Michael Fiedrowicz' „Die Überlieferte Messe“
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- 22. November 2011
Vor vier Wochen konnten wir das Erscheinen dieses Kompendiums zur traditionellen Liturgie von Prof. Fiedrowicz mitteilen - heute kommt unsere Besprechung. Das Buch arbeitet ein enormes Programm ab, in dem fast alle Problempunkte, die uns gegenwärtig zu schaffen machen, ihren Platz finden. Und Fiedrowicz gelingt es, das in einer so leicht verständlichen und überzeugenden Weise auszuführen, wie man das sonst kaum gewohnt ist. Eine wichtige Rolle dabei spielen – das soll hier ausdrücklich gesagt werden, weil Anmerkungen von Lesern oft als Abschreckung empfunden werden – der umfangreiche Anmerkungsapparat mit über 900 Anmerkungen, größtenteils Literaturhinweisen und Quellenangaben.
Auf diese Weise ist ein Buch entstanden, dessen Abhandlung praktisch in zwei Etagen stattfindet. Im Haupttext „über dem Strich“ eine leichtverständliche und leicht lesbare Einführung in die Grundlagen, die demjenigen, der sich neu mit dem Thema befasst, zunächst einmal den Griff nach einer ganzen Bibliothek von Einzeltexten erspart. Unter dem Strich dann ein „Literaturbericht“, der demjenigen, der mehr in die Tiefe gehen will, den Zugang zu dieser Bibliothek eröffnet und erleichtert.
Dieses Buch kommt zur rechten Zeit. Die rechtlichen Voraussetzungen zu einer Wiedergewinung der überlieferten Liturgie sind nach Summorum Pontificum und Universae Ecclesiae so gut wie nie in den vergangenen Jahrzehnten – trotz andauernder Behinderungen in vielen Diözesen. Gleichzeitig tritt auch die Notwendigkeit zur Neubelebung der klassischen Liturgie für die Gemeinden immer deutlicher zu Tage: Memorandumstheologen in Deutschland, Ungehorsams-Prediger in Österreich und der alltägliche liturgische Notstand in vielen Gemeinden lassen keine Zweifel mehr daran zu, daß die seit Jahrzehnten andauernde Unordnung in der Liturgie nicht nur Begleiterscheinung, sondern auch Ursache dramatischer Verluste an Glaubenssubstanz ist.
Der Opfercharakter der Messe wird von Gemeinschaftsgefühligkeit überdeckt, der Glaube an die Realpräsenz ist statistisch nachweisbar geschwunden, Amt und Vollmacht des Priesters werden öffentlich bestritten – und von einigen Bischöfen bestenfalls halbherzig verteidigt. Während alledem erreichen die letzten Priester, die noch zur Zeit der unbestrittenen alten Liturgie ausgebildet und geweiht wurden, ihre hohen Siebziger – und den Seminaristen erzählt man im Studium, vor 1965 sei da nichts gewesen als finsteres Mittelalter. An vielen Orten erscheint der Traditionsbruch unumkehrbar – weniger aus der Stärke der Gegner der Tradition, sondern einfach deshalb, weil kaum noch jemand sie wirklich kennt. Auch Priester, die sich wieder mehr an der Tradition als an verblühten Reform-Moden orientieren wollen, finden nicht leicht Zugang zu den Formen der Vergangenheit, die eben nicht nur Form waren, sondern Ausdruck von Inhalt sind.
Die reichhaltige Literatur von Fortescue und Eisenhofer bis Guardini und Jungmann oder auch Gamber ist für diejenigen, die sich neu an der Tradition orientieren wollen, nur begrenzt eine Hilfe: Sie ist für Leser geschrieben, die in diesem Kosmos verwurzelt sind – nicht für Leute, die ihn neu entdecken. Das trifft weitgehend auch auf die populären „Messerklärungen“ von Reiners (Anfang des 20. Jh.) bis Ramm und Gaudron zu Anfang des 21. Jahrhunderts zu: Sie wollen und müssen nicht lange erklären, warum der Priester „in einer unverständlichen Sprache spricht“ und „der Gemeinde den Rücken zukehrt“.
