Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Aufhebung der Exkommunikation gegen die Bischöfe der FSSPX

Die Heiden toben, und die Völker schmieden wilde Pläne

2. 2. 2009

Die säkulare Gesellschaft gefällt sich dieser Tage darin, Papst Benedikt ein langes Sündenregister vorzuhalten. Die Erklärung „Dominus Jesus“, in der der damalige Kardinal den protestantischen Gemeinschaften das Kirche-Sein abgesprochen hatte, kommt darin vor, dann die Regensburger Rede, in der er sich taktlos gegenüber den Moslems gezeigt habe, die Freigabe der alten Messe, mit der er Hand an das 2. Vatikanische Konzil gelegt habe, und natürlich die „antisemitische“ Karfreitagsfürbitte, quasi die Generalprobe zum aktuellen Skandal der „Rehabilitierung eines Holocaust-Leugners“ und unüberbietbaren Gipfel der „Insensibilität“.

Ein Punkt, der Ende letzten Jahres kurz durch die Presse ging, ist in der neuesten Entrüstungswelle noch nicht wieder zur Sprache gekommen, und dabei enthält der vielleicht sogar den Schlüssel zum Verständnis all der anderen: Zum 1. Januar hat der Vatikanstaat einen Vertrag gekündigt, der seit Jahrzehnten regelte, daß Gesetze der Republik Italien automatisch auch als Gesetze des Vatikanstaates übernommen wurden. In Zukunft werden Gesetze einzeln übernommen – sofern das sinnvoll erscheint. Das Staatssekretariat nannte für die Aufkündigung des Vertrages von 1929 drei Gründe: Es gäbe immer mehr Gesetze zu Gegenständen, die den Vatikan in keiner Weise berührten; diese Gesetze würden ständig geändert und seien viel zu kompliziert, und drittens und wohl ausschlaggebend: Die Gesetzgebung Italiens produziere „viele für die Kirche nicht akzeptable Gesetze“.

Hier haben wir den ganzen Konflikt wie unter dem Vergrößerungsglas: Die Gesetze der säkularen Gesellschaft geraten immer öfter und immer stärker in direkten Widerspruch zum Gebot Gottes und zum Gesetz der Kirche, und Benedikt XVI. ist nicht der Mann, der diesen Widerspruch durch salbungsvolle Reden in der Diktion vom „Geist des Konzils“ verkleistert. Das haben, um hier keinen falschen Eindruck zu vermitteln, auch seine Vorgänger nicht getan – Paul VI. hat für die „Pillenenzyklika“ und Johannes-Paul II. für seinen Widerspruch zur „Kultur des Todes“, um nur zwei Schlaglichter zu nennen, ebenfalls wütenden Widerspruch erfahren. Aber die Dinge haben sich beschleunigt und intensiviert, Papst Benedikt muß heute bei der Verteidigung des Glaubens und des Rechts der Kirche an vielen anscheinend weit auseinanderliegenden Fronten gleichzeitig kämpfen, und oft sieht es so aus, als ob er den Kampf mit wenigen Getreuen fast alleine ausfechten müßte, während rückgratschwache Bischöfe und glaubensverleugnende Theologen sich am kalten Buffet des immerwährenden Dialogs gütlich tun.

Insofern also business as usual – aber nicht nur. Tatsächlich sind in der aktuellen Auseinandersetzung auch ein paar neue Töne aufgekommen, genauer gesagt, ein altes Motiv tritt unüberhörbar in den Vordergrund. Die säkulare Welt, vertreten durch so untadelige moralische Anstalten wie den SPIEGEL, die BILD-Zeitung, Bundestagspräsident Norbert Lammert und Weltethos-Verwalter Küng, begnügt sich nicht länger damit, ihre politisch korrekten Ansichten gegen die des Papstes zu stellen, sondern sie stellt sie über Papst und Kirche: Seit Napoleons Zeiten hat „die Welt“ nicht mehr so demonstrativ die Unterwerfung des Papstes unter ihre Macht gefordert, wie man das in diesen Tagen beobachten kann. Exkommunikationen auszusprechen – das ist heute das Privileg der Presse, und wen sie zum „Holocaustleugner“ erklärt, der verfällt der ewigen Verdammnis. Und nun soll sich dr Papst vor ihrem „Weltgericht“ verantworten.

