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„Ordo Missæ“

Bild: http://altemessemg.blogspot.com/Der Plan war, nach Ende der Sommerpause das Thema „Ordo Missae“ zu einem Leittmotiv für die nächsten Wochen und Monate zu machen, und das in einem weiteren Sinne als dem, in dem normalerweise vom „Ordo Missæ“ die Rede ist. „Ordo Missæ“ – das ist mehr als der Teil des Messbuchs, der die Vorgaben für die Feier der Messe nach der rechten Ordnung enthält. „Unordnung“ in der Messe beginnt nicht da, wo – das kommt auch im überlieferten Ritus vor – Ministranten einmal über ihre Füße stolpern oder den Weihrauch bringen, wo die Kerzen gefragt sind. Eher schon beginnt die Unordnung da, wo der Altarraum von Aktivisten bevölkert wird, die alle eine furchtbar wichtige Aufgabe zu erfüllen haben – und das auch deutlich zeigen. Richtig greifbar wird der Verlust des eigentlichen „Ordo Missae“ da, wo ein Liturgieausschuss – selbstverständlich strikt nach Geschäftsordnung – darüber abstimmt, wie die Liturgie des nächsten Sonntags „gestaltet“ werden soll: Menschenwerk statt Gottesdienst.

Abstrakt betrachtet ist der „Ordo Missae“ konzentrierter Ausdruck und Spiegelbild einer Ordnung, die den ganzen Kosmos und die ganze Heilsgeschichte zum Ausdruck bringt. Konkret, modern gesprochen in der Lebenswelt der Menschen, bildet der alte Ritus, wo er rite et recte gefeiert wird – was erfreulicherweise mit wenigen Ausnahmen der Fall ist - eine der wenigen Inseln von „ordo“ in einer immer mehr dem Chaos überantworteten Welt, in der der Aufstand gegen die göttliches Ordnung gesellschaftliches Leitbild und politisches Programm ist.

Unübersehbar hat dieses Leitbild auch Eingang in zahlreiche Lebensäußerungen der Kirche gefunden – an vielen Orten ist „Novus Ordo“ nur ein Euphemismus dafür, daß die große Unordnung auch im Zentrum der Kirche Raum gewonnen hat. Hier geht es weiter Lehre und Liturgie der Kirche sind dann nicht mehr möglichst getreues Abbild und Werkzeug von Gottes Heilsplan, sondern dienen als Instrumente und Ausdrucksmittel menschlicher Kreativität, Selbstbestätigung und Weltverbesserung. Wie tief dieses Unordnung inzwischen in die Kirche eingedrungen ist, wurde dieser Tage erschreckend deutlich am Fall des Amerikaners Matthew Hood, der vor drei Jahren nur dem äußeren Anschein nach zum Priester geweiht worden war, weil er als nicht gültig getaufter Mann gar nicht in der Lage war, dieses (oder irgend ein anderes) Sakrament zu empfangen.

Der Fall Hood war ein Einzelfall – auch wenn wir nicht die Hand dafür ins Feuer legen wollten, daß es nicht hier und da ähnliche Vorkommnisse gegeben hat, die entweder ohne großes Aufsehen bereinigt werden konnten, oder – was schlimmer wäre – auf Dauer unentdeckt geblieben sind. Kein Einzelfall ist die in Deutschland besonders stark ausgebildete Tendenz zu einer mehr allgemeinen „Entsakramentalisierung“ der Kirche. Die Sakramente der Sündenvergebung und der Krankensalbung sind praktisch verschwunden; Taufe, Firmung und Eheschließung sind – wo sie überhaupt noch begangen werden – weitgehend säkularisiert und dienen in erster Linie der festlichen Markierung von Stationen des Lebensweges. Auskunft über ihre geistliche Bedeutung für diesen Lebensweg sucht man selbst in kirchlichen Publikationen oder Webseiten oft vergebens.Von Eucharistie und Weihe wird an anderer Stelle zu reden sein.

Der Gottesdienstbesuch ist ganz allgemein dramatisch zurückgegangen. Im Zuge der Coronakrise wurde eines der bisher bestgehüteten Geheimnisse des kirchlichen Apparates gelüftet: Die bisher an speziellen „Zählsonntagen“ ermittelten Zahlen des Gottesdienstbesuchs sind weitgehend fiktiv; an „normalen“ Sonntagen besuchen vielfach nur 20-40 Personen die hl. Messe ihrer Pfarrkirche. Die Einhaltung der staatlich vorgegeben Teilnehmerzahlen war somit praktisch nirgendwo ein Problem, und für die „Zeit nach Corona“ (sofern diese jemals anbrechen darf) wird eher mit weiteren Rückgängen gerechnet. Die Apparate haben sich längst darauf eingerichtet: Die in vielen Diözesen projektierten Zahlen von künftig 30-50 Pfarreien sind Ausdruck der Erwartung, schon bald nur noch wenig mehr als 60-100 Priester pro Bistum einsetzen zu können. Zum Ausgleich hat man die Zahl der Verwaltungsstellen in Ordinariaten und Organisationen um ein Vielfaches gesteigert – als Sakramentenspender kommen die Inhaber*innen dieser Position freilich kaum infrage. Aber wozu auch: Geht es nach den Planern des synadalen Weges, spielen Sakramente in der Kirche der Zukunft ohnehin keine wesentliche Rolle.

„Kirche“ (hier verzichten wir ganz bewußt auf den sonst unentbehrlichen Artikel) in ihrer real existierenden Gestalt ist offenbar immer weniger dazu imstande, den Ordo im Sinne des göttlichen Planes für die Menschen abzubilden und zu vermitteln. Ja, sie scheint vielfach kaum noch einen Begriff von dieser vorgegebenen Ordnung und für sie darin vorgesehenen Auftrag zu haben. Offenbar hat wenn nicht der „novus Ordo“ per se, dann doch der zu seiner Entstehung führende Geist, wesentlich dazu beigetragen, diese Fähigkeit zurückzudrängen – bis zu dem Ausmaß, das wir für Deutschland in den Projekten des Synodalen Weges irritiert zur Kenntnis nehmen müssen.

Die Neu-Erkundung und Rekonstruktion der Ordnung hinter dem überlieferten Ordo Missæ wird eine wesentliche Bedingung dafür sein, diese Unordnung zurückzudrängen oder doch Inseln zu schaffen, die der von allen Seiten herandrängenden Flut des Chaos widerstehen können.

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