Nicht jammern - tun!
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- 20. Januar 2016
Am vergangenen Freitag feierte das Ordinariat unserer lieben Frau von Walsingham den 5. Jahrestag seiner Errichtung. Fr. John Hunwicke, Priester des Ordinariats, hat dazu auf seinem Blog einen bemerkenswerten Beritrag verfaßt, den wir hier vollständig übersetzen:
Mit der Feier des 5. Jahrestages unseres Ordinariats feiern wir natürlich auch unseren Gründer – mit großer Liebe, Treue und Dankbarkeit gegen Gott. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wo sie waren, als sie von der Wahl Benedikts erfuhren. Ich weiß es auf jeden Fall noch (ein kleines Dorf bei Lands End) und ich erinnere mich an diesen plötzlichen Ausbruch von Freude: Unser Freund ist Papst geworden Jetzt kann alles geschehen!
Drei Dinge, die geschehen sind, drei zusammengehörige Dinge, zeichnen das letzte Pontifikat ganz besonders aus: Die Lehre hinsichtlich der Hermeneutik der Reform in Kontinuität, Summorum Pontificum und Anglicanorum Coetibus. Dazu gleich mehr.
Ich wünschte, ich könnte als 4. Dazu das Jahr des Glaubens nennen. In diesem Jahr sollte, so die Hoffnung des heiligen Vaters, eine wirkliche Wahrnehmung dessen erfolgen, was das Konzil tatsächlich gesagt hat. Leider war diesem Versuch kein großer Erfolg beschieden. Die Tradis hoffen einfach, daß das Konzil möglichst bald in Vergessenheit gerät. Die Progressiven werden in ihren schlaflosen Nächten von einer nagenden Furcht geplagt: nämlich daß gewöhnliche Katholiken die Dokumente des Konzils tatsächlich lesen und so die Täuschungen erkennen könnten, die ihnen nach dem Konzil von wohlmeinenden Männern vorgesetzt wurden, die bereit waren, die Unwahrheit zu sagen, weil alles schnell gehen sollte.
Keine der beiden Seiten hatte ein Interesse daran, den Staub von den alten vergilbenden Bänden wegzublasen.
Papst Benedikt hatte erkannt, daß die nachkonziliaren Entstellungen zu tief eingewurzelt waren, um sie über Nacht durch bloße Anordnung von oben zu beseitigen – obwohl er durch lehramtliche Dokumente, auf die man sich berufen konnte, Unterstützung dafür bot. Statt dessen entschied er sich als Werkzeug für die interessante und durchaus dem Stil der Zeit entsprechende Idee der Subsidiarität. Wenn Bischöfe mit Applomb von Subsisarität sprechen, denken sie natürlich an nichts anderes als möglichst viel Macht an sich und die Bischofskonferenzen zu reißen. Elegant, ja geradezu listig, konterkarierte Benedikt das, indem er jedem Priester der lateinischen Kirche das Recht zum Gebrauch der außerordentlichen Form einräumte, ohne irgend jemanden um Erlaubnis fragen zu müssen.
Was für eine ärgerliche Ironie: „Subsidiarität“ nicht als weiteres Machtinstrument für die Muskelspiele liberaler Bischöfe, sondern als unveräußerliches Recht für einen jeden Priester selbst untergeordneter Position, ja sogar für jeden coetus von Laien. Kein wunder, daß es in den progressistischen Bereichen der bischöflichen Lande zu Wutausbrüchen kam und man versuchte, die neuen Gesetze auf trickreiche Weise zu umgehen. Sed frustra.
Dabei lohnt es sich, auch an das lehrmäßige Element dieser Initiative zu erinnern: Benedikts klare und eindeutige Lehre, daß ein Ritus, der durch einundeinhalb Jahrtausende des Gebrauchs geheiligt ist, nicht einfach verboten werden kann. Er schrieb nicht „sollte“, sondern „kann“. In anderen Worten: In liturgischen Dingen hat die Tradition mehr Gewicht, mehr auctoritas, als ein bloßer Akt der Gesetzgebung.Für Katholiken ist das einigermaßen revolutionär. So etwas hatte ich zuvor nur in anglikanischen oder orthodoxen Kreisen gehört – besonders nachdrücklich, wenn ich mich mit dem gelehrten Propst Michael Moreton von Exeter unterhielt. Vor 70 Jahren schrieb Dom Gregory Dix davon, daß die letzte Autorität für die Liturgie nicht das Gesetz, sondern das Herkommen sei.
