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Der Passionssonntag

Mit dem Sonntag „Judica“ tritt der hoffnungsvolle Ton, mit dem die Kirche die Katechumenen am vorausgehende Sonntag „Laetare“ in die letzte Vorbereitungsphase zur Taufe entlassen hatte, wieder in den Hintergrund, und die überlieferte Liturgie wendet sich der Betrachtung des Leidens Christi zu. Sie tut das mit unvermittelter Härte und sehr gründlich. Der Introitus betet den Psalm 42 „Judica“, aber nicht aus der Perspektive des Priesters, der sich auf den Aufstieg zum Altar vorbereitet, sondern aus der Perspektive des Herrn am Ölberg, der das Grauen der kommenden Tage herannahen sieht und den Vater anfleht, diesen Jelch, wenn es denn möglich wäre, vorübergehen zu lassen. Im Stufengebet fällt der Psalm daher an diesem Tage aus.

Warum dieser Kelch nicht vorübergehen kann, erklärt die Epistel mit den Worten des Apostels Paulus aus Hebr. 9: Nur das Blut des unbefleckten Opfers Christi selbst kann die Sündenschuld tilgen und den neuen Bund der Erlösung besiegeln. Das Evangelium (Johannes 8, 46-95) bietet dazu die historische Konkretisierung. Es berichtet von einem der großen Streitgespräche Christi mit den Pharisiäern, die seinen Anspruch, Sohn Gottes und der Messias zu sein, entrüstet zurückweisen: „Da hoben Sie Steine auf, um auf ihn zu werfen. Jesus aber verbarg sich und ging hinweg aus dem Tempel“.

Dieses Verbergen und Weggehen ist der Ursprung der Symbolik, daß die Kirche ab dem Passionssonntag die Kruzifixe verhüllt und das „Gloria Patri et Filio...“ nach den Psalmen in Missale und Offizium wegläßt.

Der Novus Ordo hat nicht nur die Bezeichnung dieses Sonntags als „Passionssonntag“ getilgt, sondern auch Aussage und Charakter der Liturgie radikal verändert. Nicht mehr vom Opfer am Kreuz und seiner zeitlichen Herleitung wie überzeitlichen Begründung ist in den insgesamt 9 Lesungen der drei Lesejahre die Rede, sondern in nachgerade österlichem Tonfall von Auferstehung und Erlösung allgemein, wobei einigermaßen unklar bleibt, warum es überhaupt einer Erlösung bedarf. Da der bedeutungsschwere Satz vom „Verbergen und Weggehen“ nirgendwo mehr vorgetragen wird, ist auch der Brauch der Verhüllung der Kreuze in vielen Gemeinden verloren gegangen oder wird in reichlich beliebiger Weise durch den Einsatz von „Fastentüchern“ und Verhüllungen von Bildwerken seit Anfang der Fastenzeit ersetzt.

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