Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Will die Bischofskonferenz „Summorum Pontificum“ unterlaufen?

Die offiziöse Katholische Presseagentur KNA hat gestern eine Meldung veröffentlicht, daß die deutschen Bischöfe auf ihrer Herbsttagung „Einheitliche Grundsätze zur alten Messe“ verabschieden wollen. Wird übernehmen das Dokument im vollen Wortlaut von katholisch.de und ergänzen es mit unseren kritischen Anfragen und Kommentaren.


Kapelle am Amtssitz der deutschen Bischofskonferenz in Berlin

Bischöfe planen einheitliche Grundsätze zur alten Messe

Vereinbarung soll im September getroffen werden

Aachen - 30.08.07. Die katholischen Bischöfe in Deutschland wollen im September einheitliche Grundsätze zur Feier der alten lateinischen Messe vereinbaren. Das kündigte der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Aachens Bischof Heinrich Mussinghoff, am Donnerstag vor der Presse in der Karlsstadt an. "Wir werden Regelungen finden, die alle Bischöfe akzeptieren. Da besteht eine große Einheit." Die Messe solle nur von Priestern gelesen werden, "die voll und ganz hinter dem Zweiten Vatikanischen Konzil stehen".

Zur Frage der Sinnhaftigkeit besonderer Ausführungsbestimmungen zur sehr ausführlichen und klaren Gesetzgebung des Papstes haben wir uns bereits geäußert.
Neu ist die Ankündigung, die Messe solle nur von Priestern gelesen werden, „die voll und ganz hinter dem Zweiten Vatikanischen Konzil stehen“.
„Voll und ganz“ - anscheinend kann man im Bereich der katholischen Bischofskonferenz Deutschlands über alles diskutieren: Über die Realpräsenz, über die Auferstehung, über die Frauenordination. Aber zum 2. Vatikanum, über dessen richtige Auslegung nach Auskunft des Papstes seit Jahrzehnten ein heftiger Streit geführt wird, soll nur „volle und ganze“ Zustimmung möglich sein. „Der Geist des Konzils als Superdogma“?
Was rechtfertigt andererseits den Verdacht, die Anhänger des usus antiquior seien pauschal Gegener des 2. Vatikanums? Ist vielleicht sogar der Papst selbst ein unsicherer Kantonist?
Im Übrigen kann man darauf gespannt sein, wie die Bischofskonferenz - falls sie das denn auf sich nimmt - diese merkwürdige Einschränkung mit dem in der Tat sehr „liberalen“ motu proprio des Papstes vereinbaren und praktisch umsetzen will. Stehen wir in Deutschland vor der Einführung eines „Anti-Traditionalisten-Eides“?
Nur am Rande soll daran erinnert sein, daß Papst Johannes Paul II. 1998 mit seinem motu proprio „Ad Tuendam Fidem“ die „Professio fidei“, die „von bestimmten Gläubigen verlangt wird, wenn diese ein Amt übernehmen, das sich direkt oder indirekt auf die vertieftere Forschung im Bereich der Wahrheiten über Glaube und Sitten bezieht oder mit einer besonderen Vollmacht in der Leitung der Kirche verbunden ist“, bekräftigt und neu formuliert hat. Eine besondere Erwähnung des 2. Vatikanums ist in diesem Dokument nicht vorgesehen - wohl aber die Verhängung von Strafen z.B. gegen Theologen, die verbindliche Aussagen des Lehramtes bestreiten. Es ist schwer vorstellbar, daß die deutschen Bischöfe etwas beschließen könnten, was von dieser „Professio Fidei“ abweicht oder gar darüber hinaus geht.

Mussinghoff übte Kritik an der von Rom abgespaltenen Priesterbruderschaft Pius X., die den Papst-Erlass zur tridentinischen Messe von Anfang Juli als "Etappensieg" bezeichnet hatte. Sie solle ihre Meinung revidieren, dass alte und neue Messe nicht friedlich nebeneinander bestehen könnten, forderte der Bischof. "Der Papst hat mit dem Erlass die Intention der Versöhnung verbunden." Möglicherweise werde es auf Gut Reichenstein in der Eifel Probleme geben, wenn die Bruderschaft dort bald ein benediktinisches Kloster eröffne.

Ob die geplanten Regelungen der Bischofskonferenz dazu geeignet sein werden, daß „alte und neue Messe friedlich nebeneinander bestehen können“ bleibt angesichts der von Bischof Mussinghoff angewandten "Hermeneutik des Mißtrauens" abzuwarten. Es hat keinen Sinn, die Problematik der Piusbruderschaft, über die in Rom zu verhandeln ist, mit der des motu proprio zu verquicken. Es ist einfach unzulässig, diejenigen Priester und Gläubigen, die sich der alten Form des römischen Ritus verpflichtet sehen, in einem Atemzug mit Gruppen zu nennen, die nicht in vollständiger Einheit mit dem Papst stehen. Summorum Pontificum ist da ganz eindeutig: Der usus antiquor gehört zum Kernbestand unserer Liturgie und unseres Glaubens.

