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Zerfall und Schisma

Bild: Vatican NewsDer Aachener Kirchenrechtler Weishaupt hat unter Datum vom 23. 8. im Interview mit kath.net höchst lesenswerte Ausführungen zum Erlass Traditionis Custodes gemacht, die teilweise deutlich über den kirchenrechtlichen Bereich hinausreichen. Wir empfehlen die Lektüre des Originals und beschränken uns hier auf eine grobe Inhaltsangabe und eine ergänzende Vertiefung.

Der Kanonis schließt sich der schon mehrfach nicht zuletzt von Kardinal Müller geäußerten Ansicht an, daß der Erlaß eine unerwartete und von der Sachlage her auch ungerechtfertigte Härte zum Ausdruck bringt, mit der der Papst die Glaubwürdigkeit seines bisher hochgehaltenen pastoralen Kurses schwer beschädigt. Weishaupt sieht zwar im traditionellen Bereich auch punktuelle Fehlentwicklungen in Richtung einer Parallelkirche, die jedoch weitaus weniger schwerwiegend seien als die Abweichungen von Disziplin und Lehre (Stichwort für Deutschland: Synodaler Weg), denen gegenüber Rom sich neben unverbindlichen Briefen auffällig zurückhält.

Als Instrument der Schadensbegrenzung verweist Gero Weishaupt auf das von verschiedenen amerikanischen Diözesen bereits angewandt Instrument der Dispens nach Canon 87 des kirchlichen Gesetzbuches, mit dem sie kirchliche Regelungen der Art des vorliegenden Erlasses für ihren Amtsbereich teilweise oder ganz außer Kraft setzen können. Er hofft, daß viele deutsche Bischöfe sich diesem Vorbild anschließen werden. Darüberhinaus fordert er dazu auf, in Rom auf eine Rücknahme des Erlasses hinzuwirken, nicht zuletzt deshalb, weil die als Begründung angeführte „Umfrage in den Diözesen“ in Genese und Auswertung höchst zweifelhaft sei. Weiterhin fordert er ein entschiedenes Vorgehen gegen die nach wie vor weit verbreiteten liturgischen Mißbräuche, die, so wörtlich, „mitschuldig sind am gegenwärtigen Zerfall der Kirche.“ Ebenso sei er erforderlich, endlich „gegen schismatische Tendenzen in (den) Teilkirchen entschieden auftreten, um so ein Schisma abzuwenden.“

Das Interview schließt mit der bemerkenswerten Aussage: „Allerdings bin ich überzeugt bin, dass ein Schisma schon eingetreten ist, aber noch nicht formal festgestellt worden ist. Die Gefahr für die Einheit der Kirche droht nicht von der alten Liturgie und denen, die sie wertschätzen, ganz im Gegenteil. Die Gefahr droht von einer Gedankenwelt, die den Synodalen Weg zu dem gemacht hat, was er nun ist.“ Soweit das Interview

Unsere Ergänzung betrifft die von Weishaupt konstatierte Tendenz zu einer punktuellen Separierung der „Altrituellen“ von den bestehenden Gemeinden. Hier geht es weiter Wie der Blick auf die USA zeigt, in denen diese Tendenz vielfach überhaupt nicht auftritt oder sich in weniger einschneidenden Formen äußert, geht die Bildung von Parallelstrukturen gerade in Deutschland am wenigsten auf eine Entgegensetzung von alter und neuer Liturgie oder gar auf eine pauschale Ablehnung des 2. Vatikanums zurück. Grund für die Absetzbewegungen ist die Tatsache, daß das hierzulande schon seit Jahrzehnten schwärende verdeckte Schisma ja nicht nur die liturgischen Formen beeinträchtigt, sondern diese Formen in häretisierender Weise entstellt, und daß in Predigt und Katechese offen gegen die Lehre der Kirche agitiert wird. Sollen die der überlieferten Lehre und Liturgie der Kirche anhängenden Katholiken wirklich Gottesdienst in einer Kirche feiern, an deren Turm die Regenbogenfahne weht und an deren Altar programmatisch eheähnliche „Segnungen“ homosexueller Paare stattfinden? Sollen sie ihre Kinder in eine Jugendgruppe schicken die stolz auf ihr entspanntes Verständnis zu vorehelicher Sexualität ist? Nein, Papst Franziskus, das sollen sie nicht, und sie werden es auch nicht tun.

Und was die angebliche Ablehnung des 2. Vatikanums betrifft, so kann man davon ausgehen, daß der durchschnittliche traditionsorientierte Kirchbesucher dessen Texte ebenso wenig gelesen hat wie der durchschnittliche Pfarrer oder Theologe. Die Texte von 1965 interessieren ihn zunächst einmal gar nicht – er kennt den Katechismus. Wenn aber Pfarrer und Theologen nie müde werden, ihre Abweichungen vom Katechismus und von Lehre und Disziplin der Kirche mit Berufung auf falsch interpretierte oder mißverständliche Texte des Konzils zu rechtfertigen, und solche Versuche so gut wie nie offiziell zurückgewiesen werden – wen soll es da wundern, daß die Gläubigen das, was ihnen so als DAS KONZIL präsentiert wird, ablehnen?

Daß Papst Franziskus sich in den Begründungen seines Erlasses auf dieses Verwirrspiel der wahren Schismatiker einläßt, ist vielleicht die übelste Seite der aktuellen Entwicklung: Der von Weishaupt diagnostizierte „Zerfall der Kirche“ hat die Spitze erreicht.

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