der Heimat einen Altar zu errichten, auf dem er dem wahren Gott Opfer darbringen kann – selbst dann, wenn er als Begleiter des Königs zum Schein am Opfer für die heimischen Götzen teilnimmt. Die Bekehrung ist also in gewisser Weise unvollständig, aber doch nachhaltig, und das scheint auch Elisäus zu akzeptieren, denn er entläßt den Naaman in Frieden.

Die drei Irrtümer des Naaman verweisen auf das, was aus diesem Bericht zu lernen ist: Die Gnade Gottes ist nicht käuflich für Gold und Silber. Beauftragte „Verwalter der Gnade Gottes“ sind nicht die Könige oder ander Mächtige des Landes, sondern die, die der Herr durch die Gabe Seines Geistes eingesetzt hat. Und das Wirken dieser Gnade muß nicht durch spektakuläre Ereignisse und großes Drama sichtbar gemacht werden, sondern es erfolgt durch die demütige Annahme dessen, was der Herr durch den Mund seiner Propheten verkündet.

Der Zusamenhang des Tagesevangeliums mit dieser Perikope erscheint zunächst eher äußerlich. Die Passage aus Lukas 4, 23-30 berichtet vom Tadel Jesu für die Pharisäer, die ihm unentwegt nachstellen, denn „Kein Prophet ist willkomen in seiner Heimat“. Zur Begründung dessen führt Jesus auch die Heilung des Naaman an: „so gab es auch zu Zeiten Elisäus in Israel viele Aussätzige, aber keiner von ihnen wurde gereinigt, sondern nur Naaman, der (heidnische) Syrer.“ Dieser Hinweis erboste Jesu Zuhörer so sehr, daß sie ihn umbringen wollten – „er aber schritt mitten durch sie hindurch und ging weg.“ Damit passt diese Periko zum einen wieder sehr gut in die fastenzeitliche Vorbereitung auf die Passion. Aber es gibt noch eine weitere Verbindung, die erst bei der Lektüre des vollständigen 5. Kapitels aus dem 4. Buch der Könige erkennbar wird. Den Zuhörern Jesu war dieses vollständige Kapitel sicher gegenwärtig, und der dort berichtete Fortgang der Episode von Elisäus und Naaman war besonders geeignet, sie in Wut zu versetzen.

Nachdem nämlich Naaman sich mit seinen verschmähten Schätzen und zwei Maultierladungen heiliger Erde auf den Rückweg begeben hat, macht sich ein ungetreuer Diener des Elisäus mit Namen Giezi heimlich auf und schwindelt Naaman einen Teil dieser Schätze ab. Doch Elisäus – schließlich ist er ein vom Geist Gottes geleiteter Prophet – läßt sich nicht täuschen und verkündet dem zurückgekehrten Giezi das Urteil: Du hast jetzt das Silber erhalten und Kleider empfangen… Doch auch der Aussatz des Naaman wird an dir und deinen Nachkommen haften auf ewig!“.

Das alte Testament ist voll mit solchen Hinweisen, daß es nicht ausreicht, in das auserwählte Volk hineingeboren zu sein, sondern daß es darauf ankommt, den Willen und die Gebote Gottes zu erfüllen. Nichts konnte die Pharisäer und ihre Gefolgschaft mehr erzürnen als die Anspielung darauf.

Zusätzliche Informationen