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Schlacht von Temesvar

Der 16. Oktober 1716 – also gestern vor 300 Jahren – markiert ein entscheidendes Datum in der vielhundertjährigen Geschichte des Krieges der osmanischen Türkei gegen das christliche Europa. An diesem Tag zwang die Armee der „Heiligen Liga“ unter Prinz Eugen von Savoyen die türkischen Besatzer von Temesvar (heute Timisoara in Rumänien) zur Kapitulation und beseitigte damit den letzten Stützpunkt des Islam auf dem Gebiet des alten Königreichs Ungarn.

Tatsächlich ist das Jahr 1716 als ein Schlüsseljahr für die Rückeroberung Südosteuropas von der türkischen Oberherrschaft zu betrachten. Der Vorstoß Istanbuls gegen Europa war zwar bereits 1683 mit der Abwehr der Zweiten Wiener Türkenbelagerung zum Stehen gebracht worden, und 1699 hatte das Osmanische Reich im Frieden von Karlowitz auf sämtliche Eroberungen nördlich der Donau – mit Ausnahme des Banats – verzichten müssen. Auch Moldawien und die Walachei waren nicht mehr türkisch besetzt, blieben dem Sultan jedoch nach wie vor tributpflichtig.

Getreu der Doktrin, daß einmal dem Propheten unterworfenes Gebiet immer dem Islam zugehöre, hatte sich das Sultanat mit diesem Friedensvertrag jedoch niemals abgefunden. In der Erwartung, daß das durch den spanischen Erbfolgekrieg geschwächte Habsburg sich zurückhalten müsse, hatte die osmanische Türkei nach einem erfolgreichen begrenzten Krieg (1711) gegen Russland 1714 der Republik Venedig den Krieg erklärt und 1715 einen Vielfrontenkrieg in der Ägäis und auf dem Balkan begonnen.

Diese Krieg verlief anfänglich durchaus erfolgreich für das Sultanat. Papst Clemens XI. – von Geburt her übrigens albanischer Herkunft – erkannte die Gefahr und entwickelte intensive diplomatische Aktivitäten, um den Habsburgern den Rücken in Westeuropa freizuhalten, außerdem stellte er Finanzmittel für die Ausrüstung habsburgischer Truppen bereit. Auf dieser Grundlage erneuerte Wien sein Bündnis mit Venedig – worauf die Türken Österreich im April 1716 den Krieg erklärten. Im Juli marschierte der Sultan mit einem Heer von 200 000 Köpfen in Richtung Peterwardein an der Donau ein. Das war allerdings kein 200 000-Mann-Heer, denn die Invasion bestand neben etwa 100 000 Soldaten auch aus einem gewaltigen Tross von Handwerkern, Händlern, Ehefrauen und sogar Haremsdamen: Die Eroberer kamen, um zu bleiben.

Den von Prinz Eugen angeführten Truppen der Liga gelang es Anfang August, die türkische Invasionsarmee vor Peterwardein abzufangen und ihr eine vernichtende Niederlage zu bereiten. Der kommandiere Großvesir kam ums Leben, die Liga machte reiche Beute – von der ein Teil noch heute in historischen Museen Wiens zu besichtigen ist. In Rom ließ Papst Clemens alle Glocken läuten: Dieser Sieg war auch sein Sieg. Um den militärischen Erfolg von Peterwardein optimal zu nutzen, stieß Eugen nach und führte das Heer der Liga weiter zur Belagerung von Temesvar – dem letzten großen osmanischen Stützpunkt im Raum nördlich der Donau. Nach der Kapitulation von Temesvar waren nur noch „Aufräumarbeiten“ zu leisten – unter diesen freilich noch harte Prüfungen wie die Rückeroberung von Belgrad im folgenden Jahr. Der Frieden von Passarowitz 1718 bestätigte im großen ganzen den auf den Schlachtfeldern erreichten Stand, die Gefahr der islamischen Expansion nach Europa war für drei Jahrhunderte gebannt.

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