Insgesamt rechnet der Aachener Bischof nicht damit, dass das Interesse von Katholiken an der alten Messe steigen wird. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Leute die Messe wieder auf Latein hören wollen, die sie bislang in Deutsch verstehen konnten." Eine bundesweite Umfrage habe stagnierende Teilnehmerzahlen für tridentinische Messen erbracht. "Man muss das Thema vom Bedarf her sehen", so der Oberhirte. In seinem Bistum werde die lateinische Messe regelmäßig an zwei Orten, in Aachen und Steinfeld, gelesen. Daran nähmen nur etwa 70 Gläubige teil.

Nun, wenn es kein Interesse gibt, sollte sich auch der Regelungsbedarf der Bischöfe in Grenzen halten, und was die Zahlen betrifft - wir werden sehen. Wenn einige Bischöfe die Messe in der alten Form bisher gar nicht erlaubten oder ihre Feier auf entlegene Kapellen und ungünstige Zeiten beschränkten, konnte und sollte sich ja wohl kein zählbares Interesse artikulieren.
Mit der Aussage „Man muß das Thema vom Bedarf her sehen“ geht der Bischof im übrigen weit an der vom Papst eingenommenen Perspektive vorbei. Für den Papst ist die Rehabilitierung der älteren Form des römischen Ritus keine Konzession an den Bedarf einer Randgruppe, sondern ein wichtiger Schritt, um die Kontinuität von Leben und Lehre der Kirche über alle behaupteten „Brüche“ hinweg zu unterstreichen und zu sichern.

„Kein Rechtsanspruch einzelner Gläubiger“

Einen Rechtsanspruch auf die tridentinische Messe könnten Gläubige aber im Bistum Aachen nicht gegenüber ihrem Pfarrer erheben, sagte Mussinghoff. Das gehe schon aus praktischen Gründen nicht. Wenn ein Pfarrer für sechs Gemeinden zuständig sei und in einer Kirche nur jeden zweiten Sonntag Eucharistie feiern könne, müsse das eine Messe für alle sein. Die Ortsbischöfe hatten Anfang der Woche beim Ständigen Rat ein erstes Gespräch über die Umsetzung des Papst-Erlasses geführt, wie Mussinghoff sagte. Bei ihrem Herbsttreffen vom 24. bis 27. September in Fulda wollen sie die Beratungen fortsetzen. Zu regeln ist nach den Worten des Bischofs etwa die Leseordnung der alten Messe. Sie enthalte bedauerlicherweise weniger Texte aus dem Alten Testament als die neue. "Das wäre ein Verlust, über den man mit Rom reden muss."

Über die praktischen Dinge wird man sich an Ort und Stelle ins Einvernehmen zu setzen haben - zu deren Regelung wäre die Bischofskonferenz die denkbar ungünstigste Stelle. Auf das Thema "Unzureichende Berücksichtigung des alten Testaments" werden wir demnächst in einem eigenen Beitrag eingehen - es erscheint uns vorgeschoben. Aber nun, da der althergebrachte Ritus wieder leben darf, kann er sich auch weiter entwickeln - auch in seiner Leseordnung.

Festzulegen ist nach Angaben des Vize-Vorsitzenden auch, wie die alten Riten künftig in die Priester-Ausbildung einbezogen werden. "Man muss dabei sehen, wie viele Priester den Ritus denn mögen und auch Latein können." In den meisten Gemeinden fehlten zudem Messbücher von 1962. Geklärt werden müsse auch die Frage nach der alten Karfreitagsbitte für eine Juden-Bekehrung, die von jüdischer Seite scharf kritisiert worden war. Nach der begrenzten Wiederzulassung der alten lateinischen Messe durch Papst Benedikt XVI. hat bislang nur das Bistum Augsburg Durchführungsbestimmungen herausgegeben.

Wenn es denn statthaft wäre, über einen Nachfolger der Apostel lächelnd den Kopf zu schütteln - hier wäre der Anlaß gegeben. Die Frage, ob die Priester „den Ritus denn mögen und auch Latein können“, stellt sich so nicht: Ein Ritus, zwei Formen - das ist das neue Gesetz. Und das Kirchenrecht schreibt in Can. 249 ganz eindeutig vor: „In der Ordnung für die Priesterausbildung ist vorzusehen, daß die Alumnen nicht nur in ihrer Muttersprache sorgfältig unterwiesen werden, sondern daß sie sich auch auf die lateinische Sprache gut verstehen“. Wer jetzt als Bischof mangelnde Lateinkenntnisse der Priester als Argument gegen das motu proprio ins Feld führt, bezichtigt sich selbst, das Kirchenrecht nicht genügend beachtet zu haben.
Und was geeignete Messbücher betrifft - glaubt der Bischof wirklich, daß alle Pfarreien ihre Bücher aus der Zeit von 1962 verbrannt oder später bei eBay verkauft hätten?
Auch dazu hier demnächst mehr.