Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Zwei Riten - zwei Kulturen

Wenn Priester sich in ihrer Haut unwohl fühlen

Aus einer Diskussion auf TNLM

9. 1. 2009

Die Form der hl. Messe, die der Pariser Erzbischof Kardinal Vingt-Trois am 4. Januar in Saint-Eugène in Paris zelebrierte, hat auf TNLM eine lebhafte Diskussion ausgelöst. Einen ganz besonders interessanten Aspekte beleuchtete der Diskussionsteilnehmer „Johnny G.“ der über die verschiedenen Selbstverständnisse der verschiedenen Priestergenerationen nachdachte und daraus wichtige Einsichten dazu ableitete, warum sich viele ältere Prister mit der Feier des „Alten Ritus“ so schwer tun.

Die Illustrationen entnehmen wir Heinrich Kunkels Bildband Das heilige Messopfer, Familienverlag Fulda 1953.

Bei der Opferung des Brotes

Ich denke, man muß sich dessen bewußt sein, daß Bischöfe und Prälaten, die in den Jahren unmittelbar nach dem Konzil geweiht wurden oder das Seminar besuchten, einen tiefgreifenden Wandel ihres Selbstverständnisses als Priester und Bischöfe und ihres Platzes in der Liturgie vornehmen müssen, um die Messe in der überlieferten Form wirklich zu verstehen. Sie scheuen deshalb vor den verfeinerten und komplexeren Rubriken zurück, weil sie in der alten Messe eine ganz andere Identität verkörpern als nach dem Novus Ordo.

Im alten Ritus ist es ganz normal, daß der Ministrant die Hand des Priesters küsst, wenn er ihm etwas überreicht oder etwas von ihm entgegennimmt. Ältere Priester, die an den NO gewöhnt sind, verabscheuen das aus ganzem Herzen – glücklicherweise ist diese Rubrik nur eine Option, aber sie würden auch nicht im Traum daran denken, das so zu nachen. Für sie erscheint es total abwegig, daß ihnen jemand die Hand küsst oder den Saum der Albe beim Besteigen der Altarstufen anhebt. Im alten Ritus wird das deshalb so gemacht, weil man großen Respekt vor dem Anderssein des Priesters zum Ausdruck bringen will: Der Priester hat sein eigenes „Domine, non sum dignus“, sein eigenes Confiteor, eigene Privatgebete vor dem Empfang der Kommunion, Gebete die er mit leister Stimme nur für sich selbst verständlich rezitiert. Der Priester ist der Alter Christus – und warum sollte man nicht die Hand dessen küssen, durch dessen Hände das unglaubliche Mysterium der hl. Messe ins Werk gesetzt wird?

Es ist unbestreitbar, daß Im Novus Ordo dieser Sinn für das Anderssein des Priesters stark reduziert ist – all die oben genannten besonderen Gebete sind verschwunden, und viele der kleinen Zeichen der Ehrfurcht, Küsse, Kreuzzeichen, das Zusammenlegen der Finger – sind abgeschafft worden.

Bei der Opferung des Weines

Ein weiterer Grund, warum sich viele Priester mit den Rubriken der alten Messe und der darin ausgedrückten Ehrfurcht vor dem priesterlichen Amt schwer tun, ist die kirchliche Kultur, in der diese Priester ausgebildet worden sind. In dieser Kultur trägt niemand eine Soutane oder ein Birett, in der öffentlichkeit trägt man normalerweise Zivilkleidung. Viele Priester wollen noch nicht einmal mit Fr. (Familienname) angesprochen werden, sondern nur mit dem Vornamen. Fr. McBrien mag zu den extremeren Vertretern gehören, wenn er sagt: „Ich trage meinen römischen Kragen nur Sonntags oder im Fernsehen“, aber es ist ganz unbestreitbar, daß sehr viele Priester von diesem Bestreben beeinflusst sind, auf gar keinen Fall als Priester „aufzufallen“.