Einführung und Grundlagenwerk
Hier füllt das Kompendium von Michael Fiedrowicz zur „Überlieferten Messe“ eine schmerzhaft empfundene Lücke. Es beschreibt seine Gegenstände – die Geschichte, Gestalt und Theologie der heiligen Messe – zwar im Sinne und in voller Übereinstimmung mit der Tradition, aber unter wesentlicher Einbeziehung der theoretischen und praktischen Entwicklungen, die diese Tradition seit Jahrzehnten verändern, entstellen und bestreiten. Das verleiht dem Buch über weite Strecken einen durchaus apologetischen Charakter, indem es den Wert und die Würde der überlieferten Liturgie auch vor dem Hintergrund dessen darstellt, was die Reformliturgie in Papierform und Praxis jeweils zu bieten oder nicht zu bieten hat. Das geschieht völlig sachlich und ohne Polemik. Jede Kommentierung erübrigt sich, wenn z.B. der Vergleich der Kollekte am Fest des hl. Pfarrers von Ars in der neuen und der alten Form ergibt, daß der NOM am Festtag des hl. Johannes Vianney allein dessen „pastoralen Eifer“ nennt, wo die überlieferte Liturgie noch dessen „beständige Liebe zum Gebet und zu Bußübungen“ zu rühmen weiß – und ähnlich bei Dutzenden von Texten (S. 232 ff.).
Die Hauptteile im Überblick
Fiedrowicz's Kompendium enthält drei Hauptteile unterschiedlichen Gewichts. Der erste beschreibt auf wenig mehr als 50 Seiten die Grundzüge der historischen Entwicklung des Ritus, stellt Überlegungen zur korrekten Bezeichnung der alten Liturgie an (der Autor empfiehlt: „überlieferte Liturgie“ oder „klassischer Ritus“) und schließt mit einem Essay zum Thema „Organische Entwicklung und Kontinuität“.
Der zweite und gewichtigste Teil (ca. 150 Seiten) behandelt Grundzüge der Gestalt der hl. Messe. Er enthält in der Hauptsache eine klassische Messerklärung zu Aufbau und Bestandteilen der Messfeier. Es schließen sich an Ausführungen zur Schönheit des Kirchenjahres und kleinere Kapitel zur Gebetsrichtung, zum Latein als Sakralsprache und zum gregorianischen Choral als der angemessenen Form der musikalischen Gestaltung (und Mitbeteiligung der Gläubigen!) im Gottesdienst der Kirche. Auch dieser Teil schließt mit einem zusammenfassenden Essay; diesmal zum Thema „Ritualität und Sakralität“.
Der dritte Teil (ca. 70 Seiten) gibt einen Abriss der Theologie der Messfeier unter dem übergreifenden Aspekt des Messritus als „gefeiertes Dogma“. Hier präsentiert Fiedrowicz (teilweise im Vergleich mit dem modernen Ritus) die Sicht der Liturgie auf Welt und Menschenbild, ihren Begriff von Kirche, die Rolle der Heiligen und die letzten Dinge. Weitere Abschnitte behandeln die Leseordnung und das in der modernistischen Theologie besonders angefeindete traditionelle Offertorium. Inhaltlicher Schwerpunkt ist das Kapitel zum Römischen Kanon, den der Autor mit guten Argumenten als zusammenfassenden Ausdruck der apostolischen Überlieferung (S. 254 f.) wahrnimmt. In diesem Kapitel geht Fiedrowicz auch auf die seit dem 16. Jahrhundert und bis in die Gegenwart andauernde Kritik von „Reformatoren“ am Canon Missae ein. An der Stellung zu diesem konzentrierte Ausdruck des Glaubens der Kirche entscheidet sich seit tausend Jahren, ob eine Theologie wirklich katholisch ist oder nicht. Weitere Einzelthemen sind die Konsekrationsworte, die Bedeutung der Gesten (Kreuzzeichen und Kniebeugen) und die Kanonstille. Der essayhafte Abschluß dieses Hauptteils und damit Ausblick des Buches insgesamt greift den Einleitungsgedanken „Der Messritus als gefeiertes Dogma“ auf und steht unter der Überschrift „Lex orandi – lex credendi“.
