40 Jahre Novus ordo missae
Papst Paul VI. und das „Geheimnis des Glaubens“
Von Franz Norbert Otterbeck
21. 3. 2009
Erzbischof Bugnini, „Starker Mann“ des Consilium
Als das Consilium zur Ausführung der Liturgiekonstitution des jüngsten Konzils bereits auf Hochtouren werkelte, da gab der Konzilspapst zugleich Wegweisungen zu jeder zukünftigen Interpretation des Vorhabens heraus: Noch vor Konzilsschluss erschien am 3. September 1965 seine Enzyklika zum Messopfer. Das war damals das Fest des Hl. Pius X.
Sofern es heute wieder mehr Liturgietraditionalisten gibt, die das Werk des Papstes der Liturgiereform mit Wohlwollen neu prüfen wollen, so könnte ihnen eine beherzte Lektüre dieser Enzyklika dabei helfen, die mit den programmatischen Worten „Mysterium fidei“ beginnt, Geheimnis des Glaubens. Man müsste das Rundschreiben eigentlich komplett „zitieren“, da es, montini-typisch, eigentlich keine überflüssigen Sätze enthält. Aber da hilft ja inzwischen das Internet als Handbibliothek.
Wir konzentrieren uns heute auf etwas verstecktere Aussagen, die eine bislang wenig beleuchtete Frage aufwerfen. Im Hinblick auf Humanae vitae hat ja ausgerechnet Hans Küng sehr sauber die konziliaren Kriterien von „Lumen gentium“ (1964) dafür herausgearbeitet, wann das Lehramt der Kirche, auch ohne pontifikale Definition, unfehlbar und mithin unumstößlich spricht. Aus reiner Bosheit zog der Papstkritiker in „Unfehlbar“ (1970) das fasche Fazit. Vielleicht hat der Montini-Papst aber nicht nur in seiner berühmten, letzten Enzyklika einen affirmativ irreversiblen Spruch gefällt, sondern auch schon in Mysterium fidei: Unsere Hoffnung für Euch steht fest, also auch der Begriff von der Transsubstanziation.
Papst Paul VI. am Krönungstag
Die Enzyklika von 1965 ist aus dem Gedächtnis der Theologie nördlich der Alpen fast völlig verschwunden. Muten wir uns also einige Sätze daraus wörtlich zu. Der Papst greift das Leugnertum des Berengar von Tours auf und fügt dann an: „Darum befahl ihm Unser Vorgänger, der heilige Gregor VII., einen Eid zu schwören mit den folgenden Worten: Ich glaube von Herzen und bekenne laut, dass das Brot und der Wein, die auf dem Altar dargebracht werden, durch das Geheimnis des Gebetes und die Worte unseres Erlösers substanziell verwandelt werden in das eigene und lebensspendende Fleisch und Blut Jesu Christi, unseres Herrn, und dass es nach der Wandlung der wahre Leib Christi bleibt, der aus der Jungfrau geboren ist, der für das Heil der Welt geopfert am Kreuz hing und der zur Rechten des Vaters sitzt, und das wahre Blut Christi, das aus seiner Seite vergossen wurde, nicht nur durch das Zeichen und die Kraft des Sakramentes, sondern in der eigenen Natur und in seiner wirklichen Substanz.“
Und dann kommt das Urteil des Nachfolgers: „Mit diesen Worten stimmt überein als wunderbares Beispiel der Unerschütterlichkeit des katholischen Glaubens, was die Ökumenischen Konzilien von Lateran, Konstanz, Florenz und endlich von Trient über das Geheimnis der eucharistischen Verwandlung beständig gelehrt haben durch die Erklärung der Kirche und die Verurteilung der Irrtümer. Nach dem Trienter Konzil mahnte unser Vorgänger Pius VI. ernst gegen die Irrtümer der Synode von Pistoja, dass die Pfarrer in ihrem Lehramt nicht unterlassen sollen, die Transsubstanziation zu erwähnen, die zu den Artikeln des Glaubens gehört“ (cfr. Auctorem fidei, 1794) Und so „hat Unser Vorgänger Pius XII. seligen Angedenkens die Grenzen ins Gedächtnis zurückgerufen, die jene nicht überschreiten dürfen, die über das Geheimnis der Wesensverwandlung scharfsinnig disputieren“. Paul VI. bekennt: „Im übrigen hat die katholische Kirche den Glauben an die Gegenwart des Leibes und Blutes Christi nicht nur in der Lehre, sondern auch im Leben festgehalten“, um dann ausführlich den Kult der Anbetung zu würdigen, der dem Sakrament der Eucharistie gebühre. Dort sei Christus der wahre Emmanuel, der Gott mit uns.
Erzbischof Ranjith zelebriert nach dem Novus Ordo in Maria Vesperbild
Mysterium fidei ist aber nicht nur die fundamentale Enzyklika zur Transsubstanziation, sondern auch die des Messopfers, des Opfercharakters der Messe, unter Bezugnahme auf die gesamte Tradition in Leben und Lehre der Kirche Gottes. „Denn jede Messe, die zelebriert wird, wird nicht nur für unser Heil, sondern auch für das Heil der ganzen Welt dargebracht. Daraus folgt, dass, wenn zur Feier der Messe wesentlich die häufige und aktive Teilnahme der Gläubigen gehört, dennoch eine Messe nicht zu tadeln ist, sondern vielmehr gutzuheißen ist, die, nach den Vorschriften der heiligen Kirche und den rechtmäßigen Traditionen, aus gerechtem Grund vom Priester privat dargebracht wird“.
Wir lernen: Paul VI. wollte an der katholischen Lehre von der Eucharistie überhaupt gar nichts ändern, nicht einmal ein Jota. Die nachfolgende Publikation der neuen Messordnung von 1969 hatte mithin nachweislich keinerlei revolutionären Zweck, außer den der revolutio im Wortsinn, der Wiederkehr des Immergleichen, einzigen Opfers für uns. Die Messe des Konzils ist ebenso tridentinisch wie ihre zuvor noch auf dem Konzil zelebrierte ältere Form. Wer wider besseres Wissen einen anderen Eindruck nährte, nährt oder nähren will, der versündigt sich gegen das allgemeine wie gegen das besondere Priestertum zugleich; und vor allem gegen denjenigen Herrn, der ja allein Altar, Opfer und Priester ist, zum Heile der Welt, aber mit uns und für Euch.
Es steht einem unbekannten Kölner Autor freilich nicht zu, die zu exkommunizieren, die lehren, der novus ordo sei ketzerisch. Sie, die Wenigen sind es wahrscheinlich selber schon, durch Tatstrafe.