Dom Gueranger zum Aschermittwoch
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- 18. Februar 2015
(Die Kirche) eröffnet mit dem heutigen Tag die heilige Zeit, indem sie die Stirne ihrer Kinder mit Asche bezeichnet, und einem jeden die schrecklichen Worte des Herrn wiederholt, die uns dem Tode weihen. Aber der Gebrauch der Asche als Symbol der Demuth und der Buße ist schon viel älter. Wir finden denselben bereits im Alten Bunde, ja selbst im Heidenthum. Schon Job bestreute sein von der Hand Gottes geschlagenes Fleisch mit Asche und flehte die Barmherzigkeit des Herrn an (Job 16,16); das ist jetzt länger als 4000 Jahre.Später mengte der königliche Prophet in der glühenden Zerknirschung seines Herzens Asche unter das bittere Brod, das er aß (Ps. 101,10), und ähnliche Beispiele finden sich noch manche sowohl in den historischen wie in den prophetischen Büchern des Alten Testaments. Man fühlte unwillkürlich die Ähnlichkeit zwischen den Staubresten eines Gegenstandes, den die Flamme verzehrt hat, und einem sündigen Menschen, dessen Körper unter dem Feuer der göttlichen Gerechtigkeit zu Staub zerfällt. Um doch die Seele vor der rächenden Flamme des Himmels zu retten, eilte der Sünder zur Asche; in der Erkenntniß, daß er ihr gleiche, fühlte er ein Schutzmittel vor dem Zorne dessen, der den Stolzen widersteht und den Demüthigen gnädig ist.
Ursprünglich wurden am Aschermittwoch nicht alle Gläubigen mit Asche bezeichnet; es gab vielmehr gewisse Sünden, für welche die Kirche eine öffentliche Buße verhängte, und nur solche Sünder erhielten die Asche. Vor der Messe dieses Tages erschienen die Schuldigen in der Kirche, woselbst alles Volk versammelt war. Die Priester empfingen das Bekenntniß ihrer Sünden, darauf zogen sie härene Bußgewänder den Sündern an und streuten Asche auf die Häupter derselben. Nachdem dies geschehen, warfen sich geistliche und Volk auf die Erde und man betete laut die siedben Bußpsalmen, Hierauf ordnete sich die Procession, an welcher die Büßer mit nackten Füßen Theil nahmen. Nachdem die Procession vorüber, wurden sie feierlich vom Bischofe aus der Kirche vertrieben, der ihnen zurief: „Hiermit treiben wir euch aus dem Umkreis der der Kirche wegen eurer Sünden und Missethaten, wie Adam, der erste Mensch, wegen seiner Übertretungen aus dem Paradies vertrieben wurde.“ Der Klerus sang dann einige der Genesis entnommene Responsorien; dieselben enthielten die Worte des Herrn, welche den Menschen verurtheilen, im Schweiße seines Angesichtes der von nun an verfluchten Erde sein Brod abzuringen. Endlich wurden die Kirchenthüren hinter den Vertriebenen geschlossen, und sie durften nicht eher mehr die Schwelle überschreiten, als am Gründonnerstage, an welchem sie die feierliche Absolution empfingen.
Nach dem eilften Jahrhundert begann diese öffentliche Buße in Wegfall zu kommen. Dafür jedoch wurde der Gebrauch, sich mit Asche zu bestreuen, immer allgemeiner und hat heute seine Stelle unter den wesentlichen Ceremonien der römischen Liturgie.
Den Text entnehmen wir (gekürzt) Guerangers "Kirchenjahr", Bd. 4, S. 223-225.
Das Bild von der mit Gitarre und Bongo offenbar sehr vergnüglich gestalteten "Aschenkreuz-Feier" in der Mittelschule St. Marien der Barmherzigen Schwestern in Wien fanden wir auf deren Website. Sehenswert.