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Neuaflage des Ambrosianischen Missale

Die verschiedenen lateinischen Riten unterscheiden sich vielfach nur in Merkmalen, deren Bedeutung oft im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Sichtbarkeit steht: Der Einzug zum feierlichen Hochamt mit 7 Subdiakonen als Akolythen in Lyon oder mit einer großen Zahl Mitra-tragender Kanoniker in Mailand gab sicher ein beeindruckendes Bild ab – die theologische Bedeutung solcher Äußerlichkeiten ist eher gering. Dagegen gibt es manchmal kleine Unterschiede in den leise gesprochenen Gebeten, die erst bei wiederholtem Hören aufhorchen lassen, etwa, wenn es in zahlreichen mittelalterlichen Lokalriten „Orate fratres et sorores" heißt – womit klar ist, daß sich diese Aufforderung zumindest nach dem Verständnis dieser Orte nicht allein an die Kleriker, sondern an die ganze versammelte Gemeinde richtete.

Daher ist es sehr erfreulich, daß jetzt eine Neuausgabe des Ordo Missae für den Ambrosianischen Ritus in seiner überlieferten Form erschienen ist, und zwar nicht nur auf Papier, sondern auch zum kostenfreien Download als PDF. Worin der viel beredete und selten gesehene Ritus von Mailand dem römischen gleicht und worin er sich unterscheidet, kann jetzt jeder selbst an den Texten nachverfolgen.

Von den Brüdern und Schwestern, um bei diesem Thema zu bleiben, ist in Mailand an der entsprechenden Stelle allerdings überhaupt nicht die Rede. Die entsprechenden Gebete wenden sich erkennbar an keiner Stelle an die Gemeinde, sondern sind Gebete des Zelebranten an die Allerheiligste Dreifaltigkeit, trotz Sündhaftigkeit und Unwürdigkeit von Zelebrant und Gemeinde das vorbereitete Opfer gnädig anzunehmen und die damit verbundenen Bitten zu gewähren. Trotz deutlicher Unterschiede in Reihenfolge und Formulierung tauchen in diesen Bitten letztlich alle Elemente auf, die wir aus den überlieferten römischen Opferungsgebeten kennen - es handelt sich um eine andere Überlieferung, die jedoch aus der gleichen Wurzel kommt und im Prinzip den gleichen Geist zum Ausdruck bringt.

Unterschiede dieser Art sind typisch für den gesamten Ordo nach Ambrosianischer Art. Eine Untersuchung der Unterschiede in der Textgestalt würde augenblicklich Zeit und Kraft überfordern – hier soll lediglich der dem Ritus eigentümliche Ablauf der Messfeier kurz skizziert werden.

Dem Sonntagsgottesdienst geht wie in Rom ein allerdings ausführlichers Asperges Asperges voraus, dazu an bestimmten hohen Festen eine Statio, die allerdings auf eine Priozession mit zwölfmaligem Gesang des Kyrie reduziert ist. Er ersetzt an diesen Tagen die Gebete am Fuß des Altares, mit denen die Messe normalerweise beginnt. Bei den Stufengebeten entfällt der Psalm Judica – das Übrige entspricht weitgehend dem römischen Gebrauch.

Die Messe der Katechumenenbeginnt mit dem Gesang des Introitus, dem an sonntagen und vielen Festen sofort das Gloria folgt. Es wird, wie mehrfach Gebete und Gesänge während der Messe, von einem dreifachen Kyrie abgeschlossen. Danach kommt als Teil des Proprium eine dem Tage entsprechende Oratio super populum.

Der ambrosianische Ritus hat – zumindest für Sonn- und Feiertage, drei Lesungen. Die erste wird aus dem alten Testament oder aus der Apostelgeschichte genommen, sie kann jedoch auch eine Lebensbeschreibung des Patrons der Kirche sein – ist also in auffälligem Unterschied zum römischen Ritus nicht prinzipiell auf den Bestand der Heiligen Schrift beschränkt. Es folgt ein Psalmellus aus dem Tagesproprium und eine Epistel, die wie in Rom aus den Schriften der Apostel, vorzugsweise aus den Briefen des hl. Paulus, genommen wird. Danach wird das Evangelienbuch in feierlicher Prozession in die Kirche und an den Altar bzw. an den Ambo gebracht, dabei wird ein Halleluja-Gesang und anschließend eine Antiphon, beide aus dem Proprium, gesungen. Eine weitere Antiphon folgt nach dem Evangelium.

