Stationskirche am Dienstag der Karwoche: S. Prisca
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- 03. April 2012
Drei von den römischen Stationskirchen der Karwoche gehören zu den bekanntesten Kirchen der Stadt: St. Johannes im Lateran (Palmsonntag, Gründonnerstag und Karsamstag), Groß-St. Marien (Santa Maria Maggiore, Mittwoch) und die Kirche vom Hl Kreuz in Jerusalem am Karfreitag. Kunstliebhaber kennen auch noch S. Prassede (Karmontag), erstens, weil ihre Mosaiken zu den ältesten erhaltenen in der Stadt gehören, und zweitens weil diese Kirche unmittelbar um die Ecke bei Maria Maggiore liegt. Die Stationskirche vom Dienstag der Karwoche gehört demgegenüber zu den kaum bekannten Kirchen Roms, sie liegt abseits der Touristenstrecken am Südhang des Aventin, und da ihre nicht sonderlich eindrucksvoll wirkende Front auch noch aus der Straßenflucht zurückgezogen liegt, kann man leicht daran vorbeilaufen.
S. Prisca gehört zu den ältesten Titelkirchen der Stadt. Sie geht bis auf das 3. Jahrhundert zurück und soll das Andenken einer gewissen Prisca überliefern. Wobei es da nicht allzuviele Gewissheiten gibt: Eine Tradition sieht in ihr jene Prisca oder Priscilla, die zusammen mit ihrem Mann Aquila zu den Freunden und Wohltätern des hl. Apostels Paulus gehört und ihn von Korinth nach Rom begleitet haben soll. Daran kann man mit guten Gründen zweifeln: Es ist schwer vorstellbar, daß eine Zeltmacherfamilie mit Migrationshintergrund sich in dieser seinerzeit sehr beliebten Wohngegend hätte ansiedeln können.
Eine andere und nicht ganz so unwahrscheinliche Tradition sieht als Ursprung dieses Titulus die Hauskirche einer Märtyrerin Prisca, die im 3. Jh. an der Straße nach Ostia hingerichtet und später auf ihrem Besitztum bestattet wurde. Vielleicht gehört S. Prisca aber auch zu den vielen römischen Kirchen, die nach Überwindung des Heidentums in den Mauern früherer Tempel errichtet wurden: Ein Teil der Grundmauern scheint zu einem früheren Dianatempel oder Nymphäum aus dem 2. Jh. zu gehören, an anderer Stelle wurden unter der Kirche Reste eines Mithräums ausgegraben. Früheste eindeutig christliche Spuren – ein Oratorium mit Fresken der Apostel – stammen aus dem 4. Jahrhundert.
Eine im 7. Jahrhundert auf den alten Mauern errichtete typisch römische dreischiffige Basilika wurde im Lauf der Jahrhunderte mehrfach renoviert und modernisiert. Im 17. und 18. Jahrhundert erhielten der Innenraum und die Fassade ihr heutiges barockes Aussehen. Der Raumeindruck insgesamt wurde dabei kaum verändert, und tatsächlich stecken in den heute sichtbaren gemauerten Pfeilern auch noch die Marmorsäulen des Baus aus dem 7. Jahrhundert. Der Volksaltar steht heute ziemlich genau an der Stelle, an der sich früher der Abgang zu einer (teilweise erhaltenen) Confessio oder Krypta befunden hat. Einer Wiederherstellung der ursprünglichen Anlage zu gegebener Zeit dürfte nichts im Wege stehen.