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Zur Vigil von Pfingsten

Die Vigil des Pfingstfestes ist einer der Tage, an denen man die der Liturgie durch die “Reformen“ des vergangenen Jahrhunderts geschlagenen Wunden besonders stark empfindet: Die überlieferte Feier der Pfingstvigil wurde bereits 1955, also noch unter Papst Pius XII, aber schon unter maßgeblicher Mitarbeit des Liturgiezerstörers Bugnini, abgeschafft – ohne jede nähere Begründung übrigens, im Rahmen des Dekrets Maxima Redemptionis Nostræ Mysteria () geht, dessen eigentlicher Gegenstand die Reform der heiligen Woche war.

Die Abschaffung der Pfingstvigil erfolgt dort quasi in einer Fußnote – insofern also nichts neues unter der Sonne. Im 2. Kapitel „Über einige Rubriken des Ordo der Heiligen Woche“ heißt es dort in Abschnitt d) „Über die Oster-Vigil“ als Punkt 16 völlig ohne jeden Zusammenhang:

An der Vigil von Pfingsten entfallen die Lesungen oder Prophetien, die Weihe des Taufwasser sowie die Litaneien. Die Messe, auch die Konventsmesse, das Levitenamt oder das gesungene Amt, beginnt in der üblichen Weise mit dem Introitus ‚Cum sanctifcatus fuero, wie das im Missale Romanum an diesem Platz für die Privatmesse vorgesehen ist, nachdem an den Stufen des Altars das Sündenbekenntnis gesprochen worden ist.“

Seitdem – also seit Inkrafttreten von Maxima Redemptionis Ostern 1956 – entspricht die Liturgie der Pfingstvigil auch bei der Feier der Eucharistie nach den Büchern von 1962 nicht mehr dem überlieferten Ritus der römischen Kirche, sondern dem „banalen Produkt des Augenblicks“ (Josef Ratzinger; s. hier) nach dem Kochbuch Annibale Bugninis.

Der Blick auf das bis 1955 gültige Messformular soll zeigen, was damit verlorengegangen ist.

Um einen wesentlichen Aspekt vorweg kenntlich zu machen: Pfingsten war im römischen Ritus seit alters her ebenso wie Ostern Tauftermin, und zwar – zunächst nur unter einem praktischen Aspekt gesehen – mit Blick auf Taufkandidaten, die durch Krankheit oder Abwesenheit an der Wahrnehmung des Ostertermins gehindert waren. Dementsprechend ähnelte die Liturgie in vielem der in der Osternacht. Am Beginn stand die Verlesung von sechs Prophetien, die aus der Liturgie des Karsamstgs bzw. der Osternacht genommen waren, jeweils gefolgt von einer Oration, teilweise auch von einem Tractus. Während die Tractus nach der 2., 3. und 4. Prophetie ebenfalls aus der Liturgie des Karsamstags genommen wurden, waren die Orationen textlich eigenständig, auch wenn sie sich inhaltlich eng an Gedanken der Osternacht anschließen. Zusammengenommen ergeben sie eine katechismus-artig knappe Darstellung zentraler Glaubenwahrheiten – und zwar in dezidiert pfingstlicher Perspektive.Als Beispiele sollen hier die nach der 2. und nach der 5. Lesung angeführt werden.

Nach der 2. Lesung vom Durchzug durch das Rote Meer (2. Moses 14 und 15):

Gott, Du hast die in der Vorzeit gewirkten Wunder durch das Licht des neuen Testamentes aufgehellt; so erscheint das Rote Meer als Bild des hl. Taufquells und das aus ägyptischer Knechtschaft befreite Vok deutet auf die Sakramente des christlichen Volkes voraus; gib daher, daß alle Völker durch das Verdienst des Glaubens das Vorrecht Israels erlangen und durch den Empfang Deines Geistes wiedergeboren werden.

Und nach der (langen) 5. Lesung von der Erwählung und Berufung Israels (Baruch 3, 9-38):

O Gott, Du hast uns durch den Mund der Propheten geboten, das Zeitliche zu verlassen und nach dem Ewigen zu eilen; so gib uns, Deinen Dienern, die Gnade, daß wir vom himmlischem Geist getragen erfüllen mögen, was wir als Deine Gebote erkennen.

Danach erfolgte eine modifizierte Liturgie zur Weihe des Taufwassers und ggf. die eigentliche Taufzeremonie, die wie in der Osternacht auch von einer Kurzfassung der Allerheiligenlitanei abgeschlossen wurde. Erst dann begann die eigentliche Tagesmesse, und zwar gleich mit dem Gloria. Der proprietäre Introitus des Tages wurde nur in „Privatmessen“ gebetet, denen keine Lesungen oder Taufen vorangingen. 

Die Auswahl der Lesungen und Insbesondere die Orationen lassen erkennen, daß die Liturgie der Pfingstvigil mehr war als nur ein „Ersatztermin“ für versäumte Taufen in der Osternacht. So, wie an Ostern die Wirkung des Sakraments in Zusammenhang mit Kreuzestod und Auferstehung gestellt und erklärt wurde, geschah dies in der Pfingstvigil im besonderen Hinblick auf das Wirken des heiligen Geistes. Dieser Aspekt wird in der Lesung des Tages aus der Apostelgeschichte auch in aller Deutlichkeit ausgesprochen und gleichzeitig durch die vorangeganegenen Zeremonien in einen konkret erfahrbaren Zusammenhang mit dem Leben der Gemeinde gestellt. Doch das spielte gegenüber den eher betriebswirtschaftlichen Rationalisierungskategorien (Streichung „unnötiger“Wiederholungen) der Bugnini-Reformatoren offenbar keine Rolle. Weg damit. Kommentarlos und in einer Randbemerkung.

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