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Wasser des zeitlichen und des ewigen Lebens

Bild: Schnorr von Carolsfeld in 'Katholische Bilderbibel', eigener ScanIm Mittelpunkt der Perikope des Freitag in der dritten Fastenwoche steht die Erzählung vom Wunder am Haderwasser, wo Israel, das schon seit vielen Jahren durch die Wüste irrt und sich vom Verdursten bedroht sieht, ein weiteres Mal mit dem Herrn und seinen Propheten Moses und Aaron hadert. Bis Moses mit seinem Stab an den Felsen schlägt und daraus genug Wasser hervorquillt, daß das ganze Volk Israel mitsamt dem dem Vieh seinen Durst stillen kann. Dieser Teil der Geschichte ist selbst denen bekannt, die wenig vom alten Testament wissen – aber es gibt ein Vorspiel und einen Nachtrag, die dem allgemeinen Berwußtsein weniger gegenwärtig sind. Beide werden in dieser Perikope mit dem Wasserwunder zusammengefasst und bilden mehr noch als die Wundererzählung selbst den Kern dessen ab, worum es in dieser Geschichte geht.

Als das Murren des durstenden Volkes zu einem veritablen Aufstand zu werden droht, nehmen Moses und Aaron – wie wohl schon oft auf dieser Wanderschaft – ihre Zuflucht zum Herrn. Sie gehen in das Bundeszelt, den transportaben Vorläufer des Tempels, und bitten Gott inständig, das Geschrei des Volkes zu erhören und ihm Wasser zu schaffen. „Da erschien die Herrlichkeit des Herrn über ihnen, und der Herr redete zu Moses: ‚Nimm den Stab und versammle das Volk, du und dein Bruder Aaron, gebietet vor ihren Augen dem Felsen, so wird er wasser geben‘“. Eine noch feierlichere Form des Rettungsversprechens ist kaum vorstellbar – und dennoch lassen Mose und Aaron, nachdem sie wie aufgetragen das Volk versammelt haben, Zweifel anklingen, wenn sie die Menge anreden: Ob wir Euch wohl aus diesem Felsen Wasser hervorströmen lassen können?

Hier geht es weiter Nun, das Wasser kommt, der Volksaufstand ist abgesagt, und alles könnte wieder seinen gewohnten Gang gehen – aber der Herr verübelt Mose und Aaron den öffentlich geäußerten Zweifel und spricht ein hartes Urteil: „Weil ihr Mir nicht geglaubt und Mich so nicht vor den Söhnen Israels verherrlicht habt, sollt ihr dieses Volk nicht in das Land führen, das Ich ihm geben will.“

Auf den ersten Blick scheint dahinter die Forderung nach absolutem und bedingungslosem Gehorsam und die Verurteilung jedes Zweifels zu stehen. Doch das ist, wie auch aus anderen Dialogen zwischen dem Herrn und seinen Propheten zu sehen ist, hier wohl nicht der Punkt. Der Punkt ist, daß die von Gott bestimmten Führer ihre Zweifel oder Rückfragen nicht ihm selbst im Bundeszelt vorgetragen haben, sondern vor seinem Volk ausgesprochen und es so versäumt haben, den Herrn „vor den Söhnen Israels zu verherrlichen. Das wiegt hier umso schwerer, als die Episode vom Haderwasser nur das letzte einer ganzen Reihe von „Exoduswundern“ war, die alle dem gleichen Schema folgen oder besser gesagt die gleiche Wahrheit zum Ausdruck bringen: Zwar ist das Volk Gottes nicht immer bereit und nicht immer fähig, die Absichten und den Plan des Herrn hinter den Israel auferlegten Mühen und Gefahren zu erkennen – doch es gibt diesen Plan, und er ist von der Absicht erfüllt, letztlich alles zum Heil zu wenden.

Die Perikope des Tagesevangeliums mit dem Bericht über das Zusammentreffen Jesu mit der Samaritanerin am Jakobrbrunnen stellt diese Aussage jedoch noch in einen weiteren Zusammenhang: Das Wasser aus dem Felsen rettete das Volk Israels und seine Herden vor dem Verdursten in der Wüste. Vor dem ewigen Tode bewahren konnte es nicht, die Macht der Sünde bleibt ungebrochen, wie gerade die großen Propheten am eigenen Leibe erfahren mußten. Das Wasser, das dem Volk Israel und in dessen Nachfolge der Kirche das Überleben in der Wüste der gefallenen Welt ermöglicht, kann nur das „lebendige Wasser“ sein, das der Messias und Erlöser denen spendet, die an ihn glauben und ihn vor seinem Volk verherrlichen, so wie das Herr von seinen Dienern Mose und Aaron erwartet hat.

Und von seinen Dienern heute und von jedem Einzelnen, der in diesem lebendigen Wasser getauf worden ist, auch.

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