Bereichsnavigation Themen:

Weihe und Krönung des Königs

Heute ist nach dem überlieferten Kalender der Gedenktag des hl. Königs Stephan von Ungarn - eines der wenigen Könige des Mittelalters, die von der Kirche zur Ehre der Altäre erhoben wurden. Spontan fallen ein Kaiser Heinrich II., Ludwig IX. von Frankreich, Ferdinand III. von Kastilien, Kasimir IV. von Polen - dann wird es schon eng. Die Zahl der heiligen Königinnen ist übrigens erheblich größer - aber die mussten ja auch nicht regieren.

Der seltene Feiertag eines hl. Königs ist uns Anlass zu einem Blick in die traditionelle Form des Pontificale Romanum, wie sie unter Benedikt XIV. erarbeitet wurde und bis 1961 in Geltung war - freilich in vielem längst außer Gebrauch. Dieses Pontifikale, dessen Vorgängerversionen bis ins 10. Jahrhundert zurückreichen, enthält unter anderem auch detaillierte Vorgaben für die liturgische Form der Einsegnung und Krönung eines Königs - sie steht im Rang übrigens hinter der Jungfrauenweihe, die den Abschnitt über die Angehörigen der geistlichen Stände abschließt.

Das Pontifikale legt großen Wert darauf, die freilich schon zur Zeit seiner Kodifizierung nur noch fiktive Unterordnung der weltlichen unter die mit der göttlichen gleichgesetzte kirchliche Gewalt zu betonen. Das beginnt mit der Vorgabe, der Thron dürfe nicht höher stehen als die obere Stufe des Altars - auf der der Bischofssitz seinen Platz hatte, und äußert sich dann in einer Vielzahl von Bestimmungen, die alle zum Ausdruck bringen, daß der König sein Amt von Gott erhält, und die Kirche ihm in Vertretung Gottes gegenübertritt.

In der Woche vor der Krönung war der König zu einem dreitägigen Fasten aufgefordert und sollte sich auf den Empfang der hl. Kommunion vorbereiten. Am Sonntag der Krönung selbst versammelten sich der Metropolit und seine Mitbischöfe in Chormantel und Mitra vor dem Hauptaltar der Kathedrale. Wenn der König mit seinem Hofstaat vor der Kathedrale ankam, gingen ihm zwei ranghohe Bischöfe entgegen; sie begrüßten ihn, ohne die Mitra abzunehmen, während der militärisch gewandete König sein Barett abnahm und mit seinem Gefolge die Kirche betrat. Dort wurde er von den beiden Bischöfen vor den Metropoliten geführt und mit den Worten vorgestellt:

Ehrwürdigster Vater, die heilige Mutter Kirche fordert Euch auf, den hier anwesenden vornehmen Ritter zur Könisgeehre zu erheben“. Der Metropolit antwortet: „Wisst Ihr, ob er zu dieser Würde würdig und geeignet ist“, worauf diese sagen: „Wir wissen und glauben, daß er zum Wohle der Kirche Gottes und zur Regierung seines Reiches würdig und fähig ist.“

Daraufhin nimmt der zukünftige König gegenüber dem Metropoliten Platz, der die eigentliche Segnungs- und Krönungszeremonie mit einer eindringlichen Ermahnung eröffnet. Sie ist komprimierter Ausdruck des überlieferten Staats- und Herrschaftsverständnisses der Kirche bis zu dessen Anpassung an die Moderne im vergangenen Jahrhundert. Sie soll daher hier vollständig wiedergegeben werden:

Da Du, bester Fürst, heute aus unserer Hand, der wir trotz unserer Unwürdigkeit die Stelle unseres Herrn Jesus Christus vertreten, die Heilige Salbung und die Insignien der Herrschaft empfangen sollt, geziemt es sich, daß wir Dich zuvor über die Pflichten unterrichten, die Dir auferlegt sein werden. Du empfängst heute die Herrschaftswürde und die Verantwortung das Dir anvertraute gläubige Volk zu regieren. Das ist wahrhaft eine erhabene Stellung unter den Menschen, aber sie ist auch voller Gefahren, Mühen und Kümmernisse. Wenn Du recht bedenkst, daß jede Macht von Gott dem Herrn kommt, durch den die Könige herrschen und die Gesetzgeber erkennen, was recht ist, dann wirst auch Du Gott dem Herrn über die Dir anvertraute Herde Rechenschaft geben müssen.

An erster Stelle sollst Du dem Herrn Deinem Gott mit Deinem ganzen Geist und Deinem ganzen Herzen dienen. Du sollst daher den Christlichen Glauben und die katholische Religion, die Du von Kindheit an bekennst, bis zum Ende unversehrt erhalten und gegen alle ihre Gegner nach Kräften verteidigen. Du sollst den Würdenträgern der Kirche und den übrigen Priestern die ihnen gebührende Ehre erweisen und die Freiheit der Kirche nicht beeinträchtigen.

Du sollst unerschütterlich Gerechtigkeit walten lassen, ohne die keine Gesellschaft bestehen kann, und den Guten Belohnung, den Bösen die verdiente Strafe zukommen lassen. Du sollst die Witwen, Waisen, die Armen und Schwachen vor jeder Bedrückung beschützen. Allen, die sich an Dich wenden, sollst Du um der Würde Deines Amtes Willen gütig, sanftmütig und zugänglich begegnen. Wenn Du so handelst und nicht zu Deinem, sondern zum Nutzen des ganzen Volkes herrschst, kannst Du den Lohn für Deine guten Taten nicht nur auf Erden, sondern auch im Himmel erwarten. Das möge gnädig der gewähren, der als Gott lebt und herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen."

Zusätzliche Informationen