Sie sind auch nicht besonders darauf aus, Leute oder Gegenstände zu segnen. Ich konnte da einen großen Unterschied zwischen Priestern von der FSSP und Diözesanpriestern beobachten: Priester der Petrusbruderschaft bieten einem häufig an, einen selbst oder die Familie zu segnen. Sie sind auch gerne bereit ein Auto, ein Gebetbuch, ein Rochett, einen Rosenkranz zu segnen – so ziemlich alles, was ihnen unter die Hände kommt. Viele moderne Priester sind in dieser Hinsicht sehr zögerlich und haben keine Lust, den richtigen Segen für einen bestimmten Anlass oder Gegenstand aus dem Rituale herauszusuchen. In einem Wort: diese Priester fühlen sich in ihrer priesterlichen Haut ziemlich unwohl. Der alte Ritus tendiert demgegenüber dazu, das Anderssein des Priesters deutlich zu unterstreichen. Er besteht darauf, daß sie die Soutane tragen, für ihn ist das Birett eine Selbstverständlichkeit, und so ist ist das alles für liberale Priester eine ziemlich fremde Welt.

Wenn man sich so vergegenwärtigt, wie seltsam viele Zeremenien im alten Ritus für einen normalen Priester sind, kann man sich vorstellen, um wieviel fremdartiger die Riten eines Pontifikalamtes einem doch genauso liberal beeinflussten Bischof erscheinen müssen. Ich denke, das Ausmaß an Respekt, das einem Bischof im traditionellen Hochamt entgegengebracht wird, muß ganz enorm sein. Der Kardinal ist eine Messe gewöhnt, in der er sich kaum anders verhält als ein gewähnlicher Priester verhält – sieht man einmal von dem eigenartigen Hut, dem Piloleus, Bischofstab und dem dreifachen Schlußsegen ab.

Die Brotbrechung

Ich habe es einmal erlebt, wie ein Bischof bei einer Messe konzelebrierte, bei der der Hauptzelebrant ein gewöhnlicher Priester war – der Priester nahm die Gegenwart des Bischofs während der Messe in keiner Weise besonders zur Kenntnis, er machte einfach alles so, wie sonst auch. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein solcher Bischof sich irgendwie wohl fühlen könnte, auf einem Faltstuhl zu sitzen, eine bischöfliche Dalmatik und Tunica anzulegen oder sich auf dem Thron von zwei Diakonen flankiert zu sehen – von Pontifikalhandschuhen oder -pantoletten ganz zu schweigen.

Wir brauchen mehr Bischöfe und Priester mit einem tieferen Verständnis der traditionellen katholischen Lehre von der Natur des Priestertums und dem Charakter der hl. Messe; wir brauchen eine Kultur in der Kirche, in der Priester nicht davor zurückscheuen, sich zu kleiden wie Priester, sich wie Priester zu verhalten und wie Priester zu sprechen. Daher sind einige der jüngeren Priester aus den kürzlich reformierten Seminaren auch so offen gegenüber der außerordentlichen Form, obwohl vermutlich einige von ihnen diese vor dem Eintritt ins Seminar gar nicht kennengelernt hatten: die alte Liturgie passt zu dem traditionelleren Verständnis vom Priestertum, das man ihnen vermittelt hat, und auch ihr kultureller Habitus unterscheidet sich deutlich von dem der alten Garde: Sie treten offen als Priester auf, und mit der Anrede „Father“ haben sie auch keine Probleme.

Aus ihrer Teilnahme am ehrfurchtgebietenden Priestertum Christi heraus haben sie begriffen und akzeptiert, daß es einen wesensmäßigen Unterschied zwischen ihnen und den Laien gibt. Daher erschrecken sie auch nicht bei der Vorstellung, es könne ihnen jemand die Hand küssen, oder daß sie die Finger (nach der Wandlung) geschlossen halten sollen. Ihnen ist klar, daß der Ministrant nicht die Hände von Joe Smith küssen will, sondern das Priestertum Christi ehren, an dem dieser Priester teilhat und das der höchsten Ehren wert ist.

Johnny G. 5. 1. 09