Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Interview von Radio Vatikan mit Propst Dr. Goesche, Institut St. Philipp Neri, Berlin

Propst Goesche beim Papst im Frühjahr 2007

Frage: Was bedeutet eigentlich Ihrer Meinung nach die Veröffentlichung des „motu proprio“ für die christlichen Gemeinden?

Propst Dr. Goesche: „Man muss mit Voraussagen sehr vorsichtig sein. Der Mensch denkt und Gott lenkt - und man soll dort keine Grenzen setzen. Aber ich glaube, daß der Papst sich in beide Richtungen wendet - an diejenigen, die denken sie haben in der Gemeinde schon alles, und an die, die am Überlieferten hängen - wenn er mit dem heiligen Apostel Paulus sagt: „Unser Mund hat sich für euch aufgetan, unser Herz ist weit geworden“. Diese neue Freiheit in Christus, die Weitung der Herzen innerhalb der Kirche, ist eine große Hilfe zur inneren Gesundung. Eine Hilfe um zu verstehen, daß das, was früheren Generationen heilig war, wie der Papst sagt, auch uns heilig und groß bleibt.

Aber mir liegt auch daran, über das Innerkirchliche einen Augenblick hinauszuschauen, weil ich ja hier in Berlin quasi an der Front stehe. Da sieht man sehr stark - und auch das kommt im Brief an die Bischöfe sehr gut zum Ausdruck - dass einerseits Intellektuelle und Künstler sich zum alten Ritus besonders hingezogen fühlen. Wir hatten grade in den deutschen Zeitungen eine große vorbereitende Diskussion in den Feuilletons, die das deutlich gemacht hat. Auf der anderen Seite kann man hier sehen, daß gerade junge Leute, die ja die Form, den Ritus, und das Sakrale suchen und denen oft sehr zweifelhafte und schlechte Angebote aus falschen Quellen gemacht werden, daß die hier auf einmal das finden, was sie suchen. In sofern machen wir schon auch mit und für die Gemeinden hier ein bisschen innerstädtische Mission.“

Frage: Nun ist es ja so, dass der Papst eigentlich auf eine gegenseitige Befruchtung dieser beiden Formen des einen Ritus hofft, das Stichwort dazu ist Sakralität. Was ist dabei Ihrer Meinung nach entscheidend, was muss man da beachten?

Propst Dr. Goesche: „Ich kenne viele junge Mitbrüder, die zu uns kommen um eben diese Sakralität zu erleben. Sie nehmen das dann als Haltung mit in den neuen Ritus, ähnlich wie alte Pfarrer ihre Haltung mitgenommen haben, als das Messbuch Pauls VI herauskam. Das ist, glaube ich, sehr gesund und normal. Theologisch muss man dazu sehen, daß vielfach die Meinung vertreten wird, daß es, seit Jesus vor den Mauern der Stadt am Kreuz starb und der Vorhang im Tempel zerriss, keine Trennung mehr von sakral und weltlich gibt. Das hat sich in den letzten Jahren oft so ausgewirkt, dass das Weltliche in die Kirche eindrang und das Sakrale im Grunde erdrückte. Aber genau ungekehrt macht es uns der Papst vor und genau umgekehrt muss es sein. Es geht darum, daß das Heilige, Jesus Christus, der Herr, dass der von seinem Opfer, von seiner Auferstehung her die Welt heiligt und verwandelt. In einer „getauften Landschaft“, wie sie die Heimat des Papstes in Bayern ist, kann man das immer wieder gut sehen.“

Frage: Ich höre in Ihren Worten vielleicht auch eine, sagen wir eine Begeisterung für diese Form. Was ist den eigentlich das Schöne an dieser außerordentlichen Form dieses Ritus? Was würden Sie als schön oder wichtig bezeichnen?

Propst Dr. Goesche: „Das ist gar nicht ganz so einfach zu beantworten. Eine Berufung ist immer irgendwie ein Geheimnis. Warum liebt der Eine diese Frau und der Andere jene? Und warum wird man zu diesem Orden berufen oder zu jenem? Aber wenn ich darüber nachdenke, was hier das Entscheidende ist, stellt sich mir das so dar: Ich selbst bin ja Jahrgang 1960, komme also aus der neuen Form des Ritus. Die alte Form habe ich erst später kennengelernt in der Benediktiner-Abtei Le Barroux in Frankreich - gewissermaßen auf den Spuren Papst Gregor des Großen, mit dem ja das „motu proprio“ richtig ansetzt.

Da war vor allem diese Schönheit in der Form, in einer ganz großen Harmonie. Vielleicht ist das die beste Erklärung: Eine Harmonie zwischen Himmel und Erde , so wie wir zum „Vater Unser“ beten, aber auch einer Harmonie im Jetzt. Als ich so an meinem Altar stand, die Messe zelebrierte und die anderen Priester an den anderen Altären, habe ich die Einheit des Priestertums ganz besonders tief empfunden. Diese vielen Messen waren eben doch immer das eine Opfer Christi und das wurde da besonders gut sichtbar. Dort hat mich auch besonders berührt, daß vieles was ich über die Heiligen wusste – auch davon schreibt der Papst ja hier – daß all das so gut mit der Stille, der Mystik, dem Geheimnishaften, aber eben auch der Musik, in diesem Gesamtkunstwerk übereinstimmt. Ich denke, daß schon der Titel „Summorum pontificum“ sehr gut zeigt, dass der Papst das eingeordnet wissen will, in diese große liturgische, kirchengeschichtliche, frömmigkeitsgeschichtliche Kontinuität und Harmonie, die dem alten Ritus seine besondere Kraft und Schönheit gibt.“

Frage: Möchten Sie noch etwas sagen, was ihnen ganz besonders am Herzen liegt?

Propst Dr. Goesche: „Mir liegt natürlich am Herzen, dass diejenigen, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten so viel dafür getan haben, das dieser altehrwürdige Ritus in der Kirche erhalten bleibt, jetzt auch die Früchte Ihrer Opfer und Gebete genießen können. Daß sie auch wirklich zur ganzen Einheit, auch zu kirchenrechtlichen, sichtbaren, klaren Einheit zurückfinden können und nicht irgendwie im Abseits stehen bleiben, sondern daß auch grade da sich das Herz weitet und das ganze fruchtbar wird für alle Seiten und alle Beteiligten. Dann kann die Schönheit der Kirche noch mehr und noch leichter sichtbar werden.“


Wir haben das Interview, das von Radio Vatikan am 7. 7. gesendet worden ist, mit dem Einverständnis von Propst Dr. Goesche leicht überarbeitet und gekürzt.