Motu Proprio: Summorum Pontificum

Hauptnavigation


Zusatzinfo

Aufhebung der Exkommunikation gegen die Bischöfe der FSSPX

Die Hälfte des Weges ist geschafft - Einheit ist möglich

25. 1. 2009

Drei Blöcke lagen einem Gespräch über eine Zukunft der Priesterbruderschaft St. Pius X. bisher im Wege: Das praktische Verbot der alten Messe, die Differenzen beim Verständnis des 2. Vatikanums und die Exkommunikation der vier 1988 gegen den Willen des Papstes geweihten Bischöfe. Zwei von diesen Blöcken waren schon ganz oder teilweise weggeräumt: Summorum Pontificum hat klargestellt, daß der alte Ritus nie verboten war und daß Ortsbischöfe kein Recht haben, ihn zu unterbinden. Die Fragen um das 2. Vatikanum gelten als diskutierbar, seit bei den Gesprächen zur Gründung des Institut du Bon Pasteuer vereinbart wurde, daß die Mitglieder dieses aus der Piusbruderschaft hervorgegangenen Einrichtung bei aller Treue gegenüber dem Lehramt der Kirche berechtigt sind, „ernsthafte und konstruktive Kritik“ an den Entscheidungen des Zweiten Vatikanischen Konzils und deren Umsetzung vortragen.

Allerdings konnte genau diese „Treue gegenüber dem Lehramt der Kirche“ bei der Piusbruderschaft trotz gegenteiliger Beschwörungen nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden – zu sehr vernachlässigten einige ihrer Sprecher in der Vergangenheit die Treue zum Papst, immer wieder bedachten sie auch in den letzten Monaten noch das ganze 2. Vatikanum mit abwertenden Wendungen, als ob sie dessen Rechtmäßigkeit generell in Frage stellen wollten.

Dieser Block wurde dadurch beiseite geräumt, daß Bischof Fellay in seinem Schreiben vom 15. Dezember eine grundsätzliche Anerkennung dieses Konzils ausgesprochen hat - ungeachtet des Weiterbestehens von Vorbehalten im Einzelnen. Gleichzeitig hat er den Papst um Aufhebung der Exkommunikation gebeten, ohne sich darauf zu versteifen, diese sei von Anfang an ungerecht und unwirksam gewesen. Der Papst hat diese Exkommunikation daraufhin heute (bzw. mit Wirkung vom 20. 1.) aufgehoben. Die drei Blöcke sind aus dem Weg. Das ist eine außerordentlich gute und erfreuliche Nachricht. Die Bischöfe sind wieder volle Mitglieder der Kirche.

Die Freude darüber sollte allerdings nicht dazu verführen, die Schwierigkeiten zu übersehen, die noch zu bewältigen sind, bis die Bruderschaft wirklich wieder in die volle Einheit mit der Kirche unter dem Bischof von Rom zurückgekehrt ist. Was noch nicht geleistet wurde:

  • Die Suspendierung der Bischöfe und Priester der Bruderschaft ist noch nicht formell aufgehoben – damit sind sie an der vollen Ausübung ihrer priesterlichen Funktionen gehindert.
  • Die Bruderschaft selbst ist keine kirchlich anerkannte Einrichtung. Sie scheint auch intern - das muß man aus den unerträglichen Auftritten von Bischof Williamson schließen - über keine tragfähige Organisation zu verfügen;
  • Tatsächlich gibt es in der Bruderschaft und ihrem näheren Umfeld zahlreiche Priester und Gläubige, die sich in der Vergangenheit so geäußert haben, als ob sie prinzipiell nicht zur Einheit mit dem Papst auf der Grundlage der 21 Konzilien bereit wären - sedisvakantistische Neigungen sind unübersehbar.
  • Es ist noch völlig unklar, in welcher Organisationsform die Bischöfe, Priester und ihr verbundenen Gläubigen der Bruderschaft wieder in die Kirche eingegliedert werden können und welche Rolle die illegal geweihten Bischöfe in dieser künftigen Organisation spielen sollen.
  • Der Umfang der Meinungsverschiedenheiten über den Stellenwert und die Auslegung der Dokumente des 2. Vatikanums ist völlig ungeklärt;

Das sind enorm schwierige Fragen für die jetzt anstehenden Gespräche über eine Rekonziliation der Bruderschaft. Die Aufhebung der Exkommunikation hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, diese Gespräche in Gang zu bringen, und es ist davon auszugehen, daß in den Vorgesprächen, die zu der Entwicklung seit dem 15. Dezember geführt haben, auch schon einige Grundlinien abgesteckt worden sind. Und so unbefriedigend das für uns als Journalisten ist: Die Tatsache, daß von alledem bis vor wenigen Tagen nichts an die Öffentlichkeit gedrungen ist, berechtigt auch für die Zukunft zu einigen Erwartungen.

