Wie der Bär in das Wappen von Josef Ratzinger und Josef Ratzinger nach Rom kam
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- 15. April 2012
Am morgigen Montag feiert Papst Benedikt seinen 85. Geburtstag. Noch gibt es keine Biographie, die sein Wirken als Nachfolger Petri mit einschließt - aber in seiner Autobiographie „Aus meinem Leben“, die nur die Jahre bis zu seiner Ernennung zum Erzbischof von München 1977 behandelt, hat er selbst eigentlich schon das wichtigste gesagt. In dem letzten Kapitel des erst 1997 geschriebenen Buches beschreibt er in der Rückschau aus Rom die Überlegungen, die ihn 1977 zur Wahl seines Bischofswappens geführt haben und widmet dabei besondere Aufmerksamkeit dem Bären des hl. Korbinian, des Schutzpatrons der Diözese München und Freising.
Ein Bär habe auf der Reise nach Rom das Pferd des Heiligen zerfleischt, so erzählt die Geschichte. Da habe Korbinian ihm seine Untat streng verwiesen und ihm zur Strafe das Bündel aufgepackt, das bis dahin das Pferd getragen hatte. Nun mußte der Bär das Bündel nach Rom schleppen und wurde erst dort vom Heiligen entlassen.
Mich erinnerte der mit der Last des Heiligen beladene Bär an eine Psalmenmeditation des heiligen Augustinus. In den Versen 22 und 23 des Psalmes 72 (73) hat er die Last und die Hoffnung seines Lebens ausgedrückt gefunden. Was er in diesen Versen findet und dazu kommentiert, ist wie ein Selbstporträt, im Angesicht Gottes aufgenommen und so nicht nur ein frommer Gedanke, sondern Auslegung des Lebens und Licht auf dem Weg. Was Augustinus da schreibt, wurde mir nun zur Darstellung meines eigenen Geschicks. Der Psalm aus der Weisheitsüberlieferung zeigt die Not des Glaubens, die aus seiner irdischen Erfolglosigkeit kommt; wer auf Gottes Seite steht, steht nicht notwendig auf seiten des Erfolgs: Gerade die Zyniker sind oft die Menschen, die das Glück zu verwöhnen scheint. Wie soll man das verstehen? Der Psalmist findet die Antwort im Stehen vor Gott, bei dem er die letzte Belanglosigkeit materiellen Reichtums und Erfolgs begreift und erkennt, was das wahrhaft Notwendige und Rettende ist. »Ut iumentum factus sum apud te et ego sem-per tecum. « (…)
Das lateinische Wort iumentum bezeichnete vor allem die Zugtiere, die für die Arbeit in der Landwirtschaft eingesetzt wurden, und darin sieht er nun ein Bild seiner selbst unter der Last seines bischöflichen Dienstes: Ein Zugtier bin ich vor dir, für dich, und gerade so bin ich bei dir. Er hatte das Leben eines Gelehrten gewählt und war von Gott zum »Zugtier« bestimmt worden - zum braven Ochsen, der den Karren Gottes in dieser Welt zieht. Wie oft hat er aufbegehrt gegen all den Kleinkram, der ihm auf diese Weise auferlegt war und ihn an der großen geistigen Arbeit hinderte, die er als seine tiefste Berufung wußte. Aber da hilft ihm der Psalm aus aller Bitterkeit heraus: Ja, freilich, ein Zugtier bin ich geworden, ein Packesel, ein Ochs - aber gerade so bin ich bei dir, diene dir, hast du mich in der Hand. (…)
Der bepackte Bär, der dem heiligen Korbinian das Pferd oder wohl eher den Maulesel ersetzte, sein Maulesel wurde - gegen seinen Willen, war er so und ist er nicht ein Bild dessen, was ich soll und was ich bin? »Ein Packesel bin ich für dich geworden, und gerade so bin ich ganz und immer bei dir. «
Was könnte ich mehr und Genaueres über meine bischöflichen Jahre sagen? Von Korbinian wird erzählt, daß er den Bären in Rom wieder in Freiheit entließ. Ob er in den Abruzzo ging oder in die Alpen zurückkehrte, interessiert die Legende nicht. Inzwischen habe ich mein Gepäck nach Rom getragen und wandere seit langem damit in den Straßen der Ewigen Stadt. Wann ich entlassen werde, weiß ich nicht, aber ich weiß, daß auch mir gilt: Dein Packesel bin ich geworden, und so, gerade so bin ich bei dir."
Wir wünschen Papst Benedikt weiterhin Kraft, Gesundheit und Gottes Segen für sein schweres Amt als Packesel des Herrn.