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445 Jahre „Quo primum“

Heute vor 445 Jahren, am 14. Juli 1570, erließ Papst Pius V. die Bulle Quo Primum, mit der er das nach dem Auftrag des Konzils von Trient revidierte Römische Messbuch für die ganze Kirche in Kraft setzte. Er verband das nicht, wie manchmal behauptet wird, mit einer „Abschaffung“ sämtlicher bis dahin gebrauchten Riten und Bücher. Ganz im Gegenteil bestätigte er ausdrücklich, daß Kirchen und Gemeinschaften, die „ununterbrochen einen mindestens 200 jährigen Ritus eingehalten haben", bei diesem traditionellen Gebrauch bleiben können - nicht müssen. Die reichlich pauschale 200-Jahres-Frist erklärt sich damit, daß der Papst - im großen Ganzen zutreffender Weise - der Ansicht war, daß diese Frist die Gewähr dafür böte, daß noch keine Irrtümer der Reformation oder ihrer Vorläufer in die betreffenden Riten eingedrungen waren. Denn das war - so wird es in Quo primum mehrfach ausdrücklich gesagt - das eigentliche Ziel der Reform: Die Widerherstellung eines von Irrtümern und Irrlehren gereinigten Zustandes - nicht etwa die Anpassung an ein gewandeltes Verständnis oder eine veränderte Gefühlslage der Gläubigen.

Pius V. bewehrte das neue Missale und seine Bulle mit starken Wendungen gegen künftige Veränderung und „setzte fest, daß diesem Unserem gerade herausgegebenen Missale niemals etwas hinzugefügt, weggenommen oder an ihm etwas verändert werden darf.“ Außerdem bestimmte er:„Auch kann das vorliegende Schreiben niemals widerrufen oder modifiziert werden. Es bleibt vielmehr im vollen Umfang und für immer rechtskräftig bestehen.“ Tatsächlich wurde die Bulle bis letztmalig 1962 auch jeder Neuauflage des Missales vorangestellt. Erst Paul VI. fühlte sich befugt, nicht nur das Messbuch grundstürzend umschreiben zu lassen, sondern auch Quo primum stillschweigend zu entsorgen.

Kirchenjuristen mögen darüber streiten, ob Pius V. berechtigt war, jede künftige Veränderung des Missales zu verbieten und ob ein solches Verbot seine Nachfolger binden konnte. Solche Erwägungen gehen jedoch haarscharf am Kern der Sache vorbei. Selbst wenn die Bulle des Papstes an starken Worten nicht spart - wir befinden uns schließlich im anbrechenden Barock - so wollte er sicher nicht jede Veränderung ausschließen. Jedenfalls haben ihn seine Nachfolger nie so verstanden. Schon sein unmittelbarer Nachfolger Gregor XIII. stieß gerade einmal 12 Jahre nach der feierlichen Promulgation von Quo Primum mit seiner Kalenderreform eine ganze Welle von Veränderungen an, die wir heute als „redaktionell“ bezeichnen würden. Andere Nachfolger, hervorzuheben ist hier insbesondere Clemens VIII., der ab 1592 auf dem Stuhl Petri saß, nahmen zahlreiche Veränderungen am Heiligenkalender vor, und fügten viele Feste (wieder) ein - auch solche, die bei der Erstellung des Missale von Pius V. weggelassen worden waren.

Solche „Updates“ waren denn auch ständige Übung bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts, ohne daß jemals jemand auf den Gedanken gekommen wäre, darin einen Verstoß gegen Quo primum zu sehen. Offenbar war man übereinstimmend der Ansicht, daß lediglich der Ordo Missae und dort vor allem der Kanon gegen jede Veränderung geschützt sei, während der Kalender, die Gebete und Formeln des Propriums und einzelne Riten sehr wohl nach wechselnden Bedürfnissen angepasst werden konnten. Tatsächlich hat es in den ganzen Jahrhunderten nach Pius V. nie eine Veränderung des Kanons gegeben - bis Johannes XXIII. sich 1962 entschloss, den hl. Joseph ins Communicantes aufzunehmen. Erst Papst Paul VI. sah sich befugt, den gesamten Ordo einschließlich des Canons völlig neu schaffen zu lassen. Dabei erscheint seine „Reform“ in vielem als das genaue Gegenteil der von Pius V. Wo dieser peinlich genau darauf achtete, alle häretischen Elemente, die in den unruhigen Jahrhunderten um die Reformation in die Messfeier eingedrungen sein mochten, wieder heraus zu drängen, öffnete das Consilium Bugninis den Missdeutungen, Fehldeutungen und Entstellungen der katholischen Lehre seit Luther und Cranmer Tür und Tor.

Hier fanden wir eine deutsche Übersetzung von Quo primum im Netz.

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