Beide Seiten, insbesondere der Papst und Bischof Fellay, haben sich enorm exponiert, um das zu erreichen, was heute erreicht worden ist. Der Papst kennt die Widerstände, die in Teilen der Kurie und des Episkopats gegen jede Aussöhnung mit den „Traditionalisten“ bestehen. Und es hat es ihm sicher nicht leichter gemacht, das bereits vorbereitete Dokument heute veröffentlichen zu lassen, obwohl Bischof Williamson mit seinen passenderweise gerade jetzt wieder aktuell gemachten Ansichten über den nationalsozialistischen Judenmord ihn noch zusätzlich für böswilligste Angriffe verletzbar gemacht hat. Auf der anderen Seite geht Bischof Fellay offenbar bewußt und sehenden Auges die Gefahr ein, daß seine Bruderschaft auseinanderfällt und er nur mit einem Teil der Bischöfe und Priester in die Einheit zurückkehren kann.

Dennoch ist es unübersehbar, daß die Wiederherstellung der Einheit der in den nachkonziliaren Wirren an oder über den Rand gedrängten Gläubigen mit dem Bischof von Rom immer größere Fortschritte macht. Schon 1988 waren nicht alle Gefolgsleute von Erzbischof Lefebvre bereit, die Einheit aufzugeben - es entstand die Petrusbruderschaft. 2002 kehrte Bischof Licino Rangel in die Einheit zurück - es entstand die Apostolische Administratur Campos, die offensichtlich ihren Platz in der Kirche Brasiliens gefunden hat. Es folgten 2004 die Errichtung des Instituts Philipp Neri in Deutschland und 2006 des Institut du Bon Pasteur in Frankreich - beide Belege dafür, daß auch kleinere Gruppen nicht befürchten müssen, mit der Rückkehr um ihre Identität gebracht und assimiliert zu werden.

Dazu kamen allein in 2007 und 2008 vier weitere bemerkenswerte Ereignisse: Die der Piusbruderschaft nahestehenden Nonnen der Oase Jesus des Priesters im spanischen Argentona erbaten und erhielten die Rekonziliation, das nie außerhalb der Einheit stehende Institut Christus König und hoher Priester wurde durch die Erhebung zur Gesellschaft Päpstlichen Rechts in seiner Stellung gestärkt, und die sturmerprobten Mönche von Papa Stronsay fanden ebenfalls in die volle Einheit zurück. Mit der Abtei Mariawald erhielt erstmals eine Gemeinschaft, die sich an den Reform beteiligt hatte, aber den davon erhofften „neuen Frühling“ schmerzlich vermissen mußte, die Erlaubnis, wieder zu Weg und Weise der Väter zurückzukehren. „Vorkonziliar“ ist nicht länger ein Schimpfwort, die Tradition hat wieder unbestreitbares Heimatrecht in der Kirche.

In all diesen Fällen wurden Wege gefunden, den jeweils besonderen Erfordernissen der beteiligten Gruppen gerecht zu werden und ihnen innerhalb der vollen Einheit der Kirche einen Weg zu eröffnen, der es ihnen gestattet, ihre individuellen Möglichkeiten und Talente zu Gunsten der ganzen Kirche einzusetzen. Das sollte doch auch bei der Piusbruderschaft möglich sein. Der „Kreuzzug des Rosenkranzes“, den die Piusbruderschaft im vergangenen Herbst in Lourdes ausgerufen hat und der seitdem fast zwei-millionen-fach Beter vereinte, gibt einen Hinweis darauf, was jeder zum Gelingen der anstehenden schwierigen Rekonziliationsgespräche beitragen kann.