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Noch einmal: Die neuen Dekrete für den alten Ritus

Bild: Von der Website des AutorsFr. John Hunwicke hat sich noch einmal mit den kürzlich erlassenen Dekreten zur Weiterentwicklung des überlieferten Ritus befasst und geht dabei auf einige bemerkenswerte Aspekte der bisherigen und künftiger Weiterentwicklungen von Liturgie ein. Wir haben den Beitrag, der gestern auf Mutual Enrichment erschienen ist, komplett übersetzt:

Es war einmal...

Es gibt einen unwiderleglichen Beweis, auch ein Photo ist dabei, daß am 26. Dezember 1966 ein gewisser höherer Oberer, Erzbischof sogar, die heilige Messe „ad populum“ und in Konzelebration mit seinen Mitbrüdern zelebriert hat. Das wäre an sich kaum bemerkenswert. Es war anderthalb Jahre nach der Promulgation (7. März 1965) des nachkonziliaren Ritus Servandus für die Konzelebration. Und tatsächlich hatten disziplinlose Kleriker schon seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, nach Belieben herumexperimentiert.

Was diese Information etwas pikant macht, ist, daß es sich bei dem Erzbischof um Marcel Lefebvre handelte, den Generaloberen der Spiritaner – Missionsgesellschaft vom Heiligen Geist.

Mir geht es hier um drei Punkte:

1. Nur vier Konzilsväter haben seinerzeit gegen die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium gestimmt. Wie ist das zu verstehen? Es gibt immer noch Leute, die uns anlügen und täuschen und die auf diese Zahl verweisen, um uns wahrheitswidrig weiß zu machen, daß alle Konzilsväter außer jenen vier sehr dafür waren, daß

a) nach dem Konzil so viele bösartige und überflüssige Veränderungen an den Texten der liturgischen Bücher vorgenommen wurden; und

b) eine ganze liturgische Kultur mit einem Schlag und unter Anwendung von Druck und Einschüchterungen zerstört wurde; und

c) die Kirchen brutal vandalisiert worden sind.

Die explizit oder implizit aufgestellte Behauptung, daß all diese Dinge „im Auftrag des Konzils“ erfolgt wären, ist eine willkürlich und bösartige Lüge. Sie trägt die Fingerabdrücke des Vaters aller Lügen selbst an sich. Die meisten Konzilsväter erwarteten eine weitaus zurückhaltendere Reform – deshalb haben nur vier gegen das Dekret gestimmt. Ganz bestimmt nicht rechneten die Väter damit, daß der römische Kanon, wenn auch nur optionsweise, abgeschafft würde – darauf gibt es in der Konstitution nicht den kleinsten Hinweis.

2. Es gab tatsächlich eine allgemeine Erwartung gemäßigter Neuerungen – und nur vier Väter, zu denen Erzbischof Lefebvre jedoch nicht gehörte, wollten sich dieser allgemeinen Erwartung nicht anschließen. Hier geht es weiter Dementsprechend ist es auch in keiner Weise überraschend, daß Marcel Lefebvre zur Konzelebration bereit war und (wie es der Ritus Servandus vorgab) dabei in Richtung zum Volk zelebrierte. Allerdings hatte der Erzbischof bereits im April 1963 den Oberen der größeren Einrichtungen seines Ordens einen Brief geschrieben, in dem er die Messe „zum Volk hin“ untersagte – jedoch mit der Einschränkung, „außer in besonderen Fällen und nach der erforderlichen Einholung einer Genehmigung“. Er war kein integristischer Heuchler.

3) Die liturgischen Vorgaben von 1965 kannten immer noch nur ein Hochgebet, den Römischen Kanon, und gingen davon aus, daß in Latein zelebriert und alle üblichen Zermeonien eingehalten würden. (Die Konzelebranten trugen sogar noch Manipel!). Nur der Psalm Judica und das Schlußevangelium waren drei Monate vorher aus der Messe gestrichen worden.

Einer der schlimmsten Kollateralschäden, die wir im Gefolge der Katastrophen der 60er und 70er Jahre hinnehmen mußten, besteht darin, daß wir das Prinzip der zurückhaltenden und organischen liturgischen Entwicklung verloren haben, das nach Trient galt und von dessen Befolgung die meisten Bischöfe auch nach dem 2. Vatikanum zu Recht ausgegangen waren.

Die höchst einfühlsam vorgenommenen optionalen Erweiterungen für den Usus Antiquor in den beiden jüngsten Dekrete der Glaubenskongregation stellen nun, zusammen mit den in Summorum Pontificum eingeräumten Möglichkeiten, exakt die Art von Reformen dar, die auch nach dem Konzil angebracht gewesen wären.

Damit ist jetzt mit aller Vorsicht eine ordnungegemäße organische Weiterentwicklung des überlieferten Römischen Ritus auf den Weg gebracht worden. Die beiden Dekrete der Glaubenskongregation sind nicht so bedeutend wie Summorum Pontificum selbst, das Tausenden von Priestern die Möglichkeit eröffnet hat, die eine Form der alten Liturgie zu erlernen und auch tatsächlich zu feiern, die in den Jahren 1950 – 2000 nur geringfügig deformiert worden war. Aber zusammen mit den Genehmigungen zur Feier der alten (d.h. vor1955) Heiligen Woche, bedeuten sie sowohl theologisch als auch liturgisch einen bedeutenden Schritt.

Das ist jetzt die Art von Entwicklung, die vor einem halben Jahrhundert von einer Bande verhindert wurde, die Louis Bouyer zurecht einmal als „Irre“ bezeichnet hat und die in einem Geist haßerfüllten Bruches darauf aus waren, das ganze Gebäude des katholischen Gottesdienstes zum Einsturz zu bringen.

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