O-Antiphonen in der Liturgie
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- 18. Dezember 2023
Die letzten sieben Tage vor Weihnachten sind liturgisch durch die „großen Antiphonen“ oder „O-Antiphonen“ markiert, über die wir hier oder hier schon mehrfach geschrieben haben. Liturgischer Ort dieser Antiphonen ist das Stundengebet, wo sie jeweils zum Magnifikat der Vesper gesungen werden. Dabei durchbricht ihre Sieben-Zahl die normalerweise an den Wochentagen orientierte Ordnung der Antiphonen: Die O-Antiphonen beginnen nicht mit dem Sonntag, sondern stets am 17. Dezember – unabhängig davon, welcher Wochentag das ist.
Diese Hinordnung auf den Weihnachtstag ist schon in den frühesten Erwähnungen der O-Antiphonen – eindeutig erstmals bei Amalar von Metz im 8. Jh. – bezeugt. Sie hat auch die nachkonziliare Brevierreform, die sonst sehr viel verändert hat, überstanden, und wird so auch in der deutschen Version des „Stundenbuchs“, das in vielem von der lateinischen Fassung der „Liturgia Horarum“ abweicht beibehalten. Ja mehr noch: Während die deutsche Version praktisch alle Gebete, wie es ihrem Namen entspricht, nur in deutscher Sprache enthält, macht das „Stundenbuch“ bei den O-Antiphonen eine Ausnahme und bietet als Option auch den überlieferten lateinischen Wortlaut.
Die deutsche Fassung des Messbuchs (nach der von uns als Referenz herangezogenen Wiedergabe auf Schott-Online) hat für die Tage mit den O-Antiphonen noch eine weitere Besonderheit zu bieten. Im sogenannten „Ruf vor dem Evangelium“, der in der lateinischen Ausgabe des Messbuchs Pauls VI. nicht besonders geregelt ist, bietet sie an diesen Tagen einen Halleluja-Ruf, der im wesentlichen aus einer knappen inhaltlichen Wiedergabe der jeweiligen O-Antiphon besteht.
Warum man hier nicht die im Stundenbuch enthaltene vollständige Übersetzung genommen hat, bleibt unklar – vielleicht wurde sie für diesen Ort bereits als zu lang angesehen, vielleicht wollte man auch diese ungewöhnliche Übernahme einer sehr eng mit der Tradition des Offiziums verbundenen Antiphon in das Messbuch nicht so offensichtlich herausstellen. Jedenfalls fehlt in dieser Version auch der dem Text traditionell stets vorangestellte Anruf „O“, so daß für Gläubige, die nicht in der einen oder anderen Form das Stundengebet praktizieren, diese Anlehnung an eine uralte Tradition nicht erkennbar ist.