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Quatember in den Tagen des Geistes

Bild: Username.Ruge, Wikimedia Commons, CCMittwoch, Freitag und Samstag dieser Woche sind die Tage der Pfingstquatember – der einzigen Quatember in der Oktav eines hohen Festes. Dieser Umstand prägt die Liturgie dieser Tage auf besondere Weise. Die Tagesgebete machen wie an den anderen Wochentagen der Oktav ausdrücklich den Heiligen Geist zu ihrem Thema, und die Schriftlesungen – zwei am Mittwoch, eine am Freitag und gleich fünf am Samstag – schlagen zunächst eine Brücke zurück von den Berichten über die Ausgießung des Geistes an die Jünger im Obergemach von Jerusalem zu den alttestamentlichen Prophetien über den Gottesgeist bei Joel. Von dort springen sie anscheinend unvermittelt zu Lesungen aus den Büchern Moses, die die traditionell am Quatembersamstag gespendeten niederen und höheren Weihen der Kleriker begleiten.

Die bei näherer Betrachtung sichtbar werdende Verbindung zum Heiligen Geist läuft über gleich zwei Stränge: Zum einen ist die Spendung der Sakramentalien und des Sakramentes der Weihe vorrangig eine Aktivität des Geistes. Zum zweiten enthalten die Prophetien Joels neben den Hinweisen auf die spirituellen Wirkungen des Geistes auch Aussagen zu dessen Rolle als dauernder Erhalter und Befruchter der Schöpfung – und genau da setzen die Lesungen aus Moses ein. Sie handeln von den Gott geweihten Erstlingen aller Schöpfung und verweisen damit offenbar nicht nur auf die im Tempel dargebrachten Opfergaben aus der neuen Ernte, sondern auch die Priesterschaft „nach der Ordnung des Melchisedech“ selbst, die diese Gaben entgegen nimmt und auf dem Altar des Alten und später des Neuen Bundes darbringt. Auch sie sind in persona Christi „Erstlinge der Schöpfung“.

Das verweist auf eine weitere bedeutsame Linie der Kontinuität zwischen dem Alten und dem Neuen Bund. Die westlichen Christen neigen dazu, die Hochheilige Dreifaltigkeit als eine Art „exklusive Errungenschaft“ der christlichen Offenbarung zu begreifen, die einen tiefen Einschnitt gegenüber dem Gottesglauben des alten Testaments markiert. Das ist nur sehr begrenzt richtig. Der „Geist Gottes“ war auch den Juden des alten Bundes eine vertraute Gestalt, wie nicht nur aus dem Buch Joel und den Weisheitsbüchern zu entnehmen ist. Auch im Neuen Testament, dessen Personal schließlich nur aus „alttestamentlich geprägten“ Juden besteht, sind weder Maria noch Joseph ungläubig überrascht, wenn ihnen die Menschwerdung des Erlösers als „Werk des heiligen Geistes“ angekündigt wird: Der war ihnen kein Unbekannter. Ebensowenig überrascht sind die Jünger, als Jesus ihnen vor seiner Himmelfahrt die Sendung des Tröstergeistes verspricht.

Das Alte Testament kennt zwar nur den Einen Gott, hat aber bereits eine in vielen Schriftstellen zum Ausdruck kommende Ahnung von dessen Mehrgestaltigkeit. Dieser noch nicht zum Dogma verfestigte Glaube unterscheidet sich einerseits noch deutlich vom Trinitätsglauben des Einen Gottes in drei Personen, spricht aber ahnungsvoll immer wieder von dem einen ewigen Gott in dem Plural „elohim“, der bei weitem mehr ist als ein pluralis majestatis. Tatsächlich erscheint die „kanonische Trinität“ bereits in den ersten Sätzen des ersten Buches der Bibel:

1Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. 2Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. 3Und Gott sprach: Es werde Licht!

Drei Verse, drei Schlüsselworte: Der Schöpfer, der Geist und das Wort.

Die Quatembertage in der Pfingstoktav gehören zu den verhältnismäßig wenigen Anlässen, an denen die Verbindungslinien zwischen dem Glauben des alten und des neuen Testament einen liturgischen Widerhall finden. Umso bedauerlicher, daß die Quatembertage weitgehend vergessen und die Pfingstoktav von größenwahnsinnigen „Reformern“ abgeschafft worden ist.

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