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Franziskaner der Immakulata II

Der hl. Franziskus auf einem Fresco CimabuesDie Aufhebung der Selbstverwaltung der Franziskaner der Immakulata und ihre Unterstellung unter einen Kommissar der Ordenskongregation sorgen nach wie vor für viel Aufregung – und das mit gutem Grund. Zwar ist es nach wie vor nicht sinnvoll, den von der höchsten Autorität bereits vorab jeder rechtlichen Prüfung entzogenen Akt als direkten Angriff auf „Summorum Pontifikum“ aufzufassen – dazu ist die Ausgangslage im Weltklerus, dem letztlich auch die Ecclesia Dei Gemeinschaften zugehören, und einem klassischen Orden, dessen Angehörige ein besonderes Gehorsamsgelübde abgelegt haben, zu verschieden. Aber andererseits entspricht das Vorgehen der Kongregation so perfekt dem Schema der Verfolgung der Traditionsanhänger seit den 60er Jahren, daß man sich schon reichlich naiv geben muß, um die Übereinstimmungen nicht wahrzunehmen.

Das Gesetz „Summorum Pontificum“ hat das Recht aller Priester des römischen Ritus, die überlieferte Liturgie zu feiern, und aller Gläubigen, Zugang zu solchen Feiern zu erhalten, bekräftigt. Ordensangehörige mit Gehorsamsgelübde können sich allerdings nur begrenzt auf dieses Recht berufen, weil sie pauschal und im Vorhinein darauf verzichtet haben, ihren eigenen Willen da zur Geltung zu bringen, wo ihre Oberen ihnen etwas zu tun oder zu lassen auferlegen – im Rahmen des sittlich und rechtlich Zulässigen, versteht sich. Die Vorgaben von Summorum Pontificum lassen hier hinsichtlich der Einzelzelebration möglicherweise einige Spielräume. Die Entscheidung hinsichtlich der Kommunitätsmesse liegt jedoch ausdrücklich bei den Oberen. Daher spielt es auch gar keine Rolle, daß die FFI ursprünglich als Gemeinschaft mit der reformierten Liturgie gegründet wurden: Als die Ordensoberen, gestützt auf eine (dazu nicht erforderliche) Mehrheit des Generalkapitels, den Beschluss fassten, für die internen Liturgien der Gemeinschaft bevorzugt (also nicht ausschließlich) die ältere Form zu verwenden, handelten sie sowohl im Rahmen der Möglichkeiten von Summorum Pontificum als auch im ihnen zustehenden Handlungsrahmen gegenüber den Mitgliedern.

Ob dieser Beschluss in der Lebensrealität des Ordenslebens allerorts mit der „Sensibilität“ umgesetzt worden ist, die die Modernisten überall da einklagen, wo sie in der Minderheit sind, und überall dort vermissen lassen, wo sie Machtpositionen einnehmen, ist von Außen schwer zu beurteilen. Anscheinend hat es hier an einigen Orten Probleme gegeben. Entscheidend ist diese Frage freilich nicht: Die Ordensmitglieder haben sich zum Gehorsam verpflichtet und damit keinen Anspruch erworben, daß dieser Gehorsam ihnen gegenüber nur „auf sensible Weise“ eingefordert würde.

Unter diesen Umständen erscheint es bereits verwunderlich, daß die Ordenskongregation die Klagen der Ungehorsamen zum Anlass für eine Visitation genommen hat, zumindest solange nicht weitere Klagegründe erkennbar werden. Tatsächlich hat man in den letzten Tagen versucht, da etwas nachzuschieben: Speerspitze der angeblich autoritär durchgezogenen Einführung der alten Liturgie sei eine in einer italienischen Einsiedelei lebende Nonne der FFI, die sich in bedenklicher Nähe zur Piusbruderschaft bewege.

Wir haben schon von schröcklicheren Ungeheuern gehört.

Trotzdem kann es nur begrenzt überraschen, daß die Ordenskonkregation jetzt so entschieden hat, wie sie entschieden hat. Ihr Präfekt ist eben jener brasilianische Kardinal Joao Braz de Aviz, der sich im Mai bitter über das von der Glaubenskongregation betriebene Verfahren gegenüber der nordamerikanischen LCWR beschwert hatte. Das ist jene Konferenz der Oberinnen amerikanischer Schwesterngemeinschaften, deren Mitglieder teilweise offen für Abtreibung und Homoehe eintreten und Wege suche, den Glauben „über Christus hinaus“ in die Sphäre der Göttin weiterzuentwickeln. Diesen New-Age-Verein will Braz keinesfalls diszipliniert sehen, sondern als Partnerin für einen vertrauensvollen Dialog gewinnen.

Man kennt dergleichen und mag sich noch nicht einmal darüber aufregen, daß die Ernennung von Braz noch unter Papst Benedikt erfolgte: So funktioniert das nun mal in Rom, hier zumindest erscheint Kontinuität gesichert. Mit ins Bild passt auch, daß Sekretär von Braz ein soeben von Papst Bergoglio in dieses Amt berufener Franziskaner und der neue Vormund der FII ein Kapuziner ist – also zwei Vertreter von Gemeinschaften, die im Zuge des neuen Frühlings einen beispiellosen personellen, spirituellen und theologischen Niedergang erlebt haben. Sie stehen in den meisten Ländern vor dem Aussterben und sind damit anscheinend genau die Richtigen, um einen unbotmäßig neuaufstrebenden Zweig der franziskanischen Bewegung an die Kandare zu nehmen.

Damit gewinnt das Bild die ihm zukommende Tiefendimension. Der Stoß geht tatsächlich nicht direkt und nicht an erster Stelle gegen Summorum Pontificum. Als weitgehend erfolgreich marginalisierte Exoten am Rande des kirchlichen Lebens bilden die von Summorum Pontifikum ebenso geschützten wie eingehegten Ecclesia Dei-Gemeinschaften für den Modernismus zwar ein dauerndes Ärgernis, aber keine unmittelbare Gefahr. Bei den Franziskaner der Immakulata, die „Entweltlichung“ bereits praktizierten, bevor sie zum Schlagwort wurde, die die Spiritualität des hl. Franziskus erfolgreich in die Mission des 21. Jahrhunderts übersetzt haben und die dabei zu allem Überfluss auch noch die unüberbietbare Zeitgemäßheit der überlieferten Liturgie entdeckt und nutzbar gemacht haben, sieht das anders aus. Konserquenterweise wurde dem Orden denn auch kein „sensiblerer Umgang“ mit internen Minderheiten oder – keine Neuheit für die franziskanische Tradition – eine Abspaltung unterschiedlicher Spiritualitäten verordnet, sondern das – aus der Sicht der Kongregation klar erkennbare – Übel an der Wurzel gepackt: Die überlieferte Liturgie kann als Normalform des geistlichen Lebens einer ebenso erfolgreichen wie in der Gegenwart angesiedelten Gemeinschaft nicht geduldet werden und wird daher unter Ausnahmerecht gestellt.

Und da das mit der Zustimmung der höchsten Autorität geschieht, haben alle, die in der überlieferten Lehre und Liturgie und dem Gesamt der Tradition den einzigen Anker gegen die Fluten des Zeitgeistes erkennen, seit dem Dekret der Ordenskongregation jeden Grund zur Beunruhigung.

Michael Charlier

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