Bereichsnavigation Themen:

Kirche ist Tradition

Bild: Wikimedia CommonsEcclesiologie im Katechismus Canisii 

Auf den ersten Blick scheint das ein arges Mißverhältnis zu sein: Für die Darlegung der 10 Gebote wendet Petrus Canisius in seinem "mittleren Katechismus" gerade einmal 15 Seiten auf - für die Gebote der Kirche braucht er 25. Bei näherem Hinsehen erklärt sich das: Das Kapitel über die Kirchengebote enthält eine ausführliche Lehre von der Kirche, die begründen soll, daß die Kirche die Vollmacht hat, gültig und verbindlich Gebote zu Gegenständen zu erlassen, die in der hl. Schrift gar nicht oder so nicht behandelt worden sind. Das Hauptargument, das der Heilige zur Begründung dieser Vollmacht der Kirche anführt, ist die Tradition: Was immer, überall und von allen für wahr und verbindlich gehalten worden, von den Hirten verkündet und in Kirchensammlungen bekräftigt worden ist – das hat gleichen Rang wie das, was Christus und seine Apostel gelehrt haben.

Er zitiert den hl. Augustinus:

Wenn dasjenige, was wir nicht aus der Schrift, sondern aus der Überlieferung beobachten, auf dem ganzen Erdkreise beobachtet wird, so erhellet hieraus, daß es als etwas entweder von den Aposteln selbst, oder von allgemeinen Kirchenversammlungen (deren Ansehen in der Kirche sehr heilsam ist) Empfohlenes oder Eingesetztes gehalten werde.

Selbstverständliche Voraussetzung dafür ist, daß die Verkündigung tatsächlich auf einer ungebrochenen und von den Vätern und Konzilien immer wieder bekräftigten Lehre beruht. Er lehnt jeden Gedanken an irgend ein Abweichen von dieser Tradition oder gar eigenwilligen Neuerungen ab. Ausdrücklich warnt er davor, Mit den Worten des Kirchenvaters Basilius unterstreicht er:

Wenn wir einmal daran gehen, die Satzungen und Gebräuche, die nicht geschrieben sind, als wäre an denselben nicht viel gelegen, zu verwerfen, so werden wir heimlich und allmählig die gewissen Sprüche des Evangeliums selbst umstossen, oder vielmehr die Predigt desselben zu einem eitlen Namen machen.

Zur Bekräftigung dessen führt er eine sehr entschiedene Stelle bei Origines an, den er als „einen berühmten und sehr alten Schriftsteller“ vorstellt:

Ein jeder ist von uns für einen Ketzer zu halten, der da bekennt, daß er zwar an Christus glaube, doch von der Wahrheit des christlichen Glaubens etwas anderes halte, als es der Bestimmung der kirchlichen Überlieferung entspricht.‘ Und an anderer Stelle: ,Das allein ist für die rechte Wahrheit zu halten, was in keinem Stück der kirchlichen Überlieferung entgegen steht.‘

Der Garant dafür, daß die Kirche dieser Überlieferung stets treu bleibt, ist für Petrus Canisius der Papst. Zur Begründung von dessen Rang als dem wahren Notar der Tradition führt er eine ganze Seite lang die verschiedensten Autoritäte an, um dann dann mit einem Zitat aus Irenäus von Lyon zu schließen:

Es ist notwendig, daß die ganze Kirche, das heißt, alle Gläubigen allenthalben mit dieser Kirche (des. hl. Petrus) übereinstimmen wegen ihres mächtigen Vorranges, in welcher allzeit die von den Aposteln kommende Überlieferung sich bei den Gläubigen, sie mögen sein, wo sie wollen, erhalten hat.“

Daß die Kirche von Rom sich eines Tages außerstande sehen könnte, die ihr anvertraute Lehre und Wahrheit in der gebotenen Klarheit zu verkünden, wäre ihm gänzlich undenkbar erschienen. Den 10. Abschnitt im Kapitel von den Geboten der Kirche leitet er mit der Frage ein:

Welches ist nun die Würde und das Ansehen der Kirche?

Dieses nämlich, daß Gott seine Kirche mit vielen und wahrlich außerordentlichen Gaben, Verheißungen , und Wohltaten verherrlicht. Diese schmückt, verteidigt und rettet er allzeit. Diese hat er auch zu seinem Hause gemacht, in welchem alle Kinder Gottes genährt, unterwiesen und geübt werden sollen. Er hat gewollt, daß sie eine Säule sei und Grundfeste der Wahrheit, damit wir an der Lehre derjenigen nicht zweifeln, welche als eine Lehreren, Bewahrerin und Auslegerin der Wahrheit Glauben und unverletzliche Autorität hat. Überdies hat er beschlossen, daß diese Kirche auf den starken Felsen gebaut sei, damit wir gewiß seien, daß sie unbeweglich und unumstößlich fest stehe, und selbst vor den Pforten der Hölle, das ist, von den heftigsten Angriffen der Feinde, nicht überwunden werden könne. Endlich will er, daß sie jene heiligste Stadt sei, auf einem Berg erbaut, die alle sehen nd zu er man leicht kommen könne, damit nicht jemand sie vcelasse, die giftigen Gruben und Winkel der Ketzer aufsuche, und durch jene falschen Stimmen: ;Siehe, hier ist Christus, siehe, dort ist er!‘ betäubt von ihr weiche und sich trenne (…) Dieser Kirche hat er verheißenund treu gesendet und zurückgelassen einen Lehrer, Vorsteher und Regenten, den heiligen Geist, von dem er sagt: ,Er wird euch alles lehren, was ich euch gesagt habe‘.Er wird bei euch bleiben ewiglich. Er wird euch alle Wahrheit lehren, was nämlich zu wissen und zu glauben notwendig ist.“

Nie wäre es ihm in den Sinn gekommen, daß höchste Würdenträger der Kirche eines Tages unter der Bemäntelung als „pastorale Notwendigkeit“ in Zweifel ziehen könnten, was Christus selbst ihnen und uns in jenseits allen Zweifels klaren Worten gesagt hat.

Zusätzliche Informationen