Leicht verständlich für alle - und Anmerkungen zum Weiterstudium
Das ist vom Inhalt her ein enormes Programm, in dem fast alle Problempunkte, die uns gegenwärtig zu schaffen machen, ihren Platz finden. Und Fiedrowicz gelingt es, dieses Programm in einer so leicht verständlichen und überzeugenden Weise abzuarbeiten, wie man das sonst kaum gewohnt ist. Hauptmittel dazu ist – das soll hier ausdrücklich gesagt werden, weil Anmerkungen von Lesern oft als Abschreckung empfunden werden – der umfangreiche Anmerkungsapparat mit über 900 Anmerkungen, größtenteils Literaturhinweisen und Quellenangaben zu den zahlreichen Zitaten aus der Literatur zur Liturgie vom 1. nachchristlichen Jahrhundert bis in die Gegenwart. Diese Zitate geben der Darstellung oft mehr Kraft und Farbe, als in der heutigen wissenschaftlichen Schreibweise üblich. Für die alte Zeit greift der Autor dafür auf die Kirchenväter zurück, auch solche wie Vinzenz von Lerins, denen man eher selten begegnet. Für die neuere Zeit wertet er nicht nur die Fachliteratur von Thalhofer bis U.M. Lang aus, sondern greift auch zu literarischen Zeugnissen von Gertrud v. Le Fort, Paul Claudel und natürlich Martin Mosebach. Er zeigt auch keine Berührungsängste gegenüber Autoren, von denen sich die deutsche Universitäts-Liturgiewissenschaft lieber indigniert fernhält: R. Amerio, H.-L. Barth, M. Davies.
Auf diese Weise ist ein Buch entstanden, dessen Abhandlung praktisch in zwei Etagen stattfindet. Im Haupttext „über dem Strich“ eine leichtverständliche und leicht lesbare Einführung in die Grundlagen, die demjenigen, der sich neu mit dem Thema befasst, zunächst einmal den Griff nach einer ganzen Bibliothek von Einzeltexten erspart. Unter dem Strich dann ein „Literaturbericht“, der demjenigen, der mehr in die Tiefe gehen will, den Zugang zu dieser Bibliothek eröffnet und erleichtert. Diesem Ziel dient auch ganz wesentlich der Anhang. Er bietet neben dem Abkürzungsverzeichnis für die zitierte Standardliteratur und einem Sach- und Personenverzeichnis eine etwa 200 Titel umfassende thematisch gegliederte Bibliographie. Sie enthält einerseits sämtliche wesentlichen Werke der Zeit vor 1960, verweist durch zahlreiche Titel aus den mit 2000 beginnenden Jahren aber auch auf das neuerdings wieder zunehmende Interesse an der überlieferten Liturgie und bietet so eine wilkommene Ergänzung zu den Literaturlisten liturgiewissenschaftlicher Professoren, die oft erst 1970 (oder mit dem Habilitationsjahr ihrer Verfasser) einsetzen.
Der Zusammenhang von Inhalt und Form, Theologie und Ästhetik
Es ist nicht leicht, aus dem umfangreichen Inhalt dieses Grundlagenwerks einzelne Punkte besonders hervorzuheben. Bei Buchbesprechungen geht es meistens darum, die neuen Gesichtspunkte vorzustellen. Doch dem Autor geht es ja ganz und gar nicht darum, Thesen mit Neuigkeitswert vorzulegen – Gott sei Dank, möchte man sagen. Neben der Abhandlung zum Kanon fanden wir im Hauptabschnitt zur „Gestalt“ besonders beeindruckend die durchgängige Darstellung, in welcher Weise „Gestalt“ eben nicht etwas Äußerliches, etwas Formales, gar etwas „bloß Ästhetisches“ meint, wie es von den Feinden der überlieferten Liturgie oft dargestellt wird. Die Gestalt ist Ausdruck von Inhalt, und die „reformierende“ Auflösung von Formen entspringt nur allzuoft einer Ablehnung der Inhalte, in deren Verbindung sie ursprünglich entstanden waren. Das beschreibt Fiedrowicz – unter anderem – am Beispiel der Gebetsrichtung: „Die Zelebration „versus altare“ unterstreicht in sichtbarer Weise, dass die Gebete sich nicht an die Gläubigen richten, sondern an Gott, Nicht der Dialog, sondern die Anbetung ist das erstrangige Ziel der Liturgie. Diese Ausrichtung des Gebetes bringt den theozentrischen Charakterder Liturgie zum Ausdruck“. Sie verhindert einen „liturgischen Immanentismus, wenn aus dem Gegenüber von Priester und Volk ein in sich geschlossener Kreis entsteht“ und der, wie Joseph Ratzinger bereits 1982 beklagt hat, die „Idee einer autonomen, sich selbst genügsamen Gemeinde“ suggeriert. (S. 145)
