Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Interview mit Jorge Cardinal Medina Estévez

„Ich habe stets die Messe nach den Büchern des hl. Pius V. gefeiert“

Kardinal Medina Estévez

Petrus: Eminenz, innerhalb der Kirche gibt es anhaltenden Widerstand gegen das Motu Proprio Summorum Pontificum.

Kardinal Medina: Das ist leider wahr. Aber man muß daran erinnern, daß die hl. Messe nach dem Ritus des H. Pius V. niemals abgeschafft worden ist, und auch wenn sie gegenwärtig als die „außerordentliche Form“ gilt, hat sie doch das gleiche Bürgerrecht und die gleiche Würde wie der „Novus Ordo“ Paul VI. Man muß daran erinnern, daß die Bischöfe, die gegen das Motu Proprio von Benedikt XVI. sind, zwar jedes Recht haben, ihre Meinung in angemessener Form zum Ausduck zu bringen, aber letzten Endes doch gehalten sind, dem Papst Gehorsam und Respekt zu erweisen – er ist der Oberste Hirte für die ganze Heilige Römische Kirche.

Petrus: Es gibt Stimmen – so etwa Kardinal Carlo Maria Martini – die den alten Ritus als „überholt“ betrachten...

Kardinal Medina: Ich persönlich habe stets die Messe nach den Büchern des hl. Pius V. - den ich ganz besonders verehre – gefeiert, und ich habe nie etwas von „überholt“ empfunden. Sie waren mir seit meiner Priesterweihe immer ein guter Begleiter.

Petrus: Es heißt, daß der tridentinische Ritus Feierlichkeit, Einfachheit und Geheimnis gewährleistet...

Kardinal Medina: Das ist unbestreitbar. Die Messe muß nüchtern und elegant gefeiert werden, im Streben nach dem Transzendenten, denn sie verkörpert das erhabene Opfer Christi, der für uns gestorben und auferstanden ist.

Petrus: Die Messe in der Umgangssprache weist nicht die gleiche Feierlichkeit auf wie die lateinischen Messe nach Pius V., bei der wir überdies schwerwiegende liturgische Mißbräuche feststellen.

Kardinal Medina: Die Liturgie muß Würde und Kraft wahren, ohne Showeffekte und Erfindungen, wie sie – da haben sie leider recht – heute zunehmend auftreten. Um dieses Problems Herr zu werden, bedarf es der Einsicht, daß der wahrhaft Handelnde bei der Messe immer und ausschließlich Christus bzw. der Priester ist.

Petrus: Viele werfen dem 2. Vatikanischen Konziul vor, daß es keine klare Auskunft zur Litugie gegeben hat.

Kardinal Medina: Die Schuld liegt nicht beim 2. Vatikanum selbst, sondern bei seinen allzuweit ausgreifenden Interpreten, die glaubten, wir sollten einen Trennstrich zur Vergangenheit ziehen

Petrus: Eminenz, was schätzen sie an der lateinischen Messe nach dem Hl. Pius V. am meisten?

Kardinal Medina: Ich denke, ihre Nüchternheit und ihre elegante Vollkommenheit. Sie ist in hohem Maße transzendent und auf das Streben zu Gott hin ausgerichtet. Aber das heißt nicht, das möchte ichg ganz klar sagen, daß ich gegen den „Novus Ordo“ wäre. Um ehrlich zu sein, ich denke, daß das Lektionar des Novus Ordo einen reicheren Inhalt hat als das des Ritus von Pius V., und wenn Sie mir den Platz dafür einräumen wollen, würde ich gerne eine Idee zur Diskussion stellen.

Petrus: Aber gerne

Besuch beim Institut Christus König

Kardinal Medina: Um der Diskussion über diesen Gegenstand ein Ende zu bereiten, könnte man einen Mittelweg finden, eine Verständigung auf halber Stecke, welche die Eucharistiefeier mit dem Ordinarium der Messe gemäß den Büchern Pius V. und dem Lektionar des Novus Ordo zuläßt. Ihr hier beim täglich erscheinenden Online-Magazin Petrus könnt ja ausprobieren, was die Benutzer der Internetseiten und katholischen Blogs darüber denken. Ich finde, es wäre eine tragfähige Idee, die man ernsthaft überlegen könnte. Auch jemand, der höher steht als ich.

Das Original hat hier „consentendo la celebrazione Eucaristica con l'ordinario della Messa secondo i libri di San Pio V e con il lezionario del ‘Novus Ordo’.“ Das läßt offen, ob damit eine Option oder eine Vorschrift gemeint ist. An der diskussion zur Sache selbst werden wir uns in einem eigenen Beitrag beteiligen.

Petrus: Eminenz, die Messe des hl. Pius V. - das bedeutet nicht nur die Messe auf Latein, das heißt auch Gregorianischer Choral

Kardinal Medina: Der gregorianische Gesang ist der wahre Gesang der Kirche, da braucht man nicht lange herumzureden, denn er enthält den Gedanken der Gemeinschaft. Denken Sie nur, daß ein musikalischen Genie wie Mozart an einem bestimmten Punkt seines Lebens darüber klagte, daß er die Gregorianik nicht entdeckt hatte.

Petrus: Was denken sie über die Handkommunion?

Kardinal Medina: Ich weiß, daß es zu diesem Thema gegenwärtig eine Auseinandersetzung gibt. Ich persönlich neige zur Mundkommunion, schon weil man damit die Probleme vermeidet daß ein Partikel herunterfällt, daß Satanisten oder exaltierte Gläubige eine Hostie entwenden. Um der Liebe willen muß man aber daran erinnern, daß man am Anfang der Kirche die Kommunion in die Hand gab, und daß der Mund – das sage ich denen, die daraus eine Frage der praktischen oder geistlichen Hygiene machen - nicht weniger unrein ist als die Hände. Aber ich wiederhole es, ich bin weiterhin für die Mundkommunion.


Das italienische Original des Interviews, das von Bruno Volpe geführt wurde, findet sich auf der Website des italienischen Online Magazins Petrus.