Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Reform der Reform

Der Tabernakel gehört ins Zentrum

24. 7. 2009

Mit Wirkung vom 4. August tritt in der amerikanischen Diözese von Fort Wayne-West Bend eine Regelung in Kraft, die für den Tabernakel im Normalfall die Platzierung an zentraler Stelle im Allerheiligsten der Kirche vorschreibt. In seinem Erlass trifft der Bischof nicht nur rechtliche Regelungen, sondern begründet sie auch in einer eindrucksvollen Katechese zur Bedeutung der Realpräsenz. Wir zitieren ausführlich und fügen einen kurzen eigenen Kommentar an. Hier finden Sie das englische Original.

Bischof John M. D'Arcy

Der Brief des Bischofs

An die Priester, Diakone, Ordensleute und alle Gläubigen

Die Gegenwart Jesu Christi im Allerheiligsten Sakrament steht im Mittelpunkt unseres Glaubens und des Gebetslebens unseres katholischen Volkes.

In den vergangenen Jahren wurde der Ort des Tabernakels in unseren Kirchen zu einem Gegenstand der Auseinandersetzung. Das sollte nicht sein. Die Eucharistie – sowohl in ihrer Feier als auch beim Ort ihrer Aufbewahrung, sollte stets Zu Einheit und Gemeinschaft und nicht zu Spaltungen führen.

Der Ort des Tabernakels in unseren Kirchen sollte unserem Glauben in die Realpräsenz Christi entsprechen und stets den Dokumenten der Kirche folgen.

Nach meiner Erfahrung hat unser Volk mit seinem Glaubensbewußtsein stets verlangt, daß der Tabernakel zentral und sichtbar sein soll. Sie sind irritiert, wenn der Tabernakel nicht sichtbar ist und keinen zentralen Platz erhält, obwohl das möglich wäre.

Aus meiner Verantwortung für die Förderung des Gebetslebens unseres Volkes und seine Gesunderhaltung habe ich unser Gottesdienstbüro gebeten, Normen für die Aufstellung und die Gestaltung des Tabernakels in dieser Diözese auszuarbeiten. Diese Normen wurden vor dem Priesterrat, der Liturgiekommission und dem Ausschuss für Kunst und Gestaltung diskutiert. Daraus ergaben sich Präzisierungen und Verbesserungen.

Diese Normen werden in der Diözese von Fort Wayne-South Bend am 14. Juni, dem Fest Corpus Christi, dem Fest des Leibes und Blutes des Herrn, veröffentlicht. Sie treten am 4. August, dem Fest des Hl. Johannes Maria Vianney, dem heiligen Patron der Priester, zu dessen Ehren der hl. Vater das gegenwärtige Priesterjahr ausgerufen hat, in Kraft.

Ich erwarte von allen Priestern, daß sie dies Normen vollständig und sorgfältig befolgen und vor allem die Verehrung des Allerheiligsten Sakraments fördern.

Auszüge aus dem Erlass:

1. Ort und Erscheinungsbild des Tabernakels, der das Allerheiligste Sakrament beherbergt, ist für die Gestaltung unserer Kirchen von allergrößter Bedeutung, weil die Kirche „der hervorgehobene Ort für die Verehrung der wirklichen Gegenwart Christi im Allerheiligsten Sakrament“ ist. Zur Förderung der Liturgie und des Gebetslebens und des Gebetslebens „ist eine geeignete Gestaltung des Ortes für die rechte Anbetung keinesfalls gleichgültig“ (Zitate KKK 2691)

3. Die Kirche lehrt, daß der Tabernakel an einem Ehrenplatz aufzustellen und mit der größten Ehrerbietung zu behandeln ist. (KKK 1183). Papst Benedikt XVI betonte diesen Gedanken in seiner Apostolischen Exhortation Sacramentum Caritatis: „Die rechte Aufstellung des Tabernakels trägt dazu bei, die reale Gegenwart Christi im allerheiligsten Sakrament zu erkennen. Daher sollte der Ort, an dem die Eucharistischen Gestalten aufbewahrt werden, durch ein Ewiges Licht hervorgehoben und für jeden, der die Kirche betritt, leicht sichtbar sein.“

4. Für die Diözese Fort Wayne-South Bend hat der Bischof befunden, daß der Tabernakel in der Regel hervorgehoben im Allerheiligsten der Kirche in der Sichtachse hinter dem Hauptaltar aufzustellen ist. Dabei soll der Altar auf einem erhöhten offenen Platz in der Apsis oder an einer anderen Stelle des Allerheiligsten, der ebenso ins Auge fällt, aufgestellt werden. Wo ein Hochaltar mit Tabernakel erhalten geblieben ist, ist es angebracht, ihn weiterhin für die Aufbewahrung des Allerheiligsten zu nutzen und in Ehren zu halten.