Da sind sich die bourgeois-kapitalistische FAZ und die aus der Erbschaft des SED-Kommunismus hervorgegangene „Berliner Zeitung“ völlig einig: „Das Reich Gottes ist nicht von dieser Welt, aber das Handeln seiner Vertreter auf Erden muß sich an den Maßstäben messen lassen, die hier gelten“, verlangt Günther Nonnenmacher in der FAZ vom 29. 1, und Dirk Pilz sekundiert ihm am gleichen Tag aus Berlin: „Benedikt XVI. agiert ... vornehmlich als Theologe und unterschätzt so die weltpolitische Bedeutung seines Wirkens. Denn ein Papst ist mehr als der oberste Hirte seiner Kirche, er ist Politiker auf dem Parkett auch jenseits von Glaubensfragen.“

Den Papst „unter Druck“ zu setzen ist dieser Tage das Ziel einer ganz großen Koalition, die weit über die Journalistenzunft hinausreicht unddie Benedikt XVI. am liebsten vor ein Revolutionstribunal des Jahres 1793 stellen möchte. Die Fronde umfasst neben den Medien nicht nur Politiker verschiedenster Grade von „Fortschrittlichkeit“, sondern auch haeretisierende Theologen wie Küng oder Häring, die nach der „Ablösung“ des Papstes rufen, und dazu Bischöfe wie Zollitsch, Fürst oder der Hamburger Weihbischof Jaschke, die nicht schnell genug auf Distanz zum Inhaber des hl. Stuhls gehen können, der sie doch in ihre Ämter eingesetzt hat.

Daß es dabei längst nicht mehr nur um die undiskutablen Äußerungen Williamsons geht (und übrigens nie um die ausschließlich kirchliche Bedeutung einer Exkommunikation bzw. deren Aufhebung ging) kann man daran sehen, mit welcher Behendigkeit die Entrüstungsmaschinerie sich jetzt auf ein neues Opfer eingeschossen hat: den neuernannten Weihbischof für Linz, Gerhard Maria Wagner, der sich doch tatsächlich erdreistet hat, hinsichtlich des sittlichen Nährwertes der Harry-Potter-Bücher anderer Meinung zu sein als das zur „Weltmeinung“ hypertrophierte Feuilleton – weshalb sich eben dieses Feuilleton berechtigt wähnt, die Ernennung von Wagner nicht nur zu kritisieren, sondern ihre Rücknahme zu fordern – wenn möglich im Namen des 2. Vatikanischen Konzils. Nichts könnte, nebenbei bemerkt, den von modernistischen Kreisen erfundenen und propagierten „Geist des Konzils“ mehr diskreditieren als dieser Haufen von Kirchenfeinden und Papsthassern, der sich da berufen fühlt, unter Berufung auf diesen Geist zum Feldzug gegen Papst und Kirche anzutreten.

Während so „die Heiden toben und die Völker wilde Pläne schmieden“ (Psalm 2) scheinen die Dinge um die Rekonziliation der Bruderschaft selbst einen positiven Verlauf zu nehmen. Natürlich gibt es in der Bruderschaft und ihrem Umfeld außer Bischof Williamson noch andere bedenkliche Erscheinungen. Wo nach demoskopischen Untersuchungen angeblich 15% der Europäer ein mehr oder weniger fest gefügtes rechtsgewirktes Weltbild haben, wäre es ein Wunder, wenn eine konservativ geprägte und von staatlicher und kirchlicher Seite seit Jahrzehnten marginalisierte Gruppierung nicht ihren Anteil an Randständigkeit beizutragen hätte. Aber genau hier zeigt sich jetzt, daß die Rücknahme der Exkommunikation der Bischöfe und ihre beginnende Wiedereingliederung in den Verbund der Kirche auch unter politischen Aspekten nicht nur zu verantworten, sondern überaus sinnvoll war: In der Bruderschaft selbst sind jetzt Diskussionsprozesse in Gang gekommen, die offensichtlich dazu führen, die Vertreter unakzeptabler Positionen aus Einflußstellungen zu entfernen. Mehr kann die Kirche weder tun noch wollen: Sie greift bereits überaus selten – manchmal scheint es: zu selten – zum Mittel der Exkommunikation, also dem Ausschluß nicht aus der Kirche, sondern aus der Sakramentengemeinschaft, um diejenigen zur Umkehr zu bewegen, die der Lehre der Kirche in wichtigen Dingen widersprechen. Da wäre es mehr als absurd, sich von der Gesellschaft zu Exkommunikationen wegen weltlicher Fragen drängen zu lassen.

Die Kirche wird nicht vom Zeitgeist geleitet, sondern vom Heiligen Geist. Es ist leider wahr, daß in den letzten Jahrzehnten vielfach ein Begriff von Kirche gepflegt wurde, für den Zeitgeist und heiliger Geist ineinanderfließen – dann kommt es dazu, daß auch Prälaten nachbeten, was in kirchenfeindlichen Zeitungen steht. Diese Selbstsäkularisierung der Kirche ist das große Mißverständnis und die große Täuschung des „Geistes des Konzils“, der aus dem Auf-die-Welt-Zugehen der Kirche ein In-der-Welt-Aufgehen zu machen droht. Papst Benedikt ist einer der entschiedensten Gegner dieser Verwechslung von Heiligem Geist und Zeitgeist – deshalb gilt ihm die besondere Wut der Zeitgeister innerhalb und außerhalb der Kirche. So scheint es, als ob die Aufhebung der Exkommunikationen nicht nur in der Piusbruderschaft zu Klärungsprozessen führen wird: Das Verwirrspiel um den Heiligen Geist, den „Geist des Konzils“ und den Zeitgeist muß ein Ende finden – in der ganzen Kirche.


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