Una-Voce Korrespondenz 2020
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- 10. April 2021
Die neuen Präfationen - ein wertvoller Zugewinn für die überlieferte Liturgie
Die vor einem Jahr neu für die Verwendung im überlieferten Ritus zugelassenen Präfationen (auf Summorum-Pontificum gemeldet hier mit Links auf weitere Informationen) haben bislang – über die kirchenpolitische Bedeutung dieser Zulassung hinaus – wenig Beachtung gefunden. Das nicht zuletzt deshalb, weil sie als „Übernahmen aus dem Missale von 1969“ deklariert worden sind und von daher auf das verbreitete und durchaus berechtigte Mißtrauen stoßen, das seitens der Tradition allem begegnet, was mit dem Ergebnis der Bugnini-Reformen zu tun hat. Allerdings sind nur zwei der Neuzulassungen tatsächlich Neuschöpfungen, die anderen gehen weitestgehend wörtlich auf altehrwürdige Vorbilder aus dem reichen Präfationenschatz der Tradition zurück, und die vier der neogallikanischen Tradition des 18. Jh. entstammenden Texte waren auch bisher schon (mit besonderer Genehmigung) in frankophonen Gemeinden der Tradition in Gebrauch. Für zwei davon liegen jetzt ausführliche Besprechungen von Heinz-Lothar Barth vor: Für die Präfation vom allerheiligsten Altarsakrament in Una-Voce Korrespondenz 2 des Jahres 2020 und für die Präfation von allen Heiligen und Patronen in der soeben erschienenen Doppelnummer 3 + 4 des gleichen Jahres.
Diese Besprechungen beschränken sich bei weitem nicht auf eine texthistorische Einordnung oder philologische Analyse der neu für die Verwendung mit dem Missale von 1962 zugelassenen Texte, sondern zielen darauf ab, den ganzen theologischen Reichtum der in ihren formelhaft verknappten Wendungen ausgedrückten Glaubenswahrheiten und Traditionen zu umreißen. Beide sind somit auf den Umfang von wenigen Seiten (25 bzw. 35) reduzierte Einführungen in den jeweiligen Gegenstand „Altarsakrament“ und „Heiligenlehre“ und dessen Beziehung zum Heilsgeschehen im Messopfer. Mit zahlreichen Bezügen auf in den Texten der Präfationen zitierte oder assoziierte Passagen der heiligen Schrift zeichnet Barth so ein eindrucksvolles Bild des vieldimensionalen „Glaubensgewebes“, das in der überlieferten Liturgie im Lauf vieler Jahrhunderte gewachsen ist und das in der Reformliturgie des 20. Jahrhunderts selbst da oft kaum noch zu erkennen ist, wo traditionelle Texte ganz oder teilweise übernommen worden sind.
Im Beitrag über die Präfation vom allerheiligsten Altarssakrament hebt der Autor beispielsweise mit besonderem Nachdruck die Elemente hervor, die das in der hl. Messe wieder und wieder vergegenwärtigte Kreuzesopfer mit dem Opferkult des alten Testamentes verbinden oder auch es davon unterscheiden. Dabei hält er sich nicht mit Kritik daran zurück, daß die moderne/modernistische Bibelwissenschaft das typologische Denken, von dem aus die oft schwer verständlichen Berichte des AT vielfach erst ihren Sinn erhalten, praktisch aufgegeben und sogar als unzulässig abgelehnt hat. Im Ergebnis hängen dann zentrale Aussagen beider Testamente quasi in der Luft und das Verständnis für die Opfertheologie der Kirche bleibt oberflächlich oder wird sogar fehlerhaft. Für jeden, der sein Verständnis vom Geschehen im heiligen Meßopfer vertiefen und rational erklären will, worin die oft mehr gefühlsmäßig wahrgenommenen Defekte der Reformliturgie begründet sind, ist dieser Beitrag Barths quasi als Pflichtlektüre zu empfehlen.
Das Gleiche kann man auch von dem zweiten nun erschienene Beitrag über die Präfation von den Heiligen und Patronen sagen. Nur, daß der Gegenstand hier weniger das eucharistische Geheimnis des Opferpriesters Christus ist, der sich selbst als Opfer darbringt, sondern die geheimnisvolle Art der Verbindung zwischen dem Erlösungswerk Christi, das die Schar der Heiligen erst zu ihrer Heiligung befähigt hat, und deren daraus entstandenen Zeugnissen und Verdiensten, die die noch um ihre Heiligung kämpfenden Mitglieder der Kirche auf ihrem Weg zum Heil unterstützen. Besonders eindrucksvoll in diesem Zusammenhang sind die Abschnitte über die von den Engeln und den Heiligen gemeinsam vollzogene ewige Liturgie des himmlischen Jerusalem, deren irdischen Abglanz und Wirkungsort die Liturgie der Kirche bildet. Auch hier legt der Autor Wert darauf, anzudeuten, daß die z.B. im Hebräerbrief und in der geheimen Offenbarung ausgebreiteten Bilder und Verständnishilfen auf bereits im alten Testament vorgebildete Glaubensinhalte zurückgreifen, die freilich großenteils nicht oder nur sehr eingeschränkt in den Glauben der Juden nach der Zerstörung des Tempels übernommen worden sind. Der christliche Glaube ist eben nicht fix und fertig in einem Buch vom Himmel geworfen worden: „Friß oder stirb“, sondern er ist unter dem Einfluß des Geistes hier auf der Erde auch aus dem Leben der Menschen heraus gewachsen – Inkarnation des Wortes im weiteren Sinne.
Die bei der Besprechung der Präfation von den Heiligen behandelten Gegenstände, die vom Autor bereits in stark geraffter Form dargeboten werden, entziehen sich einer weiteren Zusammenfassung. Auch hier gilt: Wer besser verstehen will, warum die Kirche ihre Heiligen verehrt und welche Rolle sie ihnen für die Verwirklichung des Heilsgeschehens zuschreibt (und welche nicht), wird nicht darum herumkommen, den genannten Beitrag selbst zu lesen und die darin gebotenen Einstiegspunkte für eine weitere Befassung mit dem Thema aufzugreifen.
Stärker noch als im ersten Beitrag setzt sich der Autor im Beitrag über die Präfation zu Festen der Heiligen aber auch mit den fehlerhaften Einstellungen auseinander, die bereits bei der Abfassung der liturgischen Texte für den Novus Ordo das Verständnis von der Gemeinschaft der Heiligen und ihrer Rolle in der Heilsökonomie getrübt haben und in der Folge weiter dazu beitrugen, die katholische Lehre von den Heiligen weiter in den Hintergrund zu drängen oder zu entstellen. Die neu für die überlieferte Liturgie freigegebene alte Präfation hat an diesen Verdrängungen und Entstellungen keinen Anteil. Sie bietet vielmehr ein reiches und in hohem Maße „liturgiewürdiges“ Bild des Glaubens der Kirche in der Gemeinschaft der Heiligen.
Für die Priester der Tradition ergibt sich daraus die Anregung, diese Präfationen bei sich bietender Gelegenheit auch tatsächlich zu verwenden und die Gläubigen in Predigt und Katechese auf den darin enthaltenen Reichtum aufmerksam zu machen. Priestern, die selbst unter nachkonziliaren Bedingungen ausgebildet worden sind, bieten die Besprechungen Barts dazu ebenfalls wertvolle Orientierungshilfen.
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