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Der Papst und die Tradition

Beide Bilder entstanden beim Empfang des diplomatischen Corps, zu dem die Diplomaten auch in diesem Jahr selbstverständlich in Amtskleidung erschienen waren.

Die Unterschiede im äußeren Auftreten zwischen Papst Benedikt XVI. und dem neugewählten Bischof von Rom sind so groß, wie sie größer kaum sein könnten. Das führt innerhalb und außerhalb der Kirche zu viel Verwirrung: Formen und Inhalte stehen nun einmal nicht beziehungslos nebeneinander. Das Neue und Unerhörte bietet sich zu beliebiger Deutung und Verwendung an und wird dementsprechend (und durchaus vorhersehbar) auch hemmungslos genutzt, um die je eigenen Wünsche und Ziele zu befördern.

Wir wollen uns an diesen Deutereien nicht beteiligen - zumal die Welt, die kirchliche wie die säkulare, ja seit langem nicht mehr so beschaffen ist, daß sich alles nach den Worten und Weisungen des Papstes richten würde. Die in der modernen Mediengesellschaft wohl unausweichliche Personalisierung der Wahrnehmung des Petrus-Amtes mag die Aufmerksamkeit für den jeweiligen Träger dieses Amtes enorm gesteigert haben. Seine Wirkungsmächtigkeit ist in dem Maß geschwunden, wie tatsächliche oder angebliche Unterschiede in der Ausübung des Amtes den Eindruck zu verbreiten halfen, ein Papst könne tun, was ihm beliebe - und sein Nachfolger dann in wenigen Jahren halt etwas ganz anderes. Und mit dessen Nachfolger beginne wiederum ein neues Spiel.

Der Theologe Josef Ratzinger hat schon Jahre, bevor er selbst zum Papst gewählt wurde - konkret am Beispiel der Liturgie - dargelegt, daß dem ein groteskes Mißverständnis des Papstamtes zugrunde liegt. Es entstand daraus,

daß der Papst mit der petrinischen Autorität auch die liturgische Gesetzgebung immer deutlicher in Anspruch nahm und so eine rechtliche Instanz für die weitergehende Formung der Liturgie gegeben war. Je stärker der Primat sich ausprägte, desto mehr mußte die Frage nach Weite und Grenze dieser Vollmacht hervortreten, die freilich als solche nie reflektiert wurde. Nach dem II. Vaticanum entstand der Eindruck, der Papst könne eigentlich alles in Sachen Liturgie, vor allem wenn er im Auftrag eines ökumenischen Konzils handle … Tatsächlich hat aber das I. Vaticanum den Papst keineswegs als absoluten Monarchen definiert, sondern ganz im Gegenteil als Garanten des Gehorsams gegenüber dem ergangenen Wort: Seine Vollmacht ist an die Überlieferung des Glaubens gebunden – das gilt gerade auch im Bereich der Liturgie. (...)

Die Vollmacht des Papstes ist nicht unbeschränkt; sie steht im Dienst der heiligen Überlieferung. Noch weniger kann eine sich in Beliebigkeit verkehrende allgemeine »Freiheit« des Machens mit dem Wesen von Glaube und Liturgie vereinbart werden.“

Damit sind klare Vorgaben nicht gesetzt - das würde Kraft und Vollmacht eines Einzelnen überfordern - sondern ausgesprochen, weil sie schon immer Geltung hatten. Sie binden den Nachfolger Petri ebenso wie die, die ihm gegenüber zum Gehorsam verpflichtet sind.

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