Der Charakter der Feier – soweit man das aus der Papierform entnehmen kann – entspricht bis zu diesem Zeitpunkt in vielem eher dem einer Vesper als einer Messe in der gewohnten Form.

Die Messe der Gläubigen beginnt dann mit der Spendung der Pax mit der Formel: Pacem habete – Ad te Domine. Es folgt zur Bereitung des Altares eine Oratio super Sindonem aus dem Proprium, der sich das Offertorium anschließt. Die Opferung kann mit einer Gabenprozession beginnen. Das Offertorium wird zumindest in der nun vorliegenden Ausgabe als „Kleiner Kanon" bezeichnet, dessen Zweck darin besteht, die Gaben zu segnen und zu heiligen, die zur Verwandlung in den Leib und das Blut Christi bestimmt sind. Das Offertorium besteht aus vier Teilen: Der Darbringung des Brotes, der Bereitung des Kelches mit Wasser und Wein, der Darbringung des Kelches und der anschließenden feierlichen Weihe-Oration.

Im Hochamt werden zum Abschluß des Offertoriums die Gaben inzensiert, es folgt – soweit das dem entsprechenden Tag angemessen ist, der Gesang des Credo und aus dem Proprium eine Oratio super Oblatam, die dann in die Präfation übergeht. Diese wird aus der größeren Zahl der im Proprium verzeichneten Präfationen entnommen und leitet über zum Sanctus. Erst danach beginnt, wie auch inder überlieferten römischen Form, der Canon Missae.

Der Canon stimmt weitgehend mit dem Römischen Canon überein, die Heiligenlisten nennt, wie in vielen mittelalterlichen Lokalriten, vor und nach der Konsekration zusätzliche Namen. Erst nach dem Quam oblationem folgt eine ohne weitere vorgeschriebene Gebete erfolgende Händewaschung, der sich das Qui pridie und die anderen Wandlungsgebete anschließen. Die Rubriken des Missales bzw. der aktuell vorliegenden Ausgabe identifizieren ausdrücklich die traditionellen Wandlungsworte als solche.

Nach dem Abschluß des Kanons gibt es wieder größere Unterschiede gegenüber der römischen Form. Es erfolgt eine zeremoniell reicher ausgestatte Brotbrechung, die von einem zusätzlichen Gebet aus dem Proprium, dem Confractorium, begleitet bzw. gefolgt wird. Erst danach beginnt mit dem Paternoster die Kommunionszeremonie. Wie in Rom wird das Paternoster vom Zelebranten alleine vorgetragen, Ministranten und Volk antworten mit dem Sed libera nos, dem schließt sich der vom Priester gesprochene Embolismus an.

Es folgen ein weiterer Friedensgruß und das Agnus Dei mit der schönen Schlußformel: „dona eis requiem sempiternam, et locum indulgentiae cum sanctis tuis in gloria. Die dann folgende Geste des Friedenskusses ist ausdrücklich auf die mitfeiernden Angehörigen des Klerus beschränkt. Die anschließenden Gebete des Priester vor der Kommunion entsprechen bei eigener Form inhaltlich denen des römischen Gebrauchs. Die Spendung der Kommunion an die Gläubigen erfolgt mit der Formel „Corpus+Christi – Amen"; während der Austeilung der Kommunion wird als Transitorium eine Antiphon aus dem Proprium gesungen, es folgt wie in Rom eine Oratio Post Communionem.

Der Abschluß der Messe entspricht im Wesentlichen wieder dem überlieferten römischen Ritus. Ähnlich wie in Rom folgt der Messe zu verschiedenen Gelegenheiten eine marianische Antiphon.

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