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...dann bleiben ja die Mädchen weg

Bereits im Juli hat Joseph Shaw das Positionspapier 26 der FIUV veröffentlicht, Thema: Die überlieferte Liturgie und die Männer. Rorate Cæli hat den kompletten Text auf Englisch. Shaw publizierte dazu auf seinem Blog eine locker geschriebene Vorstellung, die wir hier übersetzen:

Ich habe auf meinem Blog bereits ziemlich viele Texte zum Thema Liturgie und Männer veröffentlicht. Das ist ein spannendes und soweit ich sehe unterbewertetes Thema. Ich habe den Eindruck, daß viele Inhaber von wichtigen Positionen in der Kirche nichts davon hören wollen; sie sind zu sehr damit beschäftigt, dem Gebot, sich um die Frauen zu kümmern, zu folgen, um zu bemerken, daß die Männer gegenwärtig der Kirche viel mehr entfremdet sind.

Das Thema ist letzten Endes ein Bestandteil der allgemeinen Diskussion über die Rolle von Männern und Frauen in Gesellschaft und Kirche, aber es sollte doch möglich sein, die Messe etwas weniger abweisend gegenüber Männern zu feiern, ohne sich in allzu kontroverse Diskussionen über diese allgemeine Frage zu verstricken. Im Lauf der Jahre sind einige recht einfache Korrelationen ins Auge gefallen, die recht plausibel erscheinen.

  • Männer werden von Spontaneität eher abgestoßen – sie schätzen Rituale.
  • Statt „auf Befehl" Emotionen zu zeigen, sind sie eher bereit, spürbare persönliche Opfer zu bringen – etwa Fasten.
  • Statt sich ausschließlich „horizontal'" (d.h. auf die Gemeinschaft) zu orientieren, schätzen sie den Bezug auf die vertikale, die transzendente Dimension.

Diese Korrelationen sind um so deutlicher, je jünger die Männer sind, mit dem Grad der formalen Bildung werden sie schwächer. Man achte einmal darauf bei einem fortschrittlichen Gottesdienst einer beliebigen Gemeinschaft und vergleiche das mit den Eindrücken von der freundlichen Moschee oder einer orthodoxen Synagoge in der Nachbarschaft – mit großer Wahrscheinlichkeit werden Sie diese Verallgemeinerung bestätigt finden.

Was hält die katholischen Priester und ihre protestantischen Amtskollegen in den westlichen Ländern davon ab, diesen Sachverhalt wahrzunehmen und entsprechend zu handeln?

Das ist eine lange Geschichte mit vielen Untersträngen. Einer ist die romantische Denkart, die uns vorgaukelt, nur das Spontane und Emotionale sei „authentisch“. Ein anderes Problem besteht darin, daß vermutlich auch viele Feminist(in)en mit dem Befund durchaus übereinstimmen – aber gar nicht wollen, daß mehr Männer in die Kirche kommen.

Die feministische Nonne vom Dienst in einer Gemeinde, in der nach großen Anstrengungen – hauptsächlich von Seiten junger Männer – endlich einmal eine Messe in der überlieferten Liturgie gefeiert werden sollte, verhalf mir da zu einem Schlüsselerlebnis. Als sie sah, wie einer der jungen Burschen die Kanontafeln auf den Altar stellte, rief sie aus: Das kann man nicht machen – dann bleiben ja die Mädchen weg.

Was natürlich nicht stimmte: Es nahmen auch viele Frauen und Mädchen teil. Nachdem ich mich viel mit den Zahlen der Teilnehmerschaft bei traditionellen Liturgien befasst habe, schätze ich den Anteil der Frauen auf durchschnittlich 45%. Die überlieferte Liturgie vertreibt nicht die Frauen, sondern sie verzichtet darauf, die Männer zu vertreiben, die in der durchschnittlichen Novus Ordo-Gemeinde bestenfalls 35% der Gläubigen ausmachen. Insoweit hatte diese progressive Nonne also schon recht, als sie von eine Korrelation zwischen der überlieferten Liturgie und den spirituellen Bedürfnissen von Männern ausging. Und das fand sie überhaupt nicht gut.“

Inzwischen ist bereits das 27. Positionspapier der FIUV erschienen, es behandelt das komplexe Verhältnis zwischen Tradition, Restauration und Reform in der Kirche. Hier ebenfalls bei Rorate Cæli.

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