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Lehre aus der Liturgie

Bild: WikimediaEs war am Nikolaustag des Jahres 1273, als der hl. Thomas von Aquin während seiner Feier der hl. Messe jene Vision erfuhr, die ihn dazu bewog, die bis dahin geradezu manisch betriebene wissenschaftliche Tätigkeit – er beschäftigte oft drei oder vier Schreiber gleichzeitig – von einem Tag auf den anderen einzustellen: „Alles, was ich geschrieben habe, erscheint mir wie Stroh“. Wenige Monate später, am 7. März 1274, starb Thomas im Alter von 49 Jahren.

Das ganze Leben von Thomas, der seine Erziehung bei den Benediktinern von Montecassino genoss, ist vom Atmen in der Liturgie durchdrungen. Später trat er dem nicht nur gegen die Häretiker, sondern auch in Stoßrichtung gegen die damalige Verweltlichung der Kirche (und vieler Benediktinerklöster) neugegründeten Orden der Prediger bei. Stets war das Offizium, insbesondere der Gesang der Psalmen, und die Feier der hl. Messe Kernstück des Lebens für ihn ebenso wie für seine Mitstreiter. Sein Verstummen wurde denn auch nie als ein Dementi dessen, was er vorher geschrieben hatte, aufgefasst, sondern immer als Bekräftigung dessen, daß die von ihm gedanklich durchdrungene, in wissenschaftlichen Büchern dargelegte und in Gedichten (Lauda Sion, Pange lingua) besungene Wahrheit das, was Menschen „wie durch Glas“ wahrnehmen können, unendlich übersteigt.

Die Liturgie ist für Thomas nicht Gegenstand der Forschung oder Thema seiner Bücher, sondern neben der Offenbarung und der überlieferten Lehre selbst Quelle des Glaubens und des Wissens. Deshalb gibt es von ihm auch keine „liturgischen Werke“ und auch keine eigentliche „liturgische Lehre“ - man muß schon etwas tiefer graben, um den liturgischen Gehalt seines Denkens zu Tage zu bringen. Glücklicherweise hat sich schon vor fast 20 Jahren David Berger der Mühe unterzogen, solche Grabungen vorzunehmen und die Ergebnisse in einigermaßen verständlicher Form zu veröffentlichen: Thomas von Aquin und die Liturgie, Köln 2000. Als Book on Demand auch heute jederzeit verfügbar.

Die Aktualität dieser interpretierenden Zusammenstellung hat seit der ersten Veröffentlichung damals eher noch zugenommen: Die Angriffe gegen die überlieferte Lehre der Kirche vom heiligen Messopfer werden ständig stärker und sind längst im Zentrum der etablierten Theologie angelangt. Gleichzeitig ist – nicht zuletzt als Auswirkung der gescheiterten Liturgiereform – die Widerstandskraft des katholischen Volkes gegen derartige Entstellungen fast völlig geschwunden. Da ist es durchaus willkommen, auch auf Thomas zurückgreifen zu können – zumal der Aquinate in den Dokumenten des 2. vatikanischen Konzils in einer Weise hervorgehoben worden ist wie wohl noch nie ein Lehrer der Kirche zuvor.

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