Oder am Beispiel der Zelebrationssprache, die der Autor – im Anschluss an „Veterum Sapientia“ von Papst Johannes XXIII. – im Unterschied zu den in ständigem Wandel stehenden Volkssprachen als Garant für die prinzipielle Unveränderlichkeit des Glaubensgutes identifiziert: „Die gleichbleibende Form der Sprache entspricht dem gleichbleibenden Inhalt des Glaubens. Das unveränderliche Latein besitzt etwas von der Festigkeit und Unabänderlichkeit der katholischen Dogmen.“ (S. 159) Besonders lehrreich in dieser Hinsicht sind auch die Ausführungen zur Problematik der Psalmenübersetzung, für die sich die Modernisten bekanntlich lieber an der (jüngeren) hebräischen Version der masoretischen Tradition orientieren als an der in griechischer Sprache aufgezeichneten Septuaginta, die im 2. vorchristlichen Jh. entstanden ist und dem Glauben der Juden zur Zeit Jesu in vielem näher steht. Sie spiegelt nach Fiedrowicz (Papst Benedikt hat das in seiner Regensburger Rede übrigens ganz ähnlich gesehen) „ein fortgeschrittenes Offenbarungsstadium wider“, „das eine ausgeprägte Messias-Erwartung, eine universale Heilsperspektive sowie eine vertiefte Eschatologie bzw. Auferstehungshoffnung besaß und daher eine Art ‚Vorbereitung des Evangeliums? darstellte. (…) Vielfach läßt allein der Wortlaut der Septuaginta verstehen, warum und in welchem Sinn Sinne die Kirche einen bestimmten Text rezipiert und interpretiert hat. Nicht selten bildet gerade die Abweichung vom hebräischen Text den Grund für Verwendung eines Psalms an einer bestimmten Stelle der Liturgie.“ (S. 173 f)
Auch die Schönheit der Liturgie findet in Fiedrowicz ihren theologisch kompetenten Anwalt gegenüber den vorgeblichen Kämpfern gegen den „Triumphalismus“, denen alle Feierlichkeit verdächtig und wegreformierenswert ist, die über das Ritual einer Parteiversammlung hinausgeht: „Gerade indem Architektur, Sprache, Gesang, Gewandung und Bewegung zum Alltäglichen in Distanz treten und allem Banalen entsagen, vermag die Atmosphäre des Sakralen zu entstehen, in der die Gegenwart Gottes geheimnishaft spürbar wird.“ (S. 215) Doch dieses psychologische Element ist nicht alles. Die Schönheit der Liturgie entspricht der Wahrheit; die Erhabenheit und Würde des liturgischen Geschehens verfolgt kein anderes Ziel als deutlich zu machen, dass etwas Himmlisches die Erde berührt. (S. 217) Oder mit den Worten des Hl. Remigius gegenüber dem Frankenkönig Chlodwig, der geblendet von Glanz der Zeremonien fragte, ob das bereits das ihm versprochene Reich sei: Nein, es ist erst der Beginn des Weges, der dorthin führt. (S. 217).
Keine Berührungsangst vor den Einsichten früherer Generationen
Ganz ohne neue Gesichtspunkte bleibt das Buch übrigens doch nicht. Dabei handelt es sich allerdings nicht um Erfindungen, sondern eher um Bekenntnisse zu Einsichten und Wahrheiten, die weit in die Vergangenheit zurückreichen – aber zu denen man sich seit Jahrzehnten nicht mehr bekennen durfte, wenn man als kirchenpolitisch korrekt und auf der Höhe der Zeitgeisttheologie gelten wollte. So wagt es Fiedrowicz, die vielfach als wissenschaftlich unhaltbar abgetanen allegorischen Messerklärungen – sie haben von Alamar von Metz (775 – 850) über Martin von Cochem (1630 – 1712) bis ins frühe 20. Jh. den Glauben des katholischen Volkes mitgeformt – in ihrem vollen Stellenwert anzuerkennen: „Wenn im Mittelalter zahlreiche allegorisch-symbolische Messerklärungen entstanden, die die einzelnen Riten und Zeremonien sinnbildlich deuteten, um im Ablauf der Feier eine symbolische Zusammenfassung der Heilsgeschichte bzw. des Lebens Jesu zu finden, so ist dies, ungeachtet mancher heute willkürlich anmutenden Detailauslegung, doch Ausdruck der Überzeugung, dass der Messritus für das Erlösungswerk in seiner ganzen Fülle transparent zu werden vermag und kaum ein Brauch oder eine Zeremonie einer tieferen symbolischen Bedeutung entbehrt. Analog zur geistlichen Schriftauslegung, die sich nicht wie die historisch-kritische Exegese mit der Rückfrage nach den historischen Entstehungsbedingungen der biblischen Texte begnügt, sondern danach fragt, welche Botschaft das Schriftwort für den gläubigen Leser heute enthält, wird auch der überlieferte Messritus seinen Reichtum demjenigen erschließen, der die zeitlose Sprache der Symbole zu verstehen beginnt und sich durch die heiligen Zeremonien vom Sichtbaren zum Unsichtbaren führen lässt.“ (S. 208/9, zusammen mit 13. Literaturhinweisen)
