Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Wurzeln des Novus Ordo in den 40er Jahren

Vom Umgang mit Altertümern

24. 10. 2008

Zu den stehenden Wendungen der Liturgie-Reformer gehört die Behauptung, diese oder jene Maßnahme sei dringend erforderlich, um einen „ursprünglichen Zustand“ möglichst aus urchristlichen Zeiten wieder herzustellen – womit dann gleichzeitig impliziert wird, die Entwicklung seit dem 4. oder dem 6. Jahrhundert sei nichts als ein einziger großer Um- und Irrweg gewesen.

Idealentwurf Bouyers

In der Floskel stecken aber noch mehr Ungereimtheiten. Was der „ursprüngliche Zustand“ war, ist für viele Gegenstände nicht mehr mit ausreichender Sicherheit festzustellen - in Sachen Zelebrationsrichtung z.B. wechselt der Forschungsstand alle paar Jahrzehnte. Und dann ist natürlich völlig unerfindlich, warum das, was das Konzil von Trient im 16. Jh. vorfand und festschrieb, dem "modernen Menschen" unvermittelber sein soll – aber das, was man im 4. Jahrhundert vermutet, genau das richtige für die Gegenwart.

Besonders bei der Gestaltung des Kirchenraumes wird gerne auf angeblich durch archäologische Befunde gesicherte Praktiken der Frühzeit zurückgegriffen - die von Louis Bouyer in den 60er Jahren versuchten Rekonstruktionen altorientalischer Kirchen scheinen geradewegs in das Repertoire einiger „moderner“ Kirchenbauer eingegangen zu sein.

In einem Grundlagenwerk der amerikanischen Liturgischen Bewegung der 40er Jahre (Gerald Ellard, The Mass of the Future), von dem hier noch zu berichten sein wird, haben wir jetzt das Photo eines Pontifikalamtes gefunden, das offenbar nach dem Vorbild einiger aus dem 6. Jh. stammender Kirchenanlagen in Rom „inszeniert“ worden war:

Liturgieexperiment zur 8. Nationalen Liturgiewoche in Portland 1947

Anders als „inszeniert“ kann man das wohl kaum bezeichnen, denn der hier auf der Bühne eines Theater- oder Vortragssaales gefeierte Ritus einer Messe coram episcopo dürfte - außer dem Canon Romanus - wenig mit den seinerzeit in solchen Räumen gefeierten Messe gemeinsam haben. Ganz bestimmt nicht haben die Gläubigen der Frühzeit auf Stühlen, die keinen Raum zum Niederknien oder sogar zu einerm sich ganz Niederwerfen lassen, wie Zuschauer das Schauspiel betrachtet. Ganz bestimmt nicht war der Bischof bei der Feier lediglich „anwesend“ – er war der von einem reichen Gefolge umgebene Hauptzelebrant.

Auch die Richtung ad populum erscheint als willkürliche Zutat - in solchen Kirchen standen Männer und Frauen getrennt voneinander im – zur Apsis hin gesehen – rechten bzw. linken Seitenschiff und wandten sich jeweils dorthin, wo die heilige Handlung, die das gesamten Mittelschiff beanspruchte, sich gerade konzentrierte. Außer während des Kanons, während dem sich wahrscheinlich alle nach Osten wandten, selbst wenn sie dabei in einigen „gewesteten“ römischen Kirchen dem Altar den Rücken zudrehten.

In der uralten Kirche San Nicola in Carcere fand 2007 eine Priesterweihe im alten Ritus in dieser Weise statt, daß das gesamte Mittelschiff als erweiterter Altarraum genutzt wurde. Dabei war nicht nur antiquarisches Interesse am Werk. San Nicola ist ziemlich klein, der Altar liegt zwar nicht hinter Chorschranken, aber hinter einer römischen Confessio recht weit im Chor, und den einzigen Raum für alle Zeremonien, die nicht unmittelbar an den Altar gebunden sind, bietet das Mittelschiff. Da bei dieser Priesterweihe viele Kleriker in ihren je unterschiedlichen Funktionen beteiligt waren, dürfte der Gesamteindruck recht nahe an den eines Hochamtes der frühen Zeit herangereicht haben.

In San Nicola gibt es den alten Ambo nicht mehr. Für diese Zeremonie hat man daher an der Stelle, an der er zu vermuten ist, einen provisorischen Ambo aus Holz aufgestellt und feierlich drapiert, er wird hier durch den Kleriker im Vordergrund halb verdeckt.

In San Clemente von wo unser nächstes Bild kommt, ist die auf das 6. Jahrhundert zurückgehende gesamte Anlage sehr gut erhalten. Die beiden Ambonen erheben sich hoch über die Chorschranken; der jetzt in Art eines Chorgestühls möblierte Chorraum war früher natürlich ebenfalls frei.

Chorschranken, Ambonen und Altarraum von San Clemente. Beim linken Ambo erkennt man die gedrehte Kerzensäule. Man beachte auch die starke Absetzung des Altarraums hinter einer beträchtlichen Mauer.

San Clemente ist einigermaßen geostet, mit etwas gutem Willen auch Santa Maria in Cosmedin, wo sich eine nahezu identische Gestaltung erhalten hat. Eine ähnliche Innenausstattung hatte früher auch San Lorenzo fuori le Mura, die allerdings vermutlich aus Rücksicht auf die dort bestehenden Gräber der hl. Martyrer Laurentius, Stephanus und Justinus in westlicher Richtung angelegt wurde. In San Lorenzo sind die mittigen Chorschranken im Lauf der Jahrhunderte abhanden gekommen, aber der gewaltige Ambo im Mittelschiff samt dem Leuchter für die Osterkerze ist noch an Ort und Stelle:

Ambo mit Osterleuchter in San Lorenzo

Und hier nun übergeben wir das Wort Fr. Finigan, der ein großer Liebhaber dieser Kirche und Verehrer des dort bestatteten Papstes Pius IX. ist, und der von seinem aktuellen Rombesuch aus diese Sätze und Bilder in The Hermeneutic of Continuity eingestellt hat:

es folgt ein ZitatIch kann der Versuchung nicht widerstehen, erneut darauf hinzuweisen, wie sehr diese Basilika vieles Lügen straft, was man uns zur Begründung der modernen Liturgie auftischt. Man sagt uns, daß in der frühen Kirche die Verkündung des Wortes Gottes höchste Bedeutung gehabt hätte, ebenso die Osterkerze. Und deshalb sieht das Lesepult für das Wort Gottes so aus:

Und die Osterkerze so:

Dabei stehen der tatsächliche Ambo und der Osterleuchter aus dem frühen Christentum, an denen wir uns orientieren sollen, ungebraucht herum:

Es gibt mehrere Kirchen in Rom, die weitere Beispiele für diese unglaubliche Demonstration liturgischer Armut in der neuen Liturgie bieten."

Soweit Fr. Finigan, dem wir, da er uns schon auf die Idee zu einer langen Einleitung gebracht hat, nichts mehr hinzuzufügen haben.