Benedikts Misstrauen gegenüber „liberalen“ Episkopaten liegt auch seinen weisen Vorgaben für katholische Anglikaner zugrunde. Er hatte das Debakel der 90er Jahre miterlebt (als die katholischen Bischöfe den Übertritt geschlossener anglikanischer Gruppen vereitelten) und war entschlossen, die Fehler, die in dieser traurigen Periode gemacht worden waren, zu vermeiden. Daher vermied er es peinlich, die lokale Hierarchie zu konsultieren (glücklicherweise brach auch keiner der Beteiligten die Vertraulichkeit) und brachte seine Pläne ohne öffentliche Aufmerksamkeit zu Ende, um sie dann der nichtsahnenden Öffentlichkeit zu enthüllen. Auf ihrergemeinsamen Pressekonferenz zur Schadensbegrenzung machte der (Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz) Vincent Nichols einen noch schockierteren Eindruck als (der anglikanische Primat) Rowan Williams. Das war für uns schon ein merkwürdiger Augenblick: Wir waren außer uns vor Freude, während der Erzbischof, dem wir den Rücken kehrten, und der, dem wir uns anschlossen, gleicherweise entsetzt zu sein schienen!
Als wir uns dann das Kleingedruckte anschauten, stellten wir fest, daß der Papst sein Bestes getan hatte, um Vorkehrungen dagegen zu treffen, daß die Ortsbischöfe die Sache an sich ziehen könnten. Wenn ein neuer Ordinarius ernannt werden soll, wird die Terna nicht von einem Nuntius zusammengestellt, der sich möglicherweise zu sehr „eingewöhnt“ und den Ansichten einiger Ortsbischöfe angepasst hat. Nein, die Terna wird vom Rat des Ordinariats zusammengestellt. Dieses Detail zeigt auch Benedikts großes Vertrauen in die Rechtgläubigkeit und die Besonnenheit des zukünftigen Ordinariatsklerus, der zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht einmal der vollen Gemeinschaft mit der Kirche zugehörte. Die Kontakte, die wir geknüpft hatten, hatten funktioniert. Er kannte uns, und er vertraute uns.
Benedikt versuchte ein sorgsam entwickeltes Magisterium zu hinterlassen, aber Kernstück seines Planes war, guten und treuen Gläubigen, seien sie Katholiken der überlieferten Liturgie oder hinzukommende Anglikaner oder wer auch immer, die Freiheit und den Schutz zu geben, der Führung und dem sanften Hauch des Heiligen Geistes zu folgen – und das mit so wenig Gefahr der Unterdrückung durch lokale kirchliche Instanzen wie möglich.
Ich sehe nichts, was dieser gute alte Mann mehr hätte tun können, oder wie er das was er getan hat, hätte besser machen können. Nun liegt es an uns, die befleckten Heiligtümer wieder zum Glänzen zu bringen, den Rauch Satans aus dem Tempel zu vertreiben und das Volk Gottes wieder zu dem Glauben zurückzuführen, der ihre Vorfahren geheilgt und gerettet hat. Pulchritudo tam antiqua et tam nova. Zum Glauben unserer Väter, der vielerorts fast vergessen ist oder mit dem gleichen ideologischen Haß betrachtet wird, denn das Regime von Elizabeth Tudor vor Jahrhunderten im Zeitalter der Märtyrer gegen ihn aufbrachte. „Gib uns die Mittel, und wir werden die Arbeit zu Ende bringen“ erbaten wir von Joseph Ratzinger. Er tat es, und nun liegt es an uns, nicht zu jammern, sondern zu tun.
Meine Güte, was für ein großartiges Pontifikat, das wir da erleben durften. Quis inter doctores Benedicto sapientior? Quis inter mystagogas sagacior? Vivat, Vivat Benedictus! Ad multos annos, plurimosque annos.