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Agatha Christie und die alte Messe

Bild: Wikimedia CommonsAm 5. November war der 50. Jahrestag des sog. Agatha-Christie-Indults, mit dem Paul VI. im Jahr 1971 die Feier der überlieferten Liturgie (in der Fassung des Ordo von 1965) für England und unter starken Einschränkungen wieder zuließ. Die kirchenpolitische Bedeutung dieses Aktes besteht nicht zuletzt darin, daß unter anderem dieses Indult belegt, daß die überlieferte Liturgie auch von Paul VI nie „abgeschafft“, sondern nur höchst einschränkend reguliert  worden ist. Kein Wunder, daß die Entscheidung von 1971 den heutigen Machthabern in Rom höchst unbequem ist, so daß sich der Präfekt der Gottesdienstkongregation Erzbischof Roche in seinem Schreiben an Kardinal Nichols zu der extrem unglubwürdigen Behauptung verstieg, daß es dafür in den Unterlagen seiner Behörde keinen Beleg gebe. Entweder lügt Seine Exzellenz – oder irgend jemand hat die Aktenschränke nach dem Vorbild von Orwells 1984 gesäubert. 

Was ausgerechnet Agatha Christie mit der überlieferten Liturgie zu tun hat? Nun, die Bitte um das Indult von 1971 (Einzelheiten dazu hier und hier) kam von einer Gruppe berühmter Künstler und Autoren, die den Papst eindringlich bat, die Welt nicht dieses zentralen Elements ihres kulturellen Erbes zu berauben - und die damit tatsächlich wenn auch begrenzten Erfolg hatte. Die Petition von 1971 war übrigens nicht die erste dieser Art. Schon 1966, als die künftige Entwicklung sich bereits abzeichnete, waren namhafte Künstler und Intellektuelle in Rom vorstellig geworden, um die von Ihnen - wie sich seitdem längst herausgestellt hat, zu Recht - als unheilvoll betrachtete Deformation dieses Ankerpunktes der westlichen Kultur abzuwenden. Joseph Shaw hat auf OnePeterFive an diese Interventionen aus der Frühzeit der Liturgiereform erinnert und ergänzend mitgeteilt, daß der letzte überlebende Unterzeichner der Petition von 1971, der Pianist und Dirigent Vladimir Ashkenazy (84), dafür in diesem Jahr eine Ehrung der internationalen Una-Voce-Konföderation entgegengenommen hat.

Der Umstand, daß sich an den genannten frühen Interventionen auch nicht-katholische oder der Kirche fernstehende Intellektuelle beteiligt haben, könnte als Beleg für den häufig gegen die Anhänger der überlieferten Liturgie erhobenen Ästhetizismus-Vorwurf dienen. Joseph Shaw nutzt daher die Gelegenheit seines Beitrags zum 50. Jahrestag auch dazu, sich mit diesem Vorwurf auf fundierte Weise auseinander zu setzen: Die Wahrheit sucht und findet ihren Ausdruck notwendiger Weise auch im Schönen, und die Gleichgültigkeit gegenüber oder gar Ablehnung der Schönheit führt stets dazu, wesentliche Aspekte des Wahren zu verfehlen.

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