Entsprechend weitherzig und damit dem Geist der Liturgie näher als jede Buchhaltermentalität ist auch die Einstellung des Autors gegenüber den mythologischern und legendären Elementen, die insbesondere bei den Hymnen und Lesungen des Breviers im Lauf der Jahrhunderte Aufnahme in die Liturgie fanden, bis sie der moderne Geist daraus vertreiben wollte: „Entgegen allen rationalistischen Forderungen, mythologische Züge in den christlichen Gebeten zu tilgen (hier verweist Fiedrowicz auf Nr. 93 der Liturgiekonstitution), ist die klassische Liturgie stets überzeugt gewesen, daß im Christentum der Mythos Wirklichkeit geworden ist und daher auch die adventliche Hoffnung der Heiden Platz in ihrem Beten finden darf. „Et veniet desideratus cunctis gentibus“ heißt es beim Propheten Haggai 2,8(Vulg):“Kommen wird der von allen Völkern ersehnte.“ Wenn Christus die Sehnsucht der Völker erfüllt, braucht das Christentum den Ausdruck dieser Sehnsucht in den Mythen nicht zu verwerfen. Es kennzeichnet die Weisheit der klassischen Liturgie, solches niemals getan zu haben.“ (S. 240)
Lex orandi — lex credendi
Zum Abschluss unserer Vorstellung hier eine in diesem Zusammenhang getroffene Darstellung des Autors, die die Perspektive unvermittelt, aber durchaus nicht unbegründet, wieder auf die Gegenwart lenkt: „Der klassische Ritus bezeugt die katholische Glaubenslehre in ihrer Integrität. Wenn bestimmte Aspekte des Glaubens aus der Liturgie völlig verschwinden oder darin stark abgeschwächt werden, drohen sie allmählich auch aus dem Glaubensbewusstsein der Priester und Gläubigen zu verschwinden. Die überlieferte Form der hl. Messe ist daher ein wichtiges Korrektiv, das diesem Ausfall wichtiger Glaubenswahrheiten entgegenzuwirken vermag.“ (S. 241)
Dem ist nur noch hinzuzufügen, daß Fiedrowicz mit seinem Kompendium zur überlieferten Messe einen ganz wesentlichen Beitrag dazu leistet, dieses Korrektiv wirksam werden zu lassen. Es ist unentbehrlich fü alle Priester und Laien, die sich mit dafür einsetzen - und es sei auch und gerade denen Empfohlen, die bisher an Hochschulen und in Di&ooml;zesanverwaltungen gegen die Umsetzung von Summorum Pontificum gewirkt haben.
Anmerkungen zur Illustration
Die Abbildungen aus dem um 1900 überaus beliebten Programmt des B. Kühlen-Verlages in Mönchengladbach (er besteht heute noch) entsprechen geradezu emblematisch dem traditionellen Verständnis der hl. Messe im katholischen Volk. Mit den jeweiligen Altarbildern stehen sie ihrerseits in der Tradition allegorischer Messerklärungen, die - in einer von vielen Varianten - den Ablauf der Messe zeitlich mit dem Erlösungswerk in Deckung bringen wollten. Beim Staffelgebet Jesus auf dem Ölberg; zum Psalm des Introitus der Judaskuss; Händewaschung die Verspottung Jesu im Hof des Pilatus; zur Erhebung der Hostie die Erhöhung des Herrn am Kreuz, zum Schlußsegen Auferstehung und Himmelfahrt.
Das mag theologisch schlicht gedacht und künstlerisch naiv umgesetzt sein - es bleibt dennoch richtig und erscheint auch pastoral nicht unangemessen. Viel angemessener jedenfalls als die zeitgeistgeplagten Illustrationen des soeben neu herausgebrachten Ambrosianischen Lektionariums, mit dem die Erzdiözese Mailand unter Anführung von S. E. Kardinal Tettamanzi ein weiteres Stadium der modernisierenden Zerstörung des Ambrosianischen Ritus eingeleitet hat. Mehr dazu auf Fides et forma; hier nur einige Beispiele.