5. Diese Vorschrift ist bei allen zukünftigen Neubau- oder Renovierungsarbeiten in der Diözese einschließlich aller Kirchen, Oratorien und Privatkapellen zu beachten. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung durch den Bischof und müssen klar als würdige Alternative erkennbar sein, die die sakramentale Natur des Kirchenraumes unterstreicht und zum Gebetsleben und der Frömmigkeit der Gemeinde beiträgt.

6. In den gottesdienstlichen Räumen, in denen der Tabernakel gegenwärtig an einem anderen Platz innerhalb des Allerheiligtsen oder des Kirchenraumes aufgestellt ist, sind Beratungen mit den Gläubigen und mit der Diözese zu beginnen, um die Möglichkeiten zur Versetzung des Tabernakels an eine zentrale Position im Allerheiligsten zu prüfen.Insbesondere da, wo der Tabernakel ursprünglich zentral stand und später anderswo aufgestellt wurde, sollte er an seinen ursprünglichen Ort zurückgebracht werden.(...)

9. Wie einleitend ausgeführt, ist die Kirche der „hervorgehobene Ort für die Anbetung“ Jesu Christi in der Heiligen Eucharistie und ist die Gestaltung des Ortes „für das rechte Gebet keinesfalls gleichgültig“. Daher sind die Vorgaben für die zentrale Aufstellung des Tabernakels in einer spirituellen Wirklichkeit begründet.

Die Kirche ist sowohl „das Haus Gottes auf Erden“ (domus Dei) und das Haus für das Gebet der Heiligen (domus ecclesiae), sie besitzt selbst eine sakramentale Dimension. Aus diesem Grunde definierte Papst Paul VI. die Gegenwart des Herrn im Tabernakel als „das lebendige Herz jeder unserer Kirchen“.

10. Darüber hinaus muß unser sakramentaler Gottesdienst, auch wenn wir jetzt in einer unvollkommenen und von der Sünde befleckten Welt leben, immer danach streben, ein Abbild himmlischer Vollkommenheit zu geben. Allgemein gesprochen, gilt: Ordnung und Symmetrie in der Gestaltung heiliger Orte und Gegenstände haben gerade die Aufgabe, die Göttliche Vollkommenheit nachzuahmen, und die Inthronisation des Tabernakels in der zentralen Sichtaxe trägt dazu bei, dieses Ziel zu erreichen.

11. Es trifft zwar zu, daß das tatsächliche heilige Opfer der Messe nicht mit der außerhalb der Liturgie aufbewahrten Eucharistie vermengt werden soll, doch schließen sich beide keinesfalls gegenseitig aus.

Papst Pius XII. sagte hinsichtlich Altar und Tabernakel: „Das Bewußtsein Ihrer Einheit ist wichtiger als die Einsicht in ihre Unterschiede. Es ist der ein- und selbe Herr, der auf dem Altar geopfert und im Tabernakel verehrt wird, und dessen Segen sich vom Tabernakel aus ergießt.“ Dieser Gedanke fand seinen Widerhall in den Lineamenta vor der Bischofssynode zur Eucharistie von 2005: „Es gibt keinen Widerspruch in den Zeichen zwischen dem Tabernakel und dem Altar der Eurcharistischen Feier“.

Obwohl also der Altar rituell und symbolisch während der Feier der Liturgie an erster Stelle steht (GIRM 274), sollte die Aufstellung des Tabernakels im Allerheiligsten nicht als Ablenkung von der Feier der Messe verstanden werden. Tatsächlich besteht die Möglichkeit, daß das aufbewahrte Heiligste Sakrament allmählich aus dem Bewußtsein der Pfarrei oder der Gemeinde entschwindet und nur noch von wenigen privat aufgesucht wird, wenn der Tabernakel in bedeutender Entfernung von dem Ort aufgestellt ist, an dem gewöhnlich die heilige Liturgie gefeiert wird.

Die weiteren Abschnitte 12 – 23 geben Vorgaben für die Gestaltung des Tabernakels und die dabei zu verwendenden Materialien. Dabei greift Bischof D'Arcy weit in die Tradition zurück:

17. Ein Vorläufer des Eucharistischen Tabernakels im Alten Testament war die Bundeslade und die „Shekinah“, die als Repräsentant der wahrhaften Gegenwart Gottes unter den Israeliten galt. Die Arche war mit Gold überzogen und mit purem Gold geschmückt und von Cherubim umgeben. Eine andere Vorgestalt der Eucharistie waren die „Präsenzbrote“, die auf einem Tisch aus reinem Gold aufbewahrt werden mußten. Der Herr befahl Israel, die Lade und das Brot der Gegenwart stets in einem Zelt als Allerheiligstem zusammen mit einem „Leuchter aus purem Gold“ aufzubewahren, auf dem eine ewige Flamme brennen sollte.

Daraus erkennen wir den jüdischen Ursprung unseres traditionellen „Ewigen Lichts“ (englisch: tabernacle lamp), das „ununterbrochen brennt um die Gegenwart Christi anzuzeigen und zu ehren“ (GIRM 316, CAN c 940). Noch wichtiger aber ist, daß wir daran sehen, daß die Israeliten die Gegenwart des Herrn so hoch in Ehren hielten, ,daß sie ihre wertvollsten Materialien verwandten, um dem Göttlichen in ihrer Mitte eine geeignete Wohnstätte zu schaffen. Wie ehrfurchtgebietend ist dann unsere Verantwortung, der sakramentalen Erfüllung dieser Vorbilder aus alter Zeit eine würdige Wohnstätte zu geben. Die wahre und lebendige göttliche Gegenwart, die die Bundeslade im Allerheiligsten überschattete, wohnt nun im Allerheiligsten unserer Kirchen. Die Gestaltung des Tabernakels sollte daher auf dem höchsten Verständnis vom Wesen kirchlicher Kunst beruhen.

Die abschließenden Abschnitte 24 – 27 betreffen die Formen der Verehrung des Tabernakels und die Katechese. Daraus ebenfalls zwei Punkte:

24. Unsere Fürsorge gilt nicht nur dem Tabernakel selbst. Wir müssen auch dafür sorgen, daß die Gläubigen die rechte Belehrung und Unterweisung für das angemessene Verhalten vor dem allerheiligsten Sakrament erhalten. Heute gibt es viele, alte und junge, die gar nicht wissen, wann man sich verneigen oder eine Kniebeuge machen soll.

Es ist darauf zu achten, die Gläubigen dahingehend zu unterweisen, daß eine Kniebeuge das angemessene Zeichen der Ehrerbietung in der Gegenwart des allerheiligsten Sakraments ist, und zwar „unabhängig davon, ob es im Tabernakel aufbewahrt oder zur öffentlichen Verehrung ausgesetzt“ (Ecclesia de Eucharistia 49) ist. Vor oder nach der Messe sollten Kniebeugen stets auf den in der Kirche sichtbaren Tabernakel hin ausgerichtet sein. Diejenigen, die eine Kniebeuge auch da machen, wo es keinen Tabernakel gibt oder das Allerheiligste Sakrament etwa während des Triduums nicht im Tabernakel aufbewahrt wird, tun das im Allgemeinen aus einer lobenswerten frommen Gewohnheit, doch sollte man in diesen Fällen eher eine Verneigung in Richtung des Altars vornehmen.

25. Jede Kirche sollte bemüht sein, den Tabernakel für die Anbetung während des Tages zugänglich zu machen und eine Umgebung zu bieten, die für solche frommen Besuche günstig ist. (...)


Kommentar

Dem ist zunächst nichts hinzuzufügen außer der Empfehlung, das ganze Dokument zu lesen. Es ist eine beispielhafte Verbindung von Einfühlung in die Tradition mit Gehorsam gegenüber der aktuellen Gesetzgebung. Genug Bischöfe von dieser Art, und die Auseinandersetzungen über die rechte Feier der Liturgie und das rechte Verständnis der Glaubensinhalte wären kein Gegenstand der Besorgnis mehr.

Nur an einer Stelle haben wir das Bedürfnis, eine Ergänzung anzubringen: Bischof D'Arcy zitiert Papst Pius XII. Mit seiner Aussage über die grundlegende Einheit von Altar und Tabernakel und deren Aufnahme in den Lineamenta der Bischofssynode von 2005. Diese grundlegende Einheit war zweifellos deutlicher sichtbar zu Zeiten des Pacelli-Papstes, als der Tabernakel grundsätzlich auf dem Hochaltar stand und Priester und Gemeinde sich bei der Feier der hl. Messe gemeinsam beidem zuwandten.

Die heutige Praxis der Zelebration „versus populum“ führt gerade da, wo den im Prinzip so erfreulichen Vorstellungen Bischof D'Arcys entsprechend verfahren wird, dazu, daß der Priester dem Allerheiligsten während der Messfeier den Rücken zuwendet. Zusammen mit der Vorgabe der Institutio Generalis, die den Altar „rituell und symbolisch während der Feier der Liturgie an die erste Stelle“ stellt (GIRM 274), führt das zu einer Verunklarung dieser Einheit und geradezu notwendigerweise dazu, daß die von Bischof D'Arcy so ausdrücklich betonte Ehrerbietung gegenüber der Wohnstätte der real gegenwärtig Gottheit zurückgedrängt wird. Solange die Praxis des „Volksaltars“ – die in keinem Konzilsdokument und in keiner anderen Norm verbindlich festgelegt ist – andauert, werden auch Maßnahmen wie die von Bischof D'Arcy verfügten nicht die volle Wirksamkeit entfalten können. Realität der Unterweisung und allsonntäglich wiederholte körperliche Erfahrung klaffen zu weit auseinander.