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Wer soll die Scherben zusammenkehren?

Bild: Screenshot  von L'Homme NouveauNew Liturgical Movement berichtete dieser Tage über ein Interview (hier das Original auf Französisch), das Bischof Aillet von Bayonne dem konservativen französischen Magazin L’Homme Nouveau gegeben hat. Der Bischof sprach darin von beträchtlichen Unterschieden, die er zwischen dem Motu Proprio des Papstes und den anschließend von der Liturgiebehörde veröffentlichten „Responsa ad dubia“ erkennen will: Franziskus habe beim Ad-Limina Besuch der französischen Bischöfe gesagt, er wolle die Feier der Messe im überlieferten Ritus einschränken, während die Responsa Roches das auf die Spendung sämtlicher Sakramente ausgedehnt habe. Demgegenüber habe Franziskus durch seinen Staatssekretär Parolin mehrfach darauf hingewiesen, man müsse den Gläubigen, die der alten Liturgie verbunden sind, väterlich zuhören und ihnen Zeit geben. Es gehe um einen Prozess des Wachstums und der Erkenntnis.

Nun, das klingt für unsereinen nach den üblichen Phrasen dieses Pontifikats und gewinnt kaum an Glaubhaftigkeit durch die in den letzten Wochen mehrfach wiederholten scharfen Angriffe des Papstes auf die „rückwärtsgewandten Ewiggestrigen“. Dennoch zieht Bischof Aillet daraus den Schluß:

Wir“ – d.h. in erster Linie die französischen Bischöfe – „sind nicht gezwungen, das Motu Proprio unmittelbar und in drastischer Form umzusetzen. Im Allgemeinen sind unsere Beziehungen mit diesen Gemeinschaften doch so einverständlich, daß man gerne in einen wirklichen Dialog mit ihnen eintreten möchte: Über das Missale, über die Gründe, die sie für dies und jenes haben, über die Sakramente, über die liturgischen und katechetischen Bücher, die sie verwenden, um so die Dinge besser zu verstehen und vor allem, um das Gespräch nicht abreißen zu lassen.“

Hier geht es weiter „Ich denke“ – so der Bischof weiter – „für den Papst war das Motu Proprio so wie schon bei seinem Vorgänger Benedikt von der Sorge um die Einheit motiviert, um die Gemeinsamkeit, die von anderen in Frage gestellt werden kann. Daher nehmen wir diese Frage der Einheit sehr ernst und nehmen uns Zeit für den Dialog, für das väterliche Hinhören, um mehr guten Willen und Vertrauen - und das umso mehr, als man anerkennen muß, daß diese Gemeinden, die sich um den „vetus ordo“ versammeln, aus jungen Leuten bestehen. Wir sehen, daß diese jungen Leute nicht von der Taufe an mit dem traditionellen Ritus imprägniert waren, sondern sie wurde davon angezogen, und wir müssen erkennen, aus welchen Gründen das geschah und sie nicht sofort unter Verdacht stellen, auf sie einschlagen, sie brechen und so auf Verbot aus sein, daß man am gar noch eine Ausweitung der Bewegung provoziert.“

Diese Argumentation zeigt ein beträchtliches Maß an Einsicht und Entgegenkommen auf Seiten des Bischofs, der freilich schon seit längerem als Freund und Fürsprecher der „altrituellen“ Bewegung“ bekannt ist und mit den hier wiedergegebenen Sätzen aus seinem Interview auch seine eigene Haltung erklärt und vielleicht auch verteidigt. Schwer zu sagen, inwieweit er damit für andere französische Bischöfe sprechen kann – obwohl auch denen bei dramatisch sinkendem Gottesdienstbesuch und austrocknenden Priesterberufungen im „novus ordo“ das Wasser am Hals steht. Noch viel schwerer zu sagen, ob er damit auch in Rom Gehör findet, denn seine Berufung auf die mit Franziskus geteilte Sorge um die Einheit der Kirche kann nicht übersehen lassen, daß sowohl Franziskus als auch seine Behördenleiter zwar Einheit mit jedem und allen anzustreben behaupten – die Einheit mit denen, die an Lehre und Erbe der Kirche festhalten wollen, jedoch strikt ablehnen und diese Ablehnung mit teilweise brutalen Methoden unterstreichen. Diese Ablehnung entspringt ja nicht einer Laune des Pontifex, sondern deren wohlbegründeter Einsicht, daß „mit allem und jedem“ und „apostolische Tradition“ nicht zusammen gehen.

Dennoch muß das Team Bergoglio derzeit gewisse Rücksichten nehmen. Der Weltepiskopat läßt es an Eifer für die Durchsetzung von TC fehlen; dort hat man andere Sorgen. Ein gutes Beispiel dafür bietet neben den USA und Frankreich – wo die Tradition nicht nur durch die Ex-Ecclesia-Dei-Gemeinschaften vertreten ist, sondern auch durch eine überaus starke Piusbruderschaft – auch Deutschland. Hier hält sich zwar der Einfluß der Gemeinschaften in Grenzen, aber die der Tradition gegenüber ablehnend eingestellten Bischöfe sind derzeit voll durch ihren „Synodalen Weg“ in Anspruch genommen. Den wollen sie gegen hinhaltenden Widerstand auch aus Rom durchsetzen und damit „grundsätzliche Veränderungen“ erreichen und damit die „römische Kirchenform auflösen“. Dann brauchen sie sich, wie sie annehmen, über Liturgie keine Gedanken mehr zu machen.

Trotzdem läßt Rom in seinen Bemühungen zur Marginalisierung und letztlich Hinausdrängung der überlieferten Lehre und Liturgie nicht locker. Das wird ja nicht nur durch die würdelose Schimpferei von Franziskus immer wieder deutlich. Auch seine Behördenleiter wirken unentwegt in die vielfach nur noch zum Schein „selbstverwaltenden“ Diözesen hinein, um die überlieferte Liturgie zurückzudrängen. Frejus-Toulon ist nur das eklatanteste Beispiel. Aber auch das Verbot der Jubiläumsmesse mit Kardinal Sarah unlängst in Paris und die Einschränkung „kein Pontifikalamt“ für die Abschlußmesse der Wallfahrt „Summorum Pontificum“ in Rom sind nicht ohne entsprechende Weisung aus dem päpstlichen Palast  von Santa Martha denkbar. Und gerade jetzt wird bekannt, daß Bischof James Checchio in der amerikanischen Erzdiözese Metuchen (New Jersey) anscheinend nach Konsultation mit Rom die bisher in einer Pfarrkirche seines Diözesansitzes regelmäßig zelebrierte „alte Messe“ nicht etwa in eine Nicht-Pfarrkirche verlegt hat – so wäre es nach TC vorgeschrieben – sondern ganz eingestellt hat. Anderswo in den USA werden erbetene „Sondergenehmigungen“ befristet bis zum kommenden Sommer erteilt – „väterliche Fürsorge“ und „hörbereiter Dialog“ sehen anders aus.

Mit seiner Politik ständiger Nadelstiche mach der Vatikan unmißverständlich klar, daß die Marginalisierung und Herausdrängung der überlieferten Liturgie sein Ziel bleibt, und daß er sich im Besitz der Mittel glaubt, dieses Ziel auch zu erreichen.

Ob Apelle wie der von Bischof Aillet daran etwas ändern können, ist mehr als zweifelhaft. Dennoch haben sie als Bekundung des guten Willens auch im Blick Rom einen gewissen Stellenwert: Nach dem absehbaren Ende dieses Brutalpontifikats muß ja irgendwer die Scherben zusammenkehren, vielleicht sogar wieder zusammenkitten. Die Roches und Grillos, die Holleriche und Greches, von den Bätzingen ganz zu schweigen, werden dazu wenig beitragen können.

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