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Quatember im Herbst

Mittwoch, Freitag und Samstag dieser Woche sind die Quatembertage des Herbstes. Der Name „Quatember“ wird am überzeugendsten auf das lateinische „quattor temporum“ zurückgeführt, denn viermal im Jahr hält die Kirche für den größeren Teil einer Woche inne, unterbricht quasi den Ablauf des Kirchenjahres, und macht das Jahr selbst in seiner naturgegebenen Folge der Jahreszeiten zum Gegenstand der Betrachtung und des Dankes an den, der uns Jahr und Zeit geschenkt hat. Dabei verbindet sich die herbstliche Quatember seit alters her mit dem Erntedank - und seit alters her heißt hier: Weit in vorchristliche Zeiten zurückgreifend auf Brauch und Gebot des alten Testaments.

Mittwoch und Freitag waren schon die Fasttage, deren Einhaltung sich der Pharisäer im Lukasevangelium (18,12) rühmt; das Fasten an diesen Tagen wurde von den frühen Christen lange beibehalten, der Samstag kam später als Vigil vor der Auferstehungsfeier dazu. Auch die Markierung der vier Jahreszeiten, wie sie in den meisten Teilen der Welt durch Klima und Landwirtschaft vorgegeben werden, durch besonderes Fasten und Beten geht auf das alte Testament zurück (Hesekiel 8:19). Natur und Übernatur gehen zusammen.

Die Liturgie der Quatembertage, wie sie bis ins Missale von 1962 erhalten geblieben ist, reicht weit in die frühesten Zeiten zurück. In fünf alttestamentarischen Lesungen an drei Tagen wird die Geschichte des Bundes Gottes mit seinem auserwählten Volk in der Erinnerung an die vom Schöpfer gewährten Wohltaten aus der Natur nachgezeichnet. So können wir in der  überlieferten Liturgie der Kirche heute noch an diesen drei Tagen im Herbst der Nachhall der Festwochen um das Versöhnungs- und das Laubhüttenfest Israels hören.

„Abgeschafft“ worden sind die Quatembertage nie; ihre Feier wurde - was vielerorts wohl auf das Gleiche hinausläuft - der Fürsorge der nationalen Bischofskonferenzen anvertraut. Allerdings war  Bedeutung und Einhaltung der Quatembern schon vor dem Zeitalter der liturgischen Revolutionen stark zurückggegangen - die Industriegesellschaft hatte für dieses Erbe aus agrarischen Zeiten zunächst keinen Sinn.

Der seit Jahrzehnten zunehmende Naturkult hat in der Kirche zwar die merkwürdigsten Wucherungen hervorgebracht - zu einer Wiederentdeckung der Quatembertage und der in ihnen ausgedrückten Verklammerung von Heilsgeschichte und Naturabläufen hat er nicht geführt. „Das heilsgeschichtlich orientierte Jahr der Kirche kennt kein Ernte-Dankfest“ schreibt Rupert Berger (wenn man Wikipedia hier trauen kann) im aktuellen Lexikon für Theologie und Kirche - ach ja.


Aus Süddeutschland erreicht uns Widerspruch zu dem hier vermittelten Bild, die Quatembertage seien praktisch vergessen und verloren. Zumindest in den Bistümern München und Augsburg seien sie im Direktorium fest definiert, sie würden auch anderswo eingehalten und begangen. Darüber können wir uns nur freuen. Das wäre nicht der einzige Fall, in dem in Deutschland ein liturgisches Nord-Süd-Gefälle zu konstatieren wäre. Über das, was daraus folgt, wäre einmal genauer nachzudenken.

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