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Kommando rückwärts - 1971

Der Text des neuen Motu-Proprio ist veröffentlicht - hier die englische Version - und er erscheint uns noch hanebüchener, als zuvor von Pessimisten befürchtet - zumindest solange man einem päpstlichen Willkürakt, der um 180 Grad dreht, was der Vorgänger vor 15 Jahren in Anlehnung an die Tradition ebenso feierlich verkündet hat, irgendeine Verbindlichkeit zuerkennen will und kann. Wie zum Hohn trägt das Elaborat den Titel „Traditionis Custodes“ — klar, wenn die Tradition erst 1965 anfängt, ist das noch nicht mal gelogen.

Eine deutschsprachige Inhaltsangabe der 8 Punkte des Papiers ist in Vorbereitung und wird hier alsbald erscheinen, dazu dann Links zu ersten Stellungnahmen.

Die Einleitenden Abschnitte und deren rechtliche Haltbarkeit mögen die Kirchenrechtler beurteilen. Hier die einzelnen Punkte:

1) Die Bücher des NO sind der einzige Ausdruck der "Lex Orandi" des römischen Ritus

2) Es steht alleine dem Diözesanbischof zu, das liturgische Leben seiner Diözese zu bestimmen, und er hat die ausschließliche Zuständigkeit, den Gebrauch des Missales von 1962 zu erlauben.

3) Die Bischöfe, in deren Diözesen bis jetzt Gruppen mit der übelieferten Liturgie bestehen, sollen

a) sicherstellen, daß diese Gruppen Gültigkeit und Rechtmäßigkeit der Liturgiereform nicht bestreiten, wie sie vom 2. Vatikanum auferlegt worden ist;

b) einen oder mehrere Orte bestimmen, an denen sich die Anhänger der alten Liturgie zur Feier versammeln, jedoch nicht in Pfarrkirchen und ohne Errichtung neuer Personalpfarreien;

c) bestimmen, an welchen Tagen dort nach dem Buch von 1962 zelebriert werden kann. Dabei sind die Lesungen in der Volkssprache nach den von der jeweiligen Bischofskonferenz bestimmten Übersetzungen vorzutragen;

d) soll einen Priester als Beauftragten des Bischofs für diese Zelebrationen ernennen. Dieser Priester soll ... von lebendiger pastoraler Hingabe und dem Geist kirchlicher Einheit erfüllt sein;

e) soll keine Gründung neuer solcher Gruppen zulassen;

4) Priester, die ab jetzt geweiht werden, müssen eine formelle Bitte an den zuständigen Bischof richten, wenn sie nach dem Missale von 1962 zelebrieren wollen. Der Bischof muß in jedem Fall eine römische Genehmigung einholen.

5) Priester, die bereits nach dem Missale von 1962 zelebrieren, müssen vom Diözesanbischof die Erlaubnis erbitten, damit fortzufahren.

6) Die ehemaligen Ecclesia-Dei-Gemeinschaften werden der Kompetenz der Ordenskongregation unterstellt.

7) Die Gottesdienstkongregation und die Ordenskongregation sind in ihrem jeweiligen Kompetenzbereich dafür zuständig, die Einhaltung dieser Vorschriften sicherzustellen.

8) Vorhergehende Normen, Instruktion usw., die diesem entgegenstehen, sind ungültig.

Diese Verfügung tritt ab sofort in Kraft

(Liebevoll [Ergänzung des Übersetzers]) Franziskus

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Wie sein nun in einem beispiellosen Willkürakt "gecancelter" Vorgänger Benedikt hat Franziskus seinem Erlass einen Begleitbrief beigegeben, der hier in Englisch zu lesen ist. Ebenso wie das Motu Proprio selbst fällt an diesem Dokument die weitestgehende Abwesenheit theologischer Reflexion ins Auge - die Argumentation ist rein kirchen- und machtpolitisch. Soweit man hier überhaupt von „Argumenten“ sprechen kann, werden wir uns in den nächsten Wochen und Monaten damit zu beschäftigen haben. Die generelle Richtung ist bereits heute klar erkennbar: Als Kirche des zweiten Vatikanums soll das, und nur das gelten, was die Hermeneutiker des Bruches aus dessen Dokumenten herausgelesen und hineininterpretiert haben - allen, die etwas anderes sagen, ist unter dem Vorwand, die Einheit zu wahren, die Einheit aufgekündigt.

Hl. Athanasius, bitte für uns.

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Eine nichtamtliche, aber zweifellos sachkompetente Übersetzung des Motu Proprio durch den Kirchenrechtler Gero Weishaupt bringt kathnews.de.

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