Konzelebration - der neue Kampfplatz?
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- 09. Juli 2021
Die gemeinsame Zelebration, bei der zwei oder mehr Priester eine Messe feiern, ist seit langem Ursache von Auseinandersetzungen. Seit Jahrzehnten nach dem zweiten Vatikanischen Konzil fühlen sich Priester dazu gedrängt, an konzelebrierten Messen teilzunehmen, statt ihre eigenen Messen, vielleicht auch ohne Gemeinde, zu zelebrieren. In der Peterskirche in Rom ist die Konzelebration jetzt allgemeinverbindlich – damit endet die lange Tradition, daß viele Priester gleichzeitig ihre Messen an den Seitenaltären feierten. Außerdem wird die Konzelebration als Waffe gegen die Priester eingesetzt, die im überlieferten Ritus zelebrieren: Der Erzbischof von Dijon, Roland Minnerath, beendet das 23-jährige Apostolat der Petrusbruderschaft, weil die dort tätigen Priester nicht konzelebrieren wollen.
Viele Bischöfe, religiöse Obere und Rektoren von Seminaren schätzen die Konzelebration, weil sie ihnen wirksame Kontrolle über die Messfeier ihrer priesterlichen Untergebenen ermöglicht. Sie können darauf bestehen, daß diese Priester, wenn mehrere bei Versammlungen anwesend sind, nicht nur an einer Konvents- oder Gemeindemesse teilnehmen, sondern das auch in einer Weise tun, die sie an der Zelebration einer eigenen Messe hindert. Bei großen Zahlen anwesender Priester haben die meisten von ihnen bei Zelebrationen so gut wie nichts zu tun, und natürlich haben sie auch keinerlei Einfluß auf das Geschehen: Sie können weder zu einem früheren noch einem späteren Zeitpunkt zelebrieren, auch nicht in einer Kapelle, die ihnen besonders viel bedeutet, oder mit eignen liturgischen Intentionen, etwa bei einer Votivmesse. Die Konzelebration ist der Traum von Control-Freaks.
Die Theologie der Konzelebration ist einigermaße verwirrend, um es zurückhaltend auszudrücken. Was tragen die Konzelebranten zu den Abläufen bei? Warum soll man überhaupt die Feier einer gemeinsamen Messe der von mehreren Einzelmessen vorziehen? Wie können verschiedene Priester Stipendien für unterschiedliche Messintentionen annehmen, wenn doch nur eine Messe gefeiert wird? Die Konzelebration ist angeblich nach dem zweiten Vatikanischen Konzil „wiederbelebt“ worden, doch es ist ungewiß, ob es sie zu irgendeiner Zeit vor dem Konzil gegeben hat. Es gibt Zeugnisse aus weit zurück liegender Zeit, wonach der Papst bei der Messe von einigen seiner Priester unterstützt wurde, die einige der Gebete übernahmen, aber was das theologisch und sakramental bedeutete, ist umstritten, und die Vorstellung, daß Priester miteinander konzelebrieren und nicht mit dem Papst oder ihrem Bischof, ist völlig neu: Es gibt auch nicht den Schatten eines Hinweises darauf, daß es so etwas im Westen vor dem zweiten Vatikanum jemals gegeben hätte.
Die theologischen Fragen der Konzelebration verstärken noch das Widerstreben mancher Priester, das sie angesichts der mit der Konzelebration verbundenen Einschränkung ihrer liturgischen Selbstbestimmung empfinden. Für Priester, die ausschließlich die hl. Messe im überlieferten Ritus als dem ihrer Gemeinschaft eigentümlichen Ritus zelebrieren, erscheint die Konzelebration besonders unpassend. Priester der Petrusbruderschaft und anderer tradionsorientierter Gruppierungen innerhalb der Kirche sind zur Feier einer Form der heiligen Messe ausgebildet und geweiht, nämlich der außerordentlichen Form, die keine Konzelebration kennt. Niemand, der mit beiden Formen des römischen Ritus vertraut ist, kann daran zweifeln, daß sie sich in ihrer Spiritualität und daran, wie sie „sich anfühlen“ erheblich unterscheiden. Der Versuch, einen Priester, der sich ganz der alten Form verpflichtet sieht und dessen Spiritualität von dieser Liturgie geprägt ist, zur Zelebration der jüngeren Form zu zwingen und daraus eine Art Loyalitätstest zu machen, ist unsensibel und unvernünftig.
Im Prinzip ist es so, daß das Kanonische Recht tatsächlich keinen Priester zur Konzelebration verpflichtet: Jeder hat nach canon 902 das Recht, seine eigene Messe zu feiern, worauf Peter Kwasniewski hingewiesen hat.
Die Forderung von Erzbischof Minnerath, daß die Priester der Petrusbruderschaft als Preis dafür, daß sie in seiner Diözese bleiben können, an „gelegentlichen Konzelebrationen“ teilnehmen, ist nachvollziehbarer Weise als eine Art von Erpressung bezeichnet worden. Wenn er irgendeinen Zweifel haben sollte, wieweit er mit diesen Priestern in Gemeinschaft steht, könnte er zum Empfang die Kommunion ihre Messe besuchen oder sie in seiner Diözese mit Aufgaben betrauen, die ihrem priesterlichen Charisma entsprechen. Für fast zwei Jahrtausende haben sich Bischöfe in Dijon und anderswo mit der Interkommunion, mit Gehorsam gegenüber ihrem Apostolat und Rechtgläubigkeit in der Lehre als ausreichende Indikatoren dafür begnügt, daß Priester in ihrer Diözese wirklich zu ihnen gehörten. Warum will Erzbischof Minnerath sie einem neuartigen und willkürlichen liturgischen Test unterziehen?
Die Antwort ist leicht zu finden: Das ist ein Loyalitätstest, bei dem traditionsorientierte und konservative aufgrund ihrer theologischen Bildung und liturgischen Sensibilität im Nachteil sind gegenüber sogenannten „progressiven“ Geistlichen. Wenn Erzbischof Minnerath auf die Idee käme, sich von Priestern zu trennen, die die Lehre der Kirche ablehnen, müßte eine ganz andere Gruppe von Personen seine Diözese verlassen. Vielleicht sollte er es ins Auge fassen, denen die Gemeinschaft aufzukündigen, die den „historischen Charakter“ der Evangelien (Vatican II, Dei Verbum 19) leugnen, die Probleme mit der Vorstellung haben, daß „ein gewaltiger Kampf gegen die Mächte der Finsternis die ganze menschliche Geschichte durchzieht“ (Vatican II, Gaudium et Spes 37) oder die daran zweifeln, daß die Zugehörigkeit zur Kirche durch die Taufe erlösungsnotwendig ist (Vatican II, Lumen Gentium 14). Bei solchen Fragen lägen die Priester der Petrusbruderschaft wahrscheinlich weit vor dem typischen Angehörigen des